Charlie Chan macht weiter
in Detroit war. Doch hatte ich nie das Vergnügen, seine Bekanntschaft zu machen. Habe jedoch auf dem Boot mit ihm gequatscht. Netter alter Knabe. Wenn Sie glauben, ich hätte ihm die Schlinge um den Hals gelegt, dann irren Sie sich gewaltig.«
»Maxy ist der netteste Mensch auf der Welt«, flötete seine Frau dazwischen. »Vielleicht mußte er zu seiner Zeit dafür sorgen, daß ein paar Gorillas umgelegt wurden. Aber die waren nicht lebensfähig. Und jetzt ist er raus aus der Branche, stimmt’s, Maxy?«
»Ja – ich bin raus«, bestätigte ihr Ehemann. »Und ist das nicht die Höhe, Officer? Ich zieh’ mich vom Geschäft zurück, versuch, alles hinter mir zu lassen, mach ’ne Vergnügungsreise wie jeder andere Mensch auch – und prompt wird mir ein Toter in den Schoß gelegt. Ausgepustet.« Er seufzte. »Scheint grade so, als ob man seinen Geschäften nicht entgehen könnte – egal, wohin man auch geht«, setzte er düster hinzu.
»Um wieviel Uhr haben Sie sich gestern nacht zur Ruhe begeben?« fragte Duff.
»Wann sind wir zu Bett? Wir waren noch in einer Show. Richtige Schauspieler – aber langweilig, Mann! Wenn ich schon mal ins Theater gehe, muß sich auch was rühren. Könnt mich kaum wachhalten, aber wir haben ausgeharrt, weil wir nichts Besseres vorhatten. Sind etwa gegen elf Uhr dreißig zurückgekommen und haben uns gegen zwölf in die Falle gelegt. Was sich danach in diesem Schuppen abgespielt hat, weiß ich wirklich nicht.«
»Ja, er ist ausgestiegen – dem kleinen Maxy zuliebe«, klärte Sadie Minchin Duff auf. »Das ist unser kleiner Junge. Er ist an der Militärschule und macht sich gut.
Scheint, er fühlt sich instinktiv zu Waffen hingezogen.«
Duff lachte. Dann erhob er sich, entschuldigte sich noch einmal, gestört zu haben, und erklärte, es sei nun mal seine Pflicht, jeder Spur nachzugehen.
»Aber natürlich«, sagte Maxy liebenswürdig. Er stand auch auf. »Sie haben Ihren Beruf – so wie ich meinen habe, das heißt hatte. Hören Sie, wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann hissen Sie die Fahne! Ich kann mit den Bullen oder auch gegen sie arbeiten. Diesmal bin ich bereit, mit ihnen zu arbeiten.
Kapiert? Den Alten auszupusten, scheint keinen Sinn zu haben. Und ich mag so was nicht, wenn nichts dahintersteckt. Ja, Sir.« Er klopfte Duff auf seine breiten Schultern. »Wenn Sie Unterstützung brauchen – wenden Sie sich an Maxy Minchin!«
Duff verabschiedete sich und trat auf den Korridor hinaus. Das Hilfsangebot Mr. Minchins entzückte ihn nicht sonderlich; doch ihm wurde klar, daß er tatsächlich aus irgendeiner Ecke Hilfe brauchte.
Im Erdgeschoß begegnete er Dr. Lofton. Bei ihm war ein auffallend elegant gekleideter, junger Mann, der einen Spazierstock trug und im Knopfloch seines perfekt sitzenden Jacketts eine Gardenie stecken hatte.
»Oh – Mr. Duff!« begrüßte ihn Lofton erfreut. »Das ist Mr. Gillow, Staatssekretär an der amerikanischen Botschaft. Er kommt wegen der Sache von gestern nacht. Inspector Duff von Scotland Yard.«
Mr. Gillow gehörte zu jenen jugendlichen Stutzern, die der Stolz der Botschaften sind. Gewöhnlich schlafen sie den ganzen Tag und wechseln dann vom Pyjama in den Smoking, um die ganze Nacht für ihr Vaterland zu tanzen. Er nickte Duff hochnäsig zu.
»Wann ist die Leichenschau?« fragte er.
»Morgen um zehn, glaube ich«, antwortete Duff.
»Aha! Und wenn bis dahin nichts Neues enthüllt worden ist, wird der Doktor seine Reise wie geplant fortsetzen können, nehme ich an?«
»Das kann ich nicht sagen.«
»Tatsächlich nicht? Dann haben Sie irgendwelche Beweise, die Sie berechtigen, den Doktor hierzubehalten?«
»Nun – nicht direkt.«
»Aber wahrscheinlich können Sie einen aus der Gruppe hierbehalten?«
»Ich werde sie alle hierbehalten.«
Mr. Gillows Brauen schossen in die Höhe. »Unter welchem Vorwand?«
»Nun – ich – ich…«
Mr. Gillow lächelte mitleidig. »Wirklich, mein Lieber, das ist ziemlich absurd. So etwas geht nicht bei uns in England – und das wissen Sie auch. Wenn Sie nach der gerichtlichen Untersuchung nicht mehr Beweise haben als jetzt, sind Ihnen Ihre Hände gebunden.«
»Jemand aus der Reisegruppe hat Hugh Drake getötet«, sagte Duff störrisch.
»Und wo ist Ihr Beweis? Und was war das Motiv für das Verbrechen? Vielleicht haben Sie recht – vielleicht reden Sie aber auch Unsinn. Vielleicht hat irgendein Hoteldieb… Irgend jemand, der mit der Reisegruppe gar keine Verbindung hat. Das
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