Charlston Girl
Er lag auf einer Liege in der Sonne, von oben bis unten eingecremt, und etwas abseits bereiteten ihm mehrere Diener etwas zu essen. Er sah schrecklich selbstgefällig aus.« Ein Ausdruck von Ekel zieht über ihr Gesicht.
»Wolltest du ihn nicht am liebsten anschreien? Wolltest du dich nicht auf ihn stürzen?«
»Um ehrlich zu sein... habe ich ihn auch angeschrien«, sagt sie nach einer kurzen Pause. »Ich konnte nicht anders. Ich war so wütend.«
»Gut so! Was hast du denn gesagt?«
. Ich bin gespannt wie ein Flitzbogen. Ich kann es nicht dass Sadie ganz allein bei Onkel Bill an seinem Privatstrand war. Offen gesagt, bin ich etwas gekränkt, dass sie mich nicht mitgenommen hat. Aber andererseits hat sie wahrscheinlich alles Recht der Welt, sich ihre Rache auszusuchen. Und ich bin froh, dass sie es ihm gezeigt hat. Ich hoffe, er hat jedes Wort gehört. .
»Also, komm schon, was hast du ihm gesagt?«, beharre ich. »Sag es mir Wort für Wort, von Anfang an.«
»Ich habe ihm gesagt, dass er dick ist«, sagt sie zufrieden.
Einen Moment denke ich, ich muss mich verhört haben.
»Du hast ihm gesagt, dass er dick ist?« Ungläubig starre ich sie an. »Das ist alles? Das war deine Rache?«
»Es ist die perfekte Rache!«, erwidert Sadie. »Er sah sehr, sehr unglücklich aus. Er ist ein ausgesprochen eitler Mann.«
»Also, ich glaube, das können wir noch besser«, sage ich energisch und stelle meinen Becher ab. »Hier ist mein Plan, Sadie. Du wirst mir erzählen, wohin ich einen Flug buchen muss. Und wir beide sitzen morgen im Flugzeug. Du wirst mich zu ihm bringen. Okay?«
»Okay.« Plötzlich leuchten ihre Augen auf. »Es wird wie Urlaub sein!«
Sadie hat das Thema Urlaub ernst genommen. Etwas zu ernst, wenn man mich fragt. Für unsere Reise hat sie sich ein rückenfreies, wallendes Outfit aus oranger Seide ausgesucht, das sie »Beach Pyjama« nennt. Sie trägt einen immensen Strohhut, hat einen Sonnenschirm und einen Weidenkorb dabei und summt ein Lied darüber, sur la plage zu sein.
Sie ist so guter Laune, dass ich sie am liebsten anschnauzen möchte. Das hier ist eine ernste Angelegenheit und sie soll endlich mal damit aufhören, die Schleifen an ihrem Hut zu zwirbeln. Für sie ist das alles kein Problem. Sie hat Onkel Bill ja schon gesehen. Sie hat ihn angeschrien. Sie konnte sich abreagieren. Ich nicht. Ich bin nicht ruhiger geworden. Ich habe keine Distanz. Ich will, dass er dafür bezahlt. Ich will, dass er leidet. Ich will, dass er...
»Noch etwas Champagner?« Neben mir erscheint eine lächelnde Stewardess.
»Oh.« Ich zögere, dann halte ich ihr mein Glas hin. »Na gut... okay. Danke.«
Mit Sadie zu reisen, ist eine Erfahrung wie keine andere. Am Flughafen hat sie die Passagiere angeschrien, und schon wurden wir ganz nach vorn durchgereicht. Dann hat sie das Mädchen beim Checkin angekreischt, und ich kam in die Business Class. Und jetzt füllt mich die Stewardess mit Champagner ab. (Allerdings bin ich nicht sicher, ob es an Sadie liegt oder daran, dass ich erster Klasse reise.)
»Ist es nicht himmlisch?« Sadie gleitet auf den Sitz neben mir und beäugt sehnsuchtsvoll meinen Champagner.
»Ja, toll«, knurre ich und tue, als spräche ich in ein Diktaphon.
»Wie geht es Ed?« Sie schafft es, zehn anzügliche Untertöne in einer Silbe unterzubringen.
»Gut, danke«, sage ich fröhlich. »Er denkt, ich treffe mich mit einer alten Schulfreundin.«
»Du weißt, dass er seiner Mutter von dir erzählt hat?«
»Was?« Ich drehe mich zu ihr um. »Woher weißt du das?«
»Ich kam neulich Abend zufällig an seinem Büro vorbei«, sagt Sadie leichthin. »Ich dachte, ich schau mal rein, und er war am Telefon. Ich habe rein zufällig ein paar Brocken seines Gespräches mitbekommen.«
»Sadie«, zische ich. »Hast du ihm nachspioniert?«
»Er sagte, es ginge ihm sehr gut in London.« Sadie ignoriert meine Frage. »Und dann sagte er, er hätte jemanden kennengelernt und sei froh, dass Corinne getan hat, was sie getan hat. Er sagte, er hätte es sich nicht vorstellen können, und er hätte auch nicht danach gesucht... aber es sei eben passiert. Und seine Mutter sagte, sie sei so froh und könne es kaum erwarten, dich kennenzulernen, und er sagte: »Immer mit der Ruhe, Mom.‹ Aber er hat dabei gelacht.«
»Oh. Na... da hat er recht. Wir sollten lieber nichts überstürzen.« Ich gebe mir Mühe, lässig zu klingen, doch innerlich leuchte ich vor Stolz. Ed hat seiner Mutter von mir erzählt!
»Bist du
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