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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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dem Beginn des neuen Romans wurde im Hause Dickens am 13. März das zehnte und letzte Kind, der Sohn Edward Bulwer-Lytton, geboren. In einem Brief an Miss Burdett-Coutts war Dickens taktlos genug zu schreiben, dass er auf diesen weiteren Nachwuchs gern verzichtet hätte. Schon vorher hatte er gelegentlich in ironischen Bemerkungen angedeutet, dass er die Neuankömmlinge in seiner Familie als wachsende Last empfand, so als hätte er selber an ihrem Entstehen keinerlei Anteil. Trotzdem brachte er dem neuen Nachwuchs die gleiche Liebe entgegen wie den älteren Kindern, wenngleich er für sie nur wenig Zeit übrig hatte. Der Jüngste wurde sogar sein besonderer Liebling. Für ihn fand er den skurrilen Kosenamen Plorn, dessen Langform in Briefen als Plornishmaroontigoonter oder als Plornishghenter erscheint.
    Bis zum Sommer arbeitete Dickens konzentriert an dem Roman. Dann folgte im Mai eine Theatertour nach Shrewsbury und Birmingham. Eine weitere Tournee ging nach Nottingham, Derby, Newcastle, Sunderland und Sheffield und endete Anfang September mit Abschiedsvorstellungen in Manchester und Liverpool. In einem Brief schrieb Dickens, er habe «ein feuriges Kreuz durch Englands Norden» gezogen. Für die eigene Familie hatte er währenddessen ab Juli für dreiMonate ein Ferienquartier in Dover gemietet. Wenn er selber dort anwesend war, galt nur die tägliche Arbeitszeit bis zwei Uhr nachmittags als tabu, danach nahm er an der familiären Geselligkeit teil, deren Motor er meist selber war.
    Die zweite Jahreshälfte brachte weitere für Dickens schmerzliche Todesfälle. Im August starb Graf Alfred D’Orsay, der Namensgeber seines vierten Sohnes, und im September folgte der Tod Catherine Macreadys, der Frau seines Freundes. Im Oktober genehmigte er sich dann noch einmal einen richtigen Urlaub, indem er mit seiner Frau und der Schwägerin Georgina zum ersten Mal nach Boulogne ging, um zu sehen, ob er sich dort in Zukunft ungestörter würde entspannen können.
    Nach der Rückkehr sah er sich zu einem literarischen Streit mit George Henry Lewes herausgefordert, mit dem er bis dahin freundschaftlich verkehrt und der an einigen seiner Theaterunternehmungen teilgenommen hatte. Dickens hatte in der Novembernummer von
Bleak House
die makabre Figur des Mr. Krook durch
spontaneous combustion
explodieren lassen. Die drastische Symbolik ist offensichtlich: Krook, der im Roman den Spitznamen Lord Chancellor trägt und damit die Verkörperung des in sich verfaulten Systems des Kanzleigerichts darstellt, verbrennt von innen her nach übermäßigem Alkoholgenuss und verteilt sich in Form schwarzer Rußflocken an den Wänden seiner Behausung. Hätte sich Dickens darauf beschränkt, dies als Allegorie zu deklarieren, hätte ihm niemand einen Vorwurf gemacht. Aber zu der Zeit kursierte die pseudowissenschaftliche Behauptung, dass Trunksüchtige auf solche Weise durch innerliche Spontanverbrennung umkommen könnten. Lewes warf Dickens in einem Artikel vor, er trage zur Verbreitung solchen Aberglaubens bei, worauf sich Dickens auf die These versteifte, dass das Phänomen wissenschaftlich erwiesen sei.
    Weiteren Ärger handelte er sich mit der Figur des Harold Skimpole ein, der in seinem Roman als ein verantwortungsscheuer und bestechlicher Luftikus auftritt. Alle Insider wussten, dass das Vorbild dafür jener Leigh Hunt war, für den Dickens noch zwei Jahre vorher eine Benefizveranstaltung organisiert hatte. Wie schon bei Miss Mowcher sah sich Dickens vor der peinlichen Aufgabe, den taktlosen Fauxpas irgendwie wegzuerklären. Mit diesen Misshelligkeiten ging das Jahr 1852 zu Ende. Dass es für ihn mit einem Guthaben von 3264 Pfund ausklang, erfuhr ererst drei Monate später, als seine Verleger ihm die Jahresabrechnung zuschickten. Das neue Buch hatte sich als Goldgrube erwiesen.
    Das Jahr 1853 begann für Dickens mit einer Ehrung: Am 6. Januar zeichnete ihn eine städtische Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste in Birmingham als «nationalen Autor» aus und überreichte ihm ein vergoldetes Silbertablett und einen Diamantring. Kurz darauf verließ sein Sohn Charley das Internat von Eton und wurde zum Erlernen der deutschen Sprache als Praktikant nach Leipzig zum Verleger Tauchnitz geschickt, mit dem Dickens in freundschaftlichem Geschäftsverkehr stand. Tauchnitz kaufte von Dickens regelmäßig Vorabdruckfahnen zum Festpreis von 50 Pfund und verbreitete die Romane in der Originalfassung in Deutschland und auf dem Kontinent. Eine

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