Charlotte Und Die Geister Von Darkling
Hauch Traurigkeit.
»Es gibt nur die Toten und die Verdammten. Vergiss das nicht, wenn der Mann in Schwarz dich holen kommt. Er kommt bald, Charlotte.« Nach diesen Worten nahm die Frau die Schlüssel und steckte sie auf den Ring zurück.
Mir war, als würde mir übel werden. Er kommt, aber sie hatte nicht gesagt, wer, und würde das auch nicht tun. Nur drei Antworten. Ich starrte so stumm ins Nichts wie die schmutzigen Kinder und nahm die Welt erst wieder wahr, als mir die Herrin des Schlosses das eine Ende einer kalten eisernen Kette in die Hand drückte, deren anderes Ende um den Hals des Jungen mit den schmutzigen Fingernägeln geschlungen war.
»Meine Bezahlung«, sagte sie.
»Ich verstehe nicht?«
Sie antwortete nicht darauf, sondern kehrte in die Eingangshalle zurück. Ihre Kinder schrien, als sie sie die Treppe hinaufzog, in die verborgenen Tiefen des Schlosses, begleitet vom blauen Flackern des Leuchters.
»Antworten für Fragen … Du wirst ihn mit dir nehmen. Zum Beobachten. Zum Lauschen. Zum Erinnern.« Das war einfach zu viel. Ich warf die Kette zu Boden.
»Das werde ich nicht tun!« Sie hörte mich nicht mehr, denn die Welt wirbelte herum, und ich war wieder in meinem Zimmer in Everton. Alles drehte sich um mich. Als ich mein Gleichgewicht wiederfand, sah ich gerade noch, wie das Ende der Kette durch die offene Schlafzimmertür verschwand, als der Junge mit den Schlüssellochaugen in den Korridor rannte, wo der Teppich das Klirren des Metalls dämpfte.
Die Kinder.
Ich stürzte aus meinem Zimmer. Das Wesen bewegte sich in die dem Kinderzimmer entgegengesetzte Richtung. Es lief mit solcher Geschwindigkeit auf allen vieren den Gang hinab, dass ich keine Chance hatte, es einzuholen. Es verschwand die Treppe hinunter, wobei die Kette dumpf gegen das Geländer ratterte und ich sicher war, dass das ganze Haus aufgewacht sein musste.
Ich stellte die Kreatur in der Küche und packte ihre Kette. »Hör sofort damit auf!«, zischte ich. Ihre Reaktion war, dass sie ihren Körper an die Wand presste und einsank, wie in etwas Flüssiges. Sie grinste mich an mit ihren verfaulten Zähnen, während ihr Gesicht in der Wand des Hauses verschwand. Ich zerrte und riss an der Kette, aber sie folgte der Jungenkreatur in das Mauerwerk Evertons. Glied für Glied rutschte sie mir aus den Händen, bis meine Haut brannte und ich hilflos und mit leeren Händen allein in der Küche stand.
Völlig erschöpft tat ich das Einzige, das mir in dieser Lage in den Sinn kam: Ich machte mir eine Tasse Tee. Ich trank ihnschlückchenweise in der Dunkelheit, während ich an die Wand starrte; auf dieses neue Problem, für das ich keinerlei Lösung wusste. Die Frau sagte, dass der Junge uns nur beobachten würde, aber darauf konnte man sich wohl kaum verlassen. Was hatte ich getan? Ich war nicht besser als Lily; über alle Maßen starrköpfig und von mir selbst und meinen Fähigkeiten überzeugt. Eine Überzeugung, die nun einen Rückschlag erlitten hatte, denn ich hatte etwas Böses in mein eigenes Haus gebracht.
Ich fragte mich, ob Lily wohl auch so fühlte.
Der Blick aus dem Fenster zeigte das Anwesen von Mondlicht überflutet, nicht anders als das Haus von Darkling. Bei dem Gedanken an diesen Ort stellte ich meine Tasse so heftig auf die Untertasse, dass sie vom Tisch fiel und am Boden zerbrach. Ich fluchte unterdrückt und kniete nieder, um die Keramikscherben aufzusammeln und war so in meinen eigenen Trübsinn und Missmut versunken, dass mir völlig entging, dass Mr. Darrow hereingekommen war.
»Ist alles in Ordnung?«
Ich stand auf und umklammerte die scharfen Scherben zu fest mit meiner Hand.
»Ja. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt?« Ich warf einen Blick auf die Wand, in der der schmutzige kleine Junge verschwunden war, und dann in Mr. Darrows strahlend blaue Augen. Alle Sorgen, Zweifel und Ängste in meiner Brust lösten sich auf.
»Nein, ich war wach. Ich hatte Tee zubereitet, aber niemand ist heruntergekommen.«
»Wie aufmerksam.«
»Ich hatte gehofft, dass Sie mir Gesellschaft leisten.«
»Es tut mir leid, wenn ich gewusst hätte …«
»Wie hätten Sie es wissen können? Ich hätte meine Absichten deutlich machen sollen.«
Er nahm mir sanft die Scherben der zerbrochenen Tasse ausden Händen, wobei seine Finger die meinen berührten. Selbst nachdem er sie losließ, spürte ich noch das Echo seiner Berührung durch meinen Körper klingen. Ich wich zurück, als ich wieder atmen konnte, aber er hielt mich
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