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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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dürfen.
    Ich nahm das Rauchglasfläschchen und den silbernen Schlüssel vom Bett, wo ich sie zurückgelassen hatte, und blieb vor meiner Schlafzimmertür stehen.
    Eine Drehung in jedem Schloss wird mich rufen.
    Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte. Die Tür ging in einen feuchtkalten Raum hinein auf, dessen Wände mit einem harten, gallertartigen Belag überzogen waren. Eine Gestalt erschien an der Decke, und Mr. Cornelius krabbelte die Wand herab, um mich zu begrüßen. Die Fühler unter seinem Bart brachten so etwas wie ein Lächeln zuwege.
    »Mrs. Markham.«
    »Es gibt einen Raum im Haus von Darkling, in dem jemand, der es möchte, einen menschlichen Tod auskosten kann. Ist das der Beweis, den Sie suchen?« Ich reichte ihm das Fläschchen mit der Aufschrift »verstümmelt«.
    »Ja, das müsste genügen.« Er steckte es in seinen Bart und wandte sich um, drückte sein flaches Gesicht an die Wand, Zangen kamen aus dem angegrauten Haarbewuchs seines Gesichtes hervor und zwickten und schnitten in die glänzende grüne Oberfläche, bis ein Stück herausbrach und in die festen, rüsselförmigen Glieder fiel, die er als Hände benutzte. Er hielt es mir entgegen. »Ein Zeichen meines Dankes, das Sie beschützen soll.«
    Es war eine durchsichtige Scheibe aus versteinertem grünem Bernstein, in die ein einzelner Buchstabe geritzt war.
    »Was soll ich damit tun?«
    »Tragen Sie es bei sich. Seien Sie vorsichtig, Mrs. Markham. Das wird ihm nicht gefallen, ganz und gar nicht.« Er führte mich zur Tür.
    »Es soll keiner sagen können, ich hätte keinen Eindruck hinterlassen.«
    Wir trennten uns, und als ich den silbernen Schlüssel wieder aus dem Schloss meiner Tür ziehen wollte, sah ich ohne große Überraschung, dass er verschwunden war. Unser Abkommen war erfüllt, und ich stand wieder allein. Ich kroch ins Bett und drückte die grüne Bernsteinscheibe an meine Brust. Zum ersten Mal während all der Besuche in Darkling schlief ich ohne Furcht.

FÜNFZEHNTES KAPITEL
    Der Weihnachtsgast
    Ein paar Tage später zog der Winter in Blackfield ein. Die kahlen Äste des Waldes breiteten sich weiß unter dem grauen Himmel aus und hingen in einem erstarrten Ballett, aller Bewegung und Gesänge beraubt, über die gläsernen Ufer des Sees. Sie würden schlummern bis zum Frühling, wenn das Eis schmelzen und von ihnen tropfen würde, Schweißperlen gleich, von der Anstrengung, diese Last so viele Monate lang zu tragen.
    Doch die Dorfbewohner selbst würden in keinen Winterschlaf sinken. In der Tat waren die Wintermonate die geschäftigste Zeit des Jahres. Nach dem Basar gab es Dinnerpartys und besondere Gottesdienste, Wintermärkte und Frauenkränzchen und natürlich das großartigste Ereignis von allen: den Blackfielder Weihnachtsball.
    Es war nicht wirklich ein Ball, also kein lokales Tanzfest, doch weil es im Haus von Cornelia Reese stattfand, konnte man es gar nicht anders nennen und nur in den höchsten Tönen davon reden, zumindest in der Gegenwart von Cornelia Reese. Die Reeses bewohnten das größte Haus des Dorfes, und obgleich es nur eine Spur größer als Everton war, hielt es Mrs. Reese für den einzigen passenden Ort für solch ein Fest, denn alle Einwohner Blackfields würden darin Platz finden. Nichts liebte die Frau mehr, als den unteren Schichten der Gesellschaft, den gewöhnlichen Leuten, die nicht so reich waren wie sie, ihr Mitgefühl zu zeigen, so dass sie, wenigstens einen Abend lang, auch ein wenig Glück in ihrem traurigen und trostlosen Leben hatten.Trotz dieses Umstandes, oder vielleicht gerade deswegen, hatten die Blackfielder kein Problem, sich auf dem Reese-Anwesen einzufinden, welches den Namen Arkham Hall trug. Dort unterhielten sie sich dann laut miteinander, wie trostlos alles seit dem letzten Jahr geworden war, während sie sich und ihre Taschen mit Essen vollstopften. Sie waren bereit, Cornelias Spiel mitzuspielen, so lange sie von ihrer Großzügigkeit profitieren konnten. Eine Party war schließlich eine Party.
    Und so schnappte ich mir an diesem Nachmittag nach dem Unterricht James und warf ihn über meine Schulter. Er gluckste und strampelte, immer bereit zu ungestümer Gegenwehr, aber er ließ auch keine Gelegenheit aus, eine Szene zu machen.
    »Hilfe! Ich werde ermordet!«
    Das war ziemlich geschmacklos im Hinblick darauf, was Nanny Prum passiert war. Gott sei Dank war Paul alt genug, genug Feingefühl zu besitzen. Er gab James einen Klaps auf den Kopf, als wir das Klassenzimmer

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