Charlotte Und Die Geister Von Darkling
zu verwirren, doch dann verzog sich der Mund, selbst ohne einen unterstützenden Gesichtsausdruck, zu einem breiten, herablassenden Lächeln. »Wie wenig Sie verstehen, womit Sie es zu tun haben.« Das Monstrum begann, über uns zu lachen. Es klang nicht ganz menschlich, aber auch nicht vollkommen unmenschlich.
»Und Susannah?«
»Mein Lohn. Ich werde der Pläne und Intrigen müde. Ich durfte ihren Tod zu meinem machen. Manche Tode sind von Bedeutung, aber meiner … meiner sollte mir Frieden bringen. ›Die Endwelt, die Endwelt, in der zum Sterben der Tod fehlt und nichts Vergänglichkeit bringt. Aus großen Häusern dringt Flehen um der Dinge Vergehen, ein trauriger Ton, der nach Endgültigkeit klingt.‹«
Ich spürte das Stück Holz in meiner Hand und stieß es der Kreatur in die Kehle, bis meine Hände in die feuchte Masse ihres Fleisches tauchten. Das Lachen versiegte, nicht aber die Stimme des Wesens.
Rauch wogte in den Raum. Die Hitze war unerträglich. Ich konnte kaum atmen. Ich nahm Henry den Stapel Bücher aus der Hand, fand die Schere ganz unten im Koffer und schnitt das Band durch, das sie alle zusammenhielt.
»Sind Sie bereit?«
Henry starrte auf die Kreatur am Boden, die noch immer vor sich hin zu kichern schien. »Uns bleibt kaum eine andere Wahl, oder?«
Ich hatte das Buch schon fast geöffnet, als mir einfiel, dass alle meine Sachen verbrennen würden. Ich ging zu meinem Nachttisch und suchte den Ehering, die Haarlocke meiner Mutter und die Pfeife meines Vaters zusammen. Dies waren die letzten Relikte meiner Familie, die letzten Stücke meiner Vergangenheit. Ich würde sie auf keinen Fall zurücklassen.
Der Junge mit den Schlüssellochaugen hatte seine Kette wie eine Leine um den Hals der Kreatur geschlungen und streckte mir seine Hand entgegen. Ich ergriff sie und ging zu Henry, würgend, die Augen tränten. Zusammen schlugen wir drei den Buchdeckel zu Geheimnisse der Endwelt auf.
ACHTZEHNTES KAPITEL
Charlotte im Untergrund
Vor dem Tor zum Schloss wurde das Buch heiß in meinen Händen und zerfiel ohne Feuer zu Asche. Die Verbindung mit Everton endete in den Flammen des Hauses. Wir konnten nichts anderes tun, als unseren Weg fortzusetzen. Henrys Blick folgte der Asche, die im Wind zerstob.
»Unser Zuhause …«
Ich legte meine Hand auf seine Schulter.
»Häuser können wieder aufgebaut werden, besser als sie je waren.«
Er nickte düster, und der schmutzige kleine Junge führte uns in die verfallende steinerne Festung hinein. Er zog die blutigen, murmelnden Überreste des Wesens, das einst Roland der Gärtner gewesen war, hinter sich her. Die Herrin des Schlosses, noch immer prächtig anzusehen in all dem verfallenden Prunk, begrüßte uns halb oben auf der eingefallenen Treppe. Der Junge reichte ihr die Kette, und sie tätschelte seinen Kopf, während sie sich dicht an die angekettete Kreatur beugte.
»Weißt du, wer ich bin?«, fragte sie.
»Ja, meine Lady«, erwiderte das Ding und wich ihrem harten, stählernen Blick aus.
»Und du bist einverstanden, mir freiwillig zu dienen?«
»Ja, meine Lady«, erwiderte es mit einem wimmernden Laut.
»Dann ist es beschlossen.« Sie reichte ihren anderen Kindern seine Kette, und sie führten Roland tiefer in die verborgenen Bereiche des Schlosses. Der kleine Junge mit den schmutzigenFingernägeln blieb bei seiner Herrin. Die Frau bat uns, ihr in einen Raum im Obergeschoss zu folgen. Henry legte zitternd den Arm um mich, aber es war nicht klar, wem von uns beiden das Mut machen sollte.
Der Raum bestand aus Glas und Fenstern, einem Wintergarten nicht unähnlich, wenn es solch einen Ort in der Endwelt geben könnte. Der mächtige Mond hing tief am Himmel. Wir befanden uns so hoch oben im Schloss, dass sich der Horizont im Meer der Sterne verlor. Die Frau nahm auf einem hochlehnigen silbernen Thron Platz und musterte uns ausdruckslos.
»Ihr sucht einen sicheren Übergang in die Endwelt«, sagte sie. Das schien Henry aus seiner Niedergeschlagenheit zu reißen.
»Meine Kinder werden gegen ihren Willen festgehalten.«
»Das ist mir nicht entgangen. Geiseln. Ihre fortgesetzte Gegenwart in unserer Welt hat uns an den Rand des Krieges gebracht. Wäre es nicht verantwortungslos von mir, die Lage mit zwei weiteren Menschen zu verschärfen?«
»Im Gegenteil«, erwiderte ich, »die Befreiung der Kinder würde dazu beitragen, die Spannungen zu lösen.«
Die Frau schwieg einen Moment. Ihre Finger strichen über die Ketten an ihren
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