Charlie Chan macht weiter
letztes Tait, der erschöpfter und kränker denn je aussah.
»Das Ende Ihrer Reise ist nahe«, bemerkte Duff.
Und dann sprachen sie alle auf einmal. Anscheinend waren sie nicht traurig, wieder amerikanischen Boden zu betreten. Benbow führte einen kleinen Tanz auf; seine Kamera, die wie immer von seiner einen Schulter baumelte, flog ihm wild um die Ohren.
»Ladies und Gentlemen, darf ich Ihnen meinen alten Freund, Inspector Chan von der Polizei Honolulu, vorstellen?« sagte Duff. »Ich statte dem Inspector gerade einen kurzen Besuch ab. Er ist der beste Kriminaldetektiv im Pazifik. Wir haben mal zusammen einen Fall gelöst, in San Francisco.«
»Bleiben Sie länger hier, Mr. Duff?« fragte Vivian.
»Unglücklicherweise nein. Ich verlasse Honolulu heute abend mit Ihrem Schiff. Ich hoffe, das stört niemanden.«
»Ich bin entzückt.« Die Narbe auf seiner Stirn leuchtete hochrot in dem grellen Sonnenlicht.
»Es war ausgemacht, daß Wagen auf uns warten«, verkündete Lofton. »Wir werden am Strand von Waikiki baden gehen und im ›Royal Hawaiian‹ zu Mittag essen.«
Er sauste geschäftig hin und her.
Duffs Blick fiel auf Pamela Potter. Sie war ganz in Weiß gekleidet und hielt sich etwas abseits von den anderen. In ihren Augen stand eine Frage. Duff schüttelte ganz leicht den Kopf, während er auf sie zuging.
»Wie konnte ich Sie übersehen«, sagte er schuldbewußt und ergriff ihre Hand. »Dabei sehen Sie reizender denn je aus. Die Tour muß Ihnen gut bekommen sein.« Und leiser: »Bleiben Sie bei den anderen! Ich sehe Sie später.«
»Wir werden uns im ›Young‹ Zimmer mieten«, teilte sie ihm mit. »Wo in aller Welt ist…«
»Später«, murmelte Duff und schüttelte; Mrs. Luce die Hand.
»Hallo! Wir haben Sie vermißt«, sagte die alte Dame.
»Da sehen Sie – bisher bin ich noch nicht ermordet worden.«
»Sie sind noch nicht zu Hause«, erinnerte er sie.
Er lehnte Loftons halbherzige Einladung, sie zum Lunch zu begleiten, ab.
»Sie werden mich noch reichlich genug auf dem Schiff genießen können«, sagte er aufgeräumt.
Die Gruppe bestieg die wartenden Autos und wurde in Richtung Waikiki befördert. Duff und Charlie Chan spazierten zur King Street zurück.
»Nun, haben Sie einen Mörder unter ihnen entdeckt?« fragte der Inspector aus England seinen Kollegen.
Chan hob die Schultern. »Das Kainsmal ist nicht mehr erkennbar. Flüchtiger Eindruck, den ich nur gewinnen konnte, ist nicht genug. Können Sie Nebel mit einem Fächer vertreiben? Etwas ist mir jedoch aufgefallen: Niemand sprudelte über vor Glück, Sie wiederzusehen – außer vielleicht hübsche junge Lady. Dr. Lofton…«
»Er schien verärgert, nicht wahr? Aber schließlich verkörpere ich eine unangenehme Vergangenheit und könnte ihm außerdem noch sehr verhängnisvolle Publicity bringen. Er hat Angst um seine Geschäfte.«
Sie aßen wieder gemeinsam zu Mittag, doch diesmal war Duff der Gastgeber. Danach war Charlie gezwungen, ins Polizeirevier zurückzukehren, zu den unbedeutenden Details seiner Tätigkeit.
Etwa gegen zwei Uhr befand sich Inspector Duff allein in der Lobby des »Young«, als Mrs. Luce und Pamela Potter auftauchten. Der Rest der Gesellschaft war unterwegs. Das Mädchen war scharf drauf, mit Duff zu reden, und Mrs. Luce war nicht zum erstenmal auf den Inseln.
Die zwei Frauen gingen zum Empfang und mieteten sich für den Rest des Tages eine Suite. Duff wartete eine Weile, bis er glaubte, die beiden hätten sich so weit eingerichtet, ehe er nach oben ging.
Das Mädchen war allein im Wohnzimmer.
»Endlich!« begrüßte sie ihn. »Ich dachte schon, ich würde Sie nie mehr allein sehen. Bitte, setzen Sie sich doch!«
»Erzählen Sie erst mal! Wann haben Sie Welby wiedergesehen?«
»Welchen Brief haben Sie als letzten von mir erhalten?« fragte sie.
»Den aus Rangun.«
»Ich habe noch einen aus Singapur und einen weiteren aus Shanghai geschrieben.«
»Sie werden mir wahrscheinlich nachfolgen.«
»Hoffentlich holen sie Sie ein. Es standen zwar keine Neuigkeiten drin, aber es waren Meisterwerke der Erzählkunst. Sie versäumen etwas, wenn Sie sie nicht lesen.«
»Ich werde jedes einzelne Wort lesen. Aber Sie sagten eben, es standen keine Neuigkeiten drin?«
»Nein – es ist nichts mehr passiert. Ich sah Mr. Welby erst wieder, als ich in Hongkong an Bord der ›President Arthur‹ ging. Er war Steward für meine Kabine – und auch noch andere. Welby erzählte mir, daß er die Arbeit auf dem
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