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Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Derr Biggers
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fragte ich ihn. Er sah mich seltsam an und antwortete: ›Gar nichts. Nur eine Liste mit Instruktionen, was alles getan werden muß, für den Fall, daß ich – daß ich nicht mehr da sein sollte.‹ ›Sie sollten ihn von Dr. Lofton aufbewahren lassen‹, schlug ich ihm vor. ›Nein‹, sagte er, ›Dr. Lofton ist entschieden nicht die geeignete Person dafür.‹
    Darauf fragte ich ihn, was er denn glaube, daß ihm zustoßen könnte. Er murmelte etwas von Krankheit – und daß man ja nie wissen könnte. – Er sah so erschöpft und müde aus, daß er mir leid tat. Wir alle waren ziemlich am Rande unserer Nerven, und ich wußte, daß Mr. Honywood einen Nervenzusammenbruch gehabt hatte. Wahrscheinlich war es der wunderliche Einfall eines kranken Geistes, dachte ich. Und die Bitte war so klein.
    Da versprach ich, den Umschlag an mich zu nehmen. Er war hocherfreut. ›Wie nett von Ihnen! Halten Sie ihn unter Verschluß! Am besten, wir verlassen nicht gemeinsam den Raum. Ich warte hier noch etwas. Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich vorschlagen, daß wir uns möglichst weit voneinander entfernt halten, sobald andere Reiseteilnehmer zugegen sind.‹ Das alles hörte sich sehr merkwürdig an. Aber ich war an jenem Nachmittag mit Freunden im ›Belgravia‹ verabredet und bereits spät dran. So klopfte ich dem armen Mann nur auf die Schulter, sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen, und eilte hinaus. Oben in meinem Zimmer blickte ich auf den Umschlag, auf dem in kleiner Schrift stand: Zu öffnen im Falle meines Todes – Walter Honywood. Ich verschloß ihn hastig in meinem Koffer und ging aus.«
    »Sie hätten sich sofort mit mir in Verbindung setzen müssen«, tadelte sie Duff.
    »Ich konnte mich nicht entscheiden. Hielt es auch nicht für so wichtig. Außerdem war ich die letzten Tage in London sehr beschäftigt. Erst als ich am Montagmorgen im Zug nach Dover saß, begann ich wieder an Mr. Honywood und den Umschlag, den er mir in Verwahrung gegeben hatte, zu denken. Und zum erstenmal überlegte ich, ob er in irgendeinem Zusammenhang mit dem Mord an Hugh Drake stehen könnte.
    Auf Deck der Fähre über den Ärmelkanal versuchte ich, dahinterzukommen. Mr. Honywood lehnte an der Steuerbord-Reling. Ich gesellte mich zu ihm. Er schien sehr zurückhaltend und blickte die ganze Zeit, während wir sprachen, ängstlich und gehetzt um sich. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt bereits sehr unbehaglich. ›Mr. Honywood‹, sagte ich, ›ich habe über den Umschlag, den Sie mir gegeben haben, nachgedacht. Ich glaube, es ist Zeit, daß wir ein offenes Wort miteinander sprechen. Gibt es irgendeinen Grund, weshalb Sie fürchten, Ihr Leben sei in Gefahr?‹ ›Warum – nein‹, stammelte er. ›Überhaupt keinen. Jedermanns Leben ist in dieser unsicheren Welt in Gefahr.‹ Seine Antwort befriedigte mich nicht, und ich sprach einen Gedanken aus, der mir im Zug gekommen war. ›Falls Sie das gleiche Schicksal wie Hugh Morris Drake ereilen sollte – würden wir den Namen Ihres Mörders in dem Umschlag finden?‹ fragte ich.
    Einen Augenblick schien es so, als wollte er nicht antworten.
    Dann wandte er sieh mir zu, und sein Blick war so traurig, daß er mir wieder leid tat. ›Meine Liebe, warum glauben Sie, daß ich Ihnen eine solche Last aufbürden würde?‹ fragte er. ›Der Umschlag enthält genau das, was ich Ihnen gesagt habe.‹ ›Und warum haben Sie ihn dann nicht Dr. Lofton anvertraut?‹ wollte ich wissen. ›Und warum muß ich ihn so behüten und darf in Gegenwart der anderen nicht in Ihre Nähe kommen?‹ Er nickte. ›Das sind verständliche Fragen, und ich wollte, ich könnte sie beantworten. Aber Sie haben mein Wort, Mrs. Luce, ich bringe Sie nicht in Schwierigkeiten. Ich bitte Sie, behalten Sie den Umschlag nur noch eine kleine Weile und verraten Sie nichts! Bald ist die Sache erledigt. Und jetzt entschuldigen Sie mich, bitte‹ – er blickte immer noch ängstlich das Deck rauf und runter –, ›ich fühle mich nicht sehr wohl und werde mich hinlegen.‹ Damit ging er.
    Ich muß sagen, es tut mir leid, daß ich dem armen Mann nicht geglaubt habe. Aber ich war sicher, Walter Honywood erwartete, ermordet zu werden – genauso wie Hugh Morris Drake, und von derselben Person. Und ich war fast sicher, daß der Name dieses Mannes in dem Brief stand, den er mir gegeben hatte. Das machte mich sozusagen zum Komplicen. In Japan, wo ich drei Jahre lebte, hatte ich schon mal jemanden geschützt, aber diesmal wollte

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