Charlie Chan macht weiter
scheint mir sogar wahrscheinlicher. Beweise – Sie müssen Beweise haben.
Andernfalls muß ich Ihnen leider mitteilen, daß Dr. Lofton und seine Gruppe ihre Tour auf der Stelle fortsetzen.«
»Wir werden ja sehen«, brummte Duff grimmig und verließ Mr. Gillow mit schlecht verhohlenem Zorn.
Die gerichtliche Leichenschau am folgenden Morgen enthüllte nichts, was nicht schon bereits bekannt war.
Die Hotelangestellten und Teilnehmer der Rundreise wiederholten noch einmal all das, was sie Duff am vorangegangenen Tag erzählt hatten. Der kleine Beutel mit den Steinen erweckte beträchtliches Interesse, aber da keine Erklärung zur Verfügung stand, erlosch das Interesse auch rasch wieder; und da es augenscheinlich nicht genügend Beweise gab, um irgend jemanden festzuhalten, wurde die gerichtliche Untersuchung auf drei Wochen später vertagt.
Duff sah, wie Mr. Gillow ihn anlächelte.
Die nächsten paar Tage arbeitete Duff wie ein Verrückter. Hatte irgendeiner aus der Reisegruppe eine neue Uhrkette gekauft? Er suchte jeden Juwelierladen im West End auf und viele in der City. Und war der graue Anzug mit der eingerissenen Jackentasche in einem Pfandhaus oder Secondhand-Laden veräußert worden? Oder war der Anzug einfach zu einem Bündel zusammengerollt und weggeworfen worden? Er durchkämmte erst alle in Frage kommenden Geschäfte und überprüfte dann in der großen Stadt persönlich jeden Packen, der irgendwo herrenlos auftauchte. Doch bei all seinen Bemühungen kam nichts heraus. Und Lofton bereitete sich indessen darauf vor, seine Reise fortzusetzen.
Mrs. Potter und ihre Tochter wollten am Freitag nach Hause fahren – mit dem Schiff; genau eine Woche nach dem Morgen, an dem Drakes Leichnam entdeckt worden war. Am Donnerstag hatte Duff ein letztes Gespräch mit den beiden Frauen. Die Mutter wirkte noch hilfloser und verlorener, das Mädchen war schweigsam und nachdenklich. Verdrossen verabschiedete er sich von den beiden.
Als er am späten Nachmittag des Freitag nach einem fruchtlosen Tag in sein Büro im Yard zurückkehrte, war er daher höchst überrascht, Pamela Potter vorzufinden. Bei ihr war Mrs. Latimer Luce.
»Hallo!« rief Duff aus. »Dachte, Sie wären abgesegelt, Miß Potter?«
»Ich konnte einfach nicht. Alles ist ungelöst, alle unsere Fragen sind unbeantwortet. Ich habe ein Mädchen für Mutter engagiert und sie nach Hause geschickt, ich selbst werde die Rundreise weiter mitmachen.«
»Und was hat Ihre Mutter dazu gesagt?«
»Oh – natürlich war sie empört. Aber ich muß Ihnen leider sagen, daß ich sie schon so oft entsetzt habe, daß sie sich jetzt fast dran gewöhnt hat. Mrs. Luce hier hat sich bereit erklärt, die altmodische Rolle einer Anstandsdame zu übernehmen. Sie haben Mrs. Luce kennengelernt?«
»Natürlich.« Duff nickte. »Entschuldigen Sie, Madame – ich war so verblüfft, Miß Pamela zu sehen, daß…«
»Das verstehe ich.« Die alte Lady lächelte. »Das Mädchen hat Köpfchen – und das gefällt mir. Hat mir immer gefallen. Ihre Mutter und ich haben zufällig gemeinsame Freunde, und so habe ich mitgeholfen, sie zu beschwichtigen. Natürlich ist das Kind neugierig – und ich bin es auch. Fünftausend Dollar ist es mir wert, zu erfahren, wer Hugh Drake getötet hat – und warum.«
»Zwei Fragen, die nicht so leicht zu beantworten sind«, bemerkte Duff.
»Ja, ein harter Fall. Ich weiß nicht, ob Sie es schon wissen – Loftons Weltreise geht am nächsten Montagmorgen weiter. Tut mir leid für Sie.«
»Ich hatte es erwartet«, sagte Duff niedergeschlagen.
»Kopf hoch!« versuchte ihn die alte Lady aufzumuntern. »Nichts ist so schlimm, wie es scheint. Das habe ich in den vergangenen zweiundsiebzig Jahren ziemlich gut erprobt. Pamela und ich werden Augen und Ohren offenhalten. Weit offen, nicht wahr, meine Liebe?«
Das Mädchen nickte. »Ich werde nicht eher ruhen, bis wir dahintergekommen sind.«
»Bravo! Ich werde Sie beide in meinen Stab aufnehmen. Die gesamte Mannschaft reist weiter, nehme ich an?«
»Alle, bis auf den letzten Mann«, erwiderte Mrs. Luce.
»Wir hatten heute morgen eine Zusammenkunft. Diese Kreatur, der kleine Fenwick, versuchte eine Meuterei anzuzetteln, aber er hat kein Glück gehabt. Er mußte scheitern. Mochte noch nie jemanden, der eine Sache nicht durchstehen kann. Was mich anbetrifft, ich würde Weiterreisen, und wenn alle außer mir ermordet werden sollten.«
»Ich hätte zu der Zusammenkunft eingeladen werden müssen«, sagte Duff
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