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Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Derr Biggers
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britisch-indischen Schiff gelernt hätte. Ich dachte, er würde sofort anfangen, die Kabinen zu durchsuchen, doch tat sich nichts, bis wir nach Yokohama kamen.«
    »Und dort ist dann etwas passiert?«
    »Ja. Wir verbrachten den Tag an Land, aber ich hatte das Sightseeing schon ziemlich satt. Deshalb ging ich zum Dinner zurück aufs Schiff, auch Mrs. Luce, obgleich wir erst spät an jenem Abend auslaufen sollten…«
    »Entschuldigen Sie – haben Sie irgendein anderes Mitglied der Gruppe beim Dinner gesehen?«
    »Ja – Mr. Tait. Er hat sich die ganze Zeit ziemlich schlecht gefühlt und kaum je irgendwelche Landausflüge mitgemacht. O ja – und noch Mr. Kennaway. Wenn sonst noch jemand an Bord gewesen ist, so habe ich ihn nicht gesehen.«
    »Gut. Fahren Sie fort!«
    »Als ich den Speisesaal verließ, bemerkte ich Mr. Welby. Er gab mir ein Zeichen, und ich folgte ihm auf das oberste Deck. Wir standen an der Reling und blickten auf die Lichter von Yokohama. Ich spürte, daß er sehr erregt war. ›Der Spaß ist vorüber‹, wisperte er mir zu. Ich starrte ihn an. ›Was meinen Sie damit?‹ fragte ich zurück. ›Ich meine, daß ich den Mann kenne. Ich habe nämlich das Duplikat des Schlüssels mit der Nummer 3260 gefunden‹ ›Und wo ist es?‹ rief ich aus, meinte aber natürlich: Wer hat es. Er verstand die Frage wörtlich und antwortete: ›Es ist genau dort, wo ich es gefunden habe, und da bleibt es auch, bis ich meinen Mann in die Staaten bringen und ihn Inspector Duff übergeben kann. Für eine Verhaftung in Japan ist es bereits zu spät. Mein Plan ist besser. Ich weiß, Mr. Duff möchte diesem Mann persönlich die Handschellen anlegen, und wie ich hörte, befindet er sich bereits in San Francisco. Ich gehe jetzt an Land und telegrafiere ihm an die Adresse des Yard, daß er in Honolulu am Pier sein soll. Bis dahin gehe ich kein Risiko ein.‹«
    Das Mädchen hielt inne. Duff saß schweigend da. Welby war ein zu großes Risiko eingegangen, wie es schien. Er hatte die Sache verpfuscht. Doch er hatte es gut gemeint und hatte für seinen Fehler mit dem Leben bezahlen müssen.
    »Ich wünschte bei Gott, Sie hätten ihn dazu gebracht, den Namen des Besitzers des Schlüssels zu nennen«, sagte er plötzlich ungestüm.
    »Natürlich, habe ich es versucht«, versicherte das Mädchen. »Ich habe gebettelt und ihn angefleht, aber Mr. Welby hat gesagt, es sei gefährlich für mich, es zu wissen. Außerdem habe ich gemerkt, daß er altmodische Ansichten über Frauen hatte. Vertraue ihnen niemals ein Geheimnis an – so in der Art. Er war ein netter kleiner Mann. Ich mochte ihn, deshalb habe ich nicht weiter gebohrt. Und er ging von Bord, um das Telegramm abzuschicken. Am nächsten Morgen entdeckte ich, als wir bereits auf See waren, daß er nicht zurückgekehrt war.«
    »Nein, er ist nicht zurückgekehrt«, sagte Duff leise.
    Das Mädchen horchte auf. »Dann wissen Sie, was aus ihm geworden ist?«
    »Welby wurde bald, nachdem Ihr Schiff ausgelaufen war, tot im Hafen gefunden.«
    »Ermordet?«
    »Natürlich.«
    Duff war überrascht, daß das Mädchen weinte.
    »Ich – ich kann nicht anders«, schluchzte sie. »So ein netter kleiner Mann. Oh, es ist abscheulich! Diese Bestie! Werden wir ihn jemals finden? Oh, wir müssen!«
    »Ja, wir müssen«, entgegnete Duff ernst.
    Er stand auf und spazierte zum Fenster hinüber. Honolulu döste in der glühenden Sonne. Unter einer Palme in dem kleinen Park gegenüber lag ein braunhäutiger, zerlumpter Junge ausgestreckt, eine Stahl-Gitarre zur Seite. Das war ein Leben, dachte Duff. Ihn kümmerte nichts auf der Welt.
    Er hörte, wie sich eine Tür hinter ihm öffnete, und als er sich umwandte, sah er Mrs. Luce aus dem Schlafraum kommen.
    »Ich habe nur kurz ein Nickerchen gemacht«, erklärte sie. Dann bemerkte sie die Tränen des Mädchens.
    »Was ist los?«
    Pamela Potter erzählte es ihr. Das Gesicht der alten Lady wurde bleich. Sie setzte sich.
    »Doch nicht unser kleiner Steward!« stieß sie aus.
    »Ich habe Millionen von Stewards auf der ganzen Welt gehabt, aber zu ihm hatte ich eine besondere Zuneigung gefaßt. Nein, ich werde niemals mehr so eine lange Reise machen. Vielleicht ein kleiner Ausflug nach China oder nach Australien – das ist alles. Zum erstenmal fühle ich mich alt.«
    »Unsinn!« sagte Duff. »Sie sehen keinen Tag älter als fünfzig aus.«
    Sie strahlte. »Finden Sie das wirklich? Höchstwahrscheinlich werde ich doch bald über diese Geschichte hinwegkommen –

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