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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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genommen. Sie wollte nicht heiraten, aber ich war da und sie mochte mich gern. Es war keine Liebe, bei der mir das Herz schmerzte, aber wir hatten eine nette Regelung und wenig Geheimnisse voreinander. Sie steckte bis zum Hals in finanziellen Problemen, als dieser Schurke auftauchte. Jetzt ist alles weg. Irgendjemand hat hieran viel Geld verdient, aber es hingen Blut und Tränen daran, und jetzt ist der Kerl tot.« Er schaute mich an. »Wenn Stef sagt, dass er es nicht getan hat, dann ist das so. Stef ist ein Hitzkopf, aber kein Lügner. Können wir nicht einen Schnaps trinken gehen?«
    Wir spazierten an dem breiten Rasenstreifen zwischen dem Zugangsweg und der niedriger gelegenen Tangente entlang, vorbei an großen runden Pflanzgefäßen mit Veilchen und Petunien.
    Am Tor zum alten Zentrum stand ein großer Findling auf einem Sockel. »Sie gehen gerade über die Fundamente der alten Stadtmauer«, sagte Goverts.
    »Inwiefern war Stef anders?«, fragte ich.
    »Elise hat es sich nie eingestehen wollen, aber mir war das schon klar, als er ein fünfzehnjähriger Junge war. Ich glaube, deswegen ist er beim Militär hängen geblieben und Berufsunteroffizier geworden. Genauer gesagt, er hat sich für lange Jahre verpflichtet. Das war eine Männerwelt.«
    »War?«
    Er grinste. »Heutzutage fliegen auch Frauen Düsenjäger.«
    »Warum ist er ausgestiegen?«
    »Absurderweise weil die Berufsarmee kam. Ihm wurde dann eine gute Stelle als Chef des Sicherheitsdienstes bei Waltros angeboten.«
    »Hat er einen festen Freund?«
    Goverts blieb vor der Tür einer Kneipe am Anfang der Straße stehen und schaute mich nachdenklich an. »Wenn es nur so wäre, dann hätte er vielleicht ein Alibi.« Er schüttelt den Kopf. »Stef wohnt allein in einer Wohnung unten in der Ganskuyl. Es war sein erster Urlaubstag, am nächsten Morgen fuhr er nach Belgien.«
    In der urigen Wirtschaft hob ein alter Mann am Tresen die Hand und rief: »Hallo, Frank, wie geht’s?« Der Wirt trug eine Brille und hatte einen dicken Schnurrbart. Er winkte Frank zu sich unter seinen Baldachin aus Flaschen. »Hast du schon was von Stef gehört?«
    »Alles, was ich weiß, kannst du auch in der Zeitung lesen«, antwortete Frank. »Bring mir mal einen jungen Jenever und eine Portion Hackbällchen, der Meneer da bezahlt.«
    Ich bestellte Kaffee und einen kleinen Cognac und folgte Goverts zu einem Tisch weiter hinten. Der Schäferhund kroch darunter, als sei es sein gewohnter Stammplatz. Es lief keine Musik, das Lokal war eine Oase der Ruhe. Inzwischen war es nach fünf. Jenseits der großen Fensterscheibe fuhren Autos und Fahrradfahrer geräuschlos aus dem Zentrum hinaus und ins Zentrum herein.
    »Unsere Welt ist klein«, sagte Frank. »Ich will es gar nicht mehr erleben, dass das hier die zweite Konferenzstadt im Herzen der Niederlande wird.«
    »Du wirst dich damit abfinden müssen, alter Junge«, erwiderte der Wirt, während er uns bediente. »Die Stadt verändert sich seit Jahren, nichts bleibt, wie es war.«
    »Willem ist ein Philosoph«, sagte Goverts. »Warte nur, bis die auf die Idee kommen, deine runtergekommene Kneipe abzureißen und stattdessen ein Parkhaus zu bauen, dann redest du auch anders.«
    »Das hinge vom Kaufpreis ab.« Der Wirt lachte und verschwand.
    »Sogar dein Schnurrbart ist altmodisch«, rief Goverts ihm hinterher und brummelte: »Früher trug die ganze Stadt Schnurrbärte, fragen Sie mich nicht, warum, es war wohl irgendwie ansteckend.«
    »Erzählen Sie mir etwas über Stef«, sagte ich.
    Sein Tonfall veränderte sich. »Stef ist ein guter Junge. Er war Einzelkind, liebte seine Mutter abgöttisch, logisch, seinen Vater hatte er verloren. Er hätte ein Muttersöhnchen werden können, aber so kam es nicht. Stef ist zwar schwul, aber ein harter Kerl und garantiert keine Memme. Das Hotel war nichts für ihn, er hatte nie Lust, Nachfolger seiner Mutter zu werden. Er ist am liebsten draußen an der frischen Luft.«
    »Spielt er Golf?«
    »Das würde mich wundern, Stef hat wenig übrig für dieses schicke Getue. Fußball war sein Sport, er hat für einen Amateurclub in der Nähe seines Standortes gespielt.«
    »Und die Jagd, nicht wahr?«
    »Ja, er nimmt sich immer in der Jagdsaison Urlaub, dann fährt er in die Ardennen.«
    »Mit seiner Mauser.«
    »Kann schon sein, mit Waffen kenne ich mich nicht aus. Als Junge hat er mit dem Luftgewehr auf die Tauben im Park geschossen. Ich weiß natürlich, dass er zum Scharfschützen ausgebildet wurde, er hat bei

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