Charlie Chan macht weiter
unvermeidliches Charakteristikum für solche Rundreisen. Und noch ein Ehepaar aus Chicago – ziemlich schreckliche Leute –, Mr. und Mrs. Max Minchin…«
Hayley ließ seine Gabel fallen. »Minchin?«
»Ja, so war sein Name. Was ist mit ihm?«
»Nichts, mein alter Junge, außer daß Sie augenscheinlich eine kurze Notiz übersehen haben, die vor einigen Tagen vom Yard veröffentlicht worden ist. Dieser Minchin scheint einer der führenden Gangster von Chicago zu sein, den man vor kurzem dazu überredet hat, seine reizende Karriere der Gewalt und des Verbrechens zu unterbrechen – wahrscheinlich nur vorübergehend.«
»Das ist interessant.« Duff nickte.
»Er war gezwungen gewesen, bei seinen Unternehmungen eine Reihe von Geschäftsrivalen zu beseitigen – entweder persönlich oder durch seine Stellvertreter. Umlegen – hieß wohl die Devise. Unlängst wurde ihm aus irgendeinem Grund nahegelegt, abzudanken und zu verschwinden. Die Polizei von New York hat vorgeschlagen, ihn liebevoll im Auge zu behalten, fall er hier aufkreuzen sollte. Es halten sich nämlich gewisse Freunde von ihm hier auf, die versuchen könnten, alte Schulden mit ihm zu begleichen. Maxy Minchin zählt zu den ersten Bürgern Chicagos.«
»Ich sollte mich nach dem Lunch noch mal mit ihm unterhalten«, sagte Duff, tief in Gedanken versunken.
»Zwar wurde der Körper des armen, alten Drake nicht mit Maschinengewehrkugeln durchlöchert, aber vielleicht hat die Atmosphäre im ›Broome’s‹ selbst auf einen Mann wie Maxy Minchin einen läuternden, dämpfenden Effekt. Ja, ich werde mir den Burschen noch mal vorknöpfen.«
6
Duff begleitete Hayley nach dem Lunch in die Vine Street. Gemeinsam stöberten sie einen verstaubten, vergessenen Weltatlas auf, und Duff inspizierte eingehend die Landkarte der Vereinigten Staaten.
»Du meine Güte, was für ein Land!« rief er aus. »Ah – ich habe Chicago gefunden! Und wo liegt nun Detroit?«
Hayley sah über seine Schulter und tippte mit dem Finger drauf. »Keine Entfernung, in einem Land von dieser Größe.«
Duff lehnte sich zurück. »Ob da wohl eine Verbindung zwischen dem Gangster aus Chicago und dem Millionär aus Detroit existiert hat? Drake war zwar ein überaus angesehener Mann – aber man weiß ja nie. Der Schnaps wird bei Detroit über die Grenze geschmuggelt. Das habe ich gehört, als ich die Vereinigten Staaten besuchte. Und Schnaps gehörte zu Mr. Minchins Nebenbeschäftigungen. Gab es vielleicht irgendeine alte Fehde zwischen den beiden? Und wie passen die Kieselsteine ins Bild? Sie könnten vom Ufer eines Sees stammen. Oh, es klingt alles so verteufelt fantastisch, aber in Amerika ist alles möglich.«
Duff kehrte also ins »Broome’s« zurück. Mr. Max Minchin ließ ausrichten, daß er den Inspector in seiner Suite empfangen würde.
Duff traf den berühmten Gangster hemdsärmelig und in Pantoffeln an, die Haare zerzaust. Minchin erklärte ihm, er habe gerade Siesta gehalten.
»Er hält mich frisch«, sagte er und schien sehr viel zugänglicher als am Vormittag.
»Tut mir leid, Sie stören zu müssen, aber da sind noch ein, zwei Unklarheiten…«
»Verstehe schon. Für Maxy den dritten Grad, wie?«
»Diese Methoden sind bei uns nicht üblich«, teilte Duff ihm mit.
»So?« Erhob die Schultern. »Wenn das wahr sein sollte, dann ist das mal wieder was, worin ihr den Amis voraus seid. Wir glauben immer, wir sind ganz oben, aber ich finde, wir sollten noch ein paar Dinge dazulernen. Also – worum geht’s? Machen Sie fix! Wir haben noch was vor.«
»Gestern nacht hat hier in diesem Hotel ein Mord stattgefunden«, begann der Inspector.
Maxy lächelte. »Wofür halten Sie mich? Für einen Dorftrottel? Weiß ich doch – das mit dem Mord.«
»Nach meinen Informationen gehört Mord zu Ihren Zerstreuungen, glaube ich.«
»Sagen Sie das noch mal!«
»In Ihrer Vergangenheit – wenn Sie so wollen.«
»Aha! Nun, vielleicht mußte ich ab und zu ein paar Burschen ausradieren. Aber die hatten’s dann auch verdient. Außerdem geht Sie das gar nichts an. Das hat sich in dem guten alten Amerika zugetragen.«
»Das weiß ich. Aber nachdem jetzt in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft jemand ermordet wurde, bin ich – ja, gezwungen…«
»Haben wohl ein bißchen herumgeschnüffelt, wie? Na schön, fahren Sie fort! Aber Sie verschwenden Ihren Atem.«
»Hatten Sie Mr. Drake schon mal vor dieser Reise getroffen?«
»Ich hatte öfter von ihm gehört, jedesmal, wenn ich drüben
Weitere Kostenlose Bücher