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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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verließen. James hielt, wie viele kleine Jungs von ähnlichem Temperament, recht wenig von der Idee des Badens. Es gab zu viele Pfützen, die so schön spritzten, zu viele Frösche, die man erwischen, zu viele Bäume, die man hochklettern musste, um sich mit so lästigen Pflichten wie dem Baden abzugeben. War er jedoch erst einmal im Wasser und hatte seine beträchtliche Gegenwehr aufgegeben, hatte er Spaß daran, nackt und nass zu sein. Dann spielte er einen Fisch, der mir durch die Finger rutschte, während ich mich abmühte, ihn einzuseifen.
    Als wir fertig waren, trug ich ihn in sein Zimmer zurück und versuchte, ihn nicht mehr aus den Augen zu lassen, bevor wir das Haus verließen. Paul war fast fertig angezogen und kämmte sorgfältig sein dunkles Haar. Ich war froh, dass ihn Lily dabei nicht sehen konnte. Er würde bald ein junger Mann sein, der der Dienste einer Gouvernante oder eines Kinderfräuleins nichtmehr bedurfte. Ich ließ James in Pauls Aufsicht und begann meine eigenen Vorbereitungen für den Abend. Mit indischen Flüchen drohte ich ihm, wenn er meine Mühen mit dem Erscheinungsbild seines Bruders in irgendeiner Weise zunichte machen sollte.
    Dann setzte ich mich vor den Spiegel, öffnete mein Haar am Hinterkopf, bürstete es aus und steckte es wieder hoch mit kleinen juwelenbesetzten Nadeln, die meiner Mutter gehört hatten. An diesem Abend erschien sie nicht in meinem Spiegelbild. Ich legte meine Gouvernantenuniform zur Seite und schlüpfte in ein mitternachtsblaues Abendkleid, dessen Oberteil mit silbernen Kügelchen besetzt war, die den Eindruck eines sternenübersäten Nachthimmels erweckten.
    Kurz vor dem Dunkelwerden gesellten wir uns in der Eingangshalle von Everton zu Mr. Darrow. Seine Stimmung war nicht zu deuten, denn er wich meinem Blick aus, aber er hatte sich beachtlich für den Abend zurechtgemacht. Sein blondes Haar war zurückgekämmt und fiel nicht wie sonst über seine attraktiven grünen Augen. Er trug einen dunklen Anzug mit einer cremefarbenen Weste und einer tiefblauen Krawatte, die unbeabsichtigt zur Farbe meines Kleides passte. Ich bezweifelte, dass es ihm auffiel, aber ich nahm mir vor, keine Bemerkung darüber zu machen. Ich war nur die Gouvernante.
    Mrs. Mulbus und Jenny waren bereits fort, um sich für das Fest bereit zu machen, und die anderen Bediensteten verließen das Haus in Gruppen. Sie trugen feste Mäntel über ihren besten Kleidern und Anzügen. Selbst Mrs. Norman wirkte einen Hauch weniger langweilig als sonst. Sie hatte einen Hut mit Federn auf dem Kopf, mit dem sie wie ein Pfau aussah. Der alte Fredericks begleitete sie aus dem Haus, während er eine kleine silberne Flasche mit der freien Hand in seiner Jacke verschwinden ließ.
    Roland brachte eine geschlossene Kutsche zum Tor und half uns einzusteigen. Die Buben belegten sofort eine Seite der Kutsche mit Beschlag, so dass Mr. Darrow und ich unbequem nebeneinandersitzen mussten. Glücklicherweise dauerte die Fahrt nicht lange, und wir rollten in die schlichte Einfahrt von Arkham Hall.
    Zwar mochte das Haus nur geringfügig größer als Everton sein, doch es war besser erhalten und wesentlich üppiger dekoriert. Cornelia Reese reiste noch immer mit einiger Regelmäßigkeit in die Stadt, um gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen, und sie kehrte jedes Mal mit einer kleinen Karawane von Antiquitätenhändlern und Künstlern zurück, um Zimmer neu gestalten zu lassen, an deren Ausstattung sie die Lust verloren hatte.
    Unsere Kutsche umrundete einen Marmorbrunnen, der den Altertümern des alten Rom nachempfunden war. Es war ein grauenhaftes Ding mit Wasserstrahlen, die aus Augenhöhlen und Kampfwunden spritzten, jedoch sehr passend für die Heimstatt von Cornelia Reese. Ein Diener half mir aus der Kutsche, und mit James’ Hand fest in der meinen betrat ich die Eingangshalle des Hauses.
    Die Festlichkeiten sprengten bereits den Ballsaal. Gäste mit geröteten Gesichtern standen mit Weingläsern in der Hand in den Korridoren und unterhielten sich viel zu laut über die Köpfe anderer hinweg. Man klopfte einander den Rücken, hielt sich die Hand vor den Mund, während man lauthals über ironische Bemerkungen, die anderen galten, lachte, und einige Herren machten eindeutige Avancen, die ihre Ehefrauen nicht so schnell vergessen würden. Auch viele Kinder liefen zwischen den Erwachsenen umher. James fand in kürzester Zeit einen Spielgefährten, mit dem er meiner Aufsicht entfloh. Er verschwand einfach in

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