Charlotte Und Die Geister Von Darkling
brachten die Kinder in ihr Zimmer. Wie schon zuvor nahm Mrs. Darrow Laurel Parker Wolfes Märchenbuch aus dem Fach neben dem Bett. Die Kinder schmiegten sich an sie, als sie zu lesen begann.
D IE P UPPENKINDER
Es war einmal ein Dorf mitten im Wald. Die Bewohner waren lange Zeit glücklich und zufrieden, bis sich eines Tages eine Krankheit über das ganze Land ausbreitete, an der viele kleine Kinder starben. Die Dorfbewohner waren verzweifelt, denn der Arzt des Dorfes konnte sie nicht heilen, und da der Winter bevorstand, würden sie sicher nicht überleben. So entschieden sie in aller Eile, den geheimnisvollen alten Zauberer um Hilfe zu bitten, der in einer Höhle tief im Wald lebte.
Der Zauberer, der sehr einsam war und nicht viele Besucher empfing, wollte den Dorfbewohnern gerne helfen, aber er warnte sie vor den Gefahren, die mit ihrem Wunsch verbunden waren.
»Die Kleinen werden den Winter in diesem Zustand nicht überstehen. Bringt sie zu mir, wenn ihr wollt, aber ich muss euch warnen, dass die Aufgabe, die ihr mir stellt, sehr schwierig ist. Es mag wohl sein, dass ich nicht in der Lage bin, sie rückgängig zu machen.«
Die Dorfbewohner dankten dem Zauberer für seine Warnung, wollten aber so verzweifelt ihre Kinder retten, dass sie sie in warme Felle wickelten und ohne einen Gedanken an weitere Gefahren zur Höhle im Wald brachten. Der Zauberer breitete ein großes Tuch auf dem Boden aus und bat, dass sie die Kinder in einem Kreis darauf legten. Als das geschehen war, bewegte er seine Hände in einem komplizierten Muster unsichtbarer Zeichen und murmelte dabei einen geheimen Zauberspruch. Die Kinder schrumpften bis auf die Größe von Babys, und der Zauberer nahm die Enden des Tuches und formte daraus einen Sack. Er drehte die Enden zusammen, bis der Sack verschlossen war, und drehte weiter, bis die kleinen Gesichter der geschrumpften Kinder fest gegen das Tuch gedrückt wurden. Der Zauberer fuhr fort, bis der Stoff an vielen Stellen zerriss, doch im Inneren befanden sich keine Kinder mehr. Stattdessen waren die Stoffteile auseinandergerissen und zu Stoffpuppen wieder zusammengenäht worden, eine an der Stelle jedes Kindes.
Den Dorfbewohnern, die nicht wussten, was sie von dieser Verwandlung halten sollten, blieb wenig Zeit, darüber nachzugrübeln, denn sobald der Alte den Zauber vollendet hatte, sank er auf die Knie und starb. Die Anstrengung des Zaubers war zu groß für ihn gewesen, und noch während sich die Puppenkinder auf ihre kleinen Stofffüße erhoben und ihre kleinen Stoffarme streckten, wichen die Eltern vor ihnen zurück aus der Höhle hinaus, weil sie nicht ertrugen, was mit ihnen geschehen war, und sich lieber vorstellten, dass sie zusammen mit dem Zauberer gestorben wären.
Es war ein langer, einsamer Winter für die Puppen, die einst Kinder gewesen waren. Sie begruben den Zauberer, so gut sie es vermochten. Einige beschädigten die Fäden ihrer zarten Hände, als sie die harte Erde aufgruben. Die meisten blieben in der Höhle des Zauberers, aber einige versuchten zu den Familien heimzukehren, die sie allein gelassen hatten. Diese Wiedersehen fanden nie ein gutes Ende, denn die Puppen waren selbst für die besten Eltern nicht mehr als Geister in einer Stoffhülle. Die Glück hatten, vermochten in die Höhle zurückzukehren, aber die meisten wurden verbrannt oder begraben oder zerfetzt, in der Hoffnung, dadurch zu befreien, was immer von ihren Kindern noch in den Stoffpuppen gefangen sein mochte.
Der eine Winter, den zu überleben sie geschaffen worden waren, kam und ging. Jahre vergingen. Die Puppenkinder begannen langsam kaputtzugehen. Fäden lösten sich, der Stoff zerriss, und die Füllung, die sie zusammenhielt, fiel in Klumpen heraus. Sie kamen überein, dass sie nicht mehr lange so weitermachen konnten. Einige von ihnen hatten bei ihren unglücklichen Dorfbesuchen in Erfahrung gebracht, dass in einem nahen Wald eine Fee wohnte, und wenn die Geschichten der Wahrheit entsprachen, würde sie in der Lage sein, den Zauber des Zauberers aufzuheben.
Alle zusammen machten sich auf den Weg, immer auf der Hut vor Falken und Wölfen. Sie schliefen in hohlen Stämmen und überquerten breite Bäche, so dass ihre Körper feucht und von Wasser durchtränkt wurden. Schließlich erreichten sie ein kleines Haus aus buntem Glas am Waldrand. Die Gruppe der Puppen brach vor der Tür zusammen, hatte aber noch genug Kraft, mit ihren Stofffäusten an die Tür zu pochen. Die Fee fand sie in einem
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