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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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genau. Ich bin nicht sicher, ob sie geschlafen hat. Ich wachte vorletzte Nacht auf und sah sie hellwach im Haus umherwandern. Sie starrte aus den Fenstern und hatte diesen komischen Ausdruck in den Augen. Aber sie wollte mir nicht sagen, was los war. Ich konnte sie schließlich wieder ins Schlafzimmer zurückbringen, aber sie bestand darauf, in jeden Schatten im Zimmer greifen, um sich zu vergewissern, dass sich nichts drinnen versteckte.
    Aber das ist nicht das Schlimmste. Mrs. Willoughby kam letzte Nacht vorbei. Sie erzählte, dass es mit Susannah einen Vorfall im Laden gegeben hätte. Sie musste sie wieder allein lassen, um ein paar Zustellungen zu machen, und als sie zurückkam, war der Laden verwüstet. Susannah sagte, sie dachte, sie hätteetwas in einem Stoffrestehaufen gesehen, eine Ratte möglicherweise. Sie ging nachsehen, um sie aus dem Laden zu jagen, fand aber nichts. Stattdessen   – und das waren Susannahs Worte   – begannen die Stoffteile, sich um ihren Hals zusammenzuknüpfen und sie zu würgen, ihre Nase und ihren Mund zu bedecken und ihre Hände zusammenzuschnüren, so dass sie sich nicht wehren konnte. Sie bekam aber eine Hand frei und hielt ein heißes Bügeleisen an ihren Hals. Was immer vor sich ging, hörte auf, und sie verbrannte die Stoffreste hinter dem Laden. Großer Gott, Charlotte, Sie sollten ihren Hals sehen! Dr. Barberry hat gesagt, dass es ihr gut geht und dass in ein paar Wochen auch alles wieder verheilt sein wird, aber ich mache mir große Sorgen um sie.«
    »Glauben Sie ihre Geschichte?«
    »Ich glaube, dass sie davon überzeugt ist. Und meine Frau ist nicht dumm. Sie war nie besonders abergläubisch. Wenn sie sagt, dass sie etwas Unnatürliches gesehen hat, dann glaube ich ihr das. Aber wie kann man jemandem helfen, der nachts auf Gespensterjagd geht?«
    »Diese Dinge passieren nur, wenn sie allein ist. Sie müssen über sie wachen. Lassen Sie sie nie aus den Augen.«
    »Es muss doch etwas geben, das wir tun können.«
    »Überlassen Sie es mir.«
    Als ich an diesem Abend zu Bett ging, holte ich Geheimnisse der Endwelt aus meinem Korb. Ich erinnerte mich zwar an Lilys Warnung und an meine eigenen Erfahrungen mit den Büchern in der Bibliothek, aber mein Zorn und mein Argwohn waren stärker als meine Vorsicht. Nanny Prum war keines natürlichen Todes gestorben, und Susannah würde das auch nicht, wenn es mir nicht gelang, Mr. Whatleys Absichten besser zu durchschauen. Um mich ihm in den Weg stellen zu können, mussteich ihn erst besser verstehen. Ich setzte mich aufs Bett und schlug das Buch auf.
    Als ich die fremdartigen, außerweltlichen Schriftzeichen überflog, strich ein eisiger Wind über mein Gesicht und mein Nachtgewand. Ich blickte hoch, um das Fenster zu schließen, doch ich befand mich nicht mehr in meinem Schlafgemach in Everton. Ich stand vor einem verfallenen Schloss mit zusammengestürzten Türmen und einer Zugbrücke, die aussah, als hätte irgendetwas ein gewaltiges Stück herausgebissen. Jenseits des Abgrundes befand sich eine verrottete Tür mit einem Klopfer aus Ketten, deren Glieder so dick wie mein Hals waren.
    Das Buch lag noch immer geöffnet in meinen Händen, und ich schloss es, hielt jedoch meinen Zeigefinger dazwischen, um mit dem Ort verbunden zu bleiben; aber nur ein wenig, falls er sich als gefährlich herausstellen sollte. Bevor ich noch klopfen konnte, wurde die Tür von einem abstoßenden, wutschnaubenden Ding in der Gestalt eines kleinen Mädchens aufgerissen. Das Haar fiel ihm in Büscheln aus. Statt der Augen hatte es zwei kleine schwarze Schlüssellöcher im grauen Fleisch des Gesichtes. Aus beiden sickerte eine dunkle, übelriechende Flüssigkeit, von der ich gar nicht wissen wollte, was es war. Ich schnappte keuchend nach Luft, und es schnappte mit schwarzen, zersplitterten Zähnen nach mir und erwischte mich fast am Arm, bis es von einer Kette um seinen Hals zurückgerissen wurde.
    Das kleine Mädchen fiel auf den Boden. Die Kette um seinen Hals erstreckte sich über den Steinboden und eine Treppe hoch. Sie endete am behandschuhten Handgelenk einer Frau in einem alten, stellenweise bis zu den darunterliegenden Unterröcken zerschlissenen Ballkleid. Ein Schlüsselring klirrte an ihrer Seite. Trotz der Schäbigkeit ihrer Kleidung war die Haltung der Frau dominant, fast majestätisch. Sie sprach mit einer vollen, samtenen Stimme, gewohnt, zu befehlen und Macht auszuüben.
    »Du gehörst nicht hierher«, sagte sie leise. In der anderen

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