Charlston Girl
vielleicht seine Flugdaten nennen. Natürlich sage ich sie niemandem weiter!«, füge ich lachend hinzu.
Es ist ein totaler Bluff. Ich weiß nicht mal, ob er von dort, wo er ist, zurückfliegt. Vielleicht nimmt er die Queen Elizabeth 2, oder er reist im maßgeschneiderten U-Boot. Mich überrascht nichts mehr.
»Lara«, seufzt Sam. »Ich hab eben mit Sarah gesprochen. Sie hat mir erzählt, dass Sie Bill sprechen möchten. Außerdem hat sie mir mitgeteilt, dass Sie Hausverbot haben.«
»Hausverbot ?« Ich bemühe mich, schockiert zu klingen. »Ist das Ihr Ernst? Ich habe absolut keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Ich will nur eine kleine Geburtstagsüberraschung für meinen Onkel organisieren...«
»Er hatte schon letzten Monat Geburtstag.«
»Tja... ich bin spät dran.«
»Lara, ich darf keine vertraulichen Informationen herausgeben«, sagt Sam sanft. »Überhaupt keine Informationen. Tut mir leid. Schönen lag noch.«
»Okay. Also... danke.« Ich knalle den Hörer auf. Verdammt.
»Alles okay?« Besorgt blickt Kate auf.
»Ja. Super.« Ich bringe ein Lächeln zustande. Doch als ich in die Küche gehe, atme ich schwer, und das Blut wallt in mir auf, gallig vor Frust. Bestimmt schadet das alles meiner Gesundheit. Auch das geht auf Onkel Bills Konto. Ich stelle den Wasserkocher an, lehne mich an den Küchentresen und versuche, mich zu beruhigen, indem ich tief durchatme.
Hare, hare... die Rache ist mein... hare, hare... ich muss geduldig sein...
Das Problem ist, dass ich keine Lust mehr habe, geduldig zu sein. Ich nehme mir einen Teelöffel und knalle die Schublade zu.
»Du meine Güte!« Sadie taucht auf, hockt auf dem Herd. »Was ist los?«
»Du weißt genau, was los ist.« Ruppig nehme ich meinen Teebeutel heraus und werfe ihn in den Müll. »Ich will wissen, wo er ist!«
Sadies Augen werden größer. »Mir war nicht klar, dass du so aufgebracht bist.«
»War ich erst auch nicht. Bin ich aber jetzt. Mir reicht‘s.« Ich schwappe Milch in meinen Tee und stelle sie wieder in den Kühlschrank. »Ich weiß ja, dass du großherzig bist, aber ich verstehe nicht, wie du so sein kannst. Ich würde ihm am liebsten... eine reinhauen. Jedes Mal, wenn ich an einem Lingtons Coffee Shop vorbeikomme, sehe ich stapelweise Zwei Kieme Münzen- Bücher. Am liebsten würde ich reingehen und schreien: ›Hört auf mit dem Quatsch! Es waren keine zwei kleinen Münzen! Es war das Vermögen meiner Großtante!«« Ich seufze und nehme einen Schluck Tee. Dann blicke ich neugierig zu Sadie auf.
»Willst du es ihm denn nicht heimzahlen? Du kommst mir vor wie eine Heilige.«
»›Heilige‹ ist wohl ein zu großes Wort...« Sie streicht ihr Haar zurück.
»Ist es nicht. Du bist einsame Spitze!« Ich nehme den Becher in beide Hände. »Wie du immer gleich zum Nächsten übergehst. Wie du dich nie mit irgendetwas aufhältst. Wie du immer das große Ganze im Auge behältst.«
»Immer voran«, sagt sie. »So habe ich es stets gehalten.«
»Nun, ich bewundere dich wirklich. An deiner Stelle würde ich ihn... vernichten wollen.«
»Ich könnte ihn vernichten.« Sie zuckt mit den Schultern.
»Ich könnte nach Südfrankreich gehen und ihm das Leben zur Hölle machen. Aber würde ich dadurch ein besserer Mensch werden?« Sie schlägt sich an die schmale Brust. »Würde ich mich danach besser fühlen?«
»Südfrankreich?« Verwundert starre ich sie an. »Was meinst du mit Südfrankreich?«
Plötzlich weicht Sadie mir aus. »Es war nur eine... Mutmaßung. Da würde er hinfahren. Da fahren reiche Leute doch hin, oder?«
Wieso weicht sie meinem Blick aus?
»Oh mein Gott!« Ich stöhne auf, als es mir plötzlich klar wird. »Du weißt, wo er ist, oder? Sadie!«, rufe ich, als sie blass wird. »Wag bloß nicht zu verschwinden!«
»Na gut.« Sie kommt zurück, zieht eine Schnute. »Ja, ich weiß, wo er ist. Ich hab mich in sein Büro geschlichen. Es war ganz leicht herauszufinden.«
»Und warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Weil...« Sie zuckt kaum merklich mit den Schultern.
»Weil du nicht zugeben wolltest, dass du genauso gemein und rachsüchtig bist wie ich! Also, komm schon! Was hast du mit ihm angestellt? Jetzt kannst du es mir auch sagen.«
»Überhaupt nichts habe ich angestellt!«, sagt sie überheblich. »Oder wenigstens ... nicht viel. Ich wollte ihn mir nur mal ansehen. Er ist sehr, sehr reich, nicht?«
»Unfassbar.« Ich nicke. »Wieso?«
»Anscheinend gehört ihm ein ganzer Strand. Da habe ich ihn gefunden.
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