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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kartons herum. Vielleicht wurde die Kette versehentlich mit eingesammelt.«
    Sie klingt so nüchtern, dass ich plötzlich in Sadies Namen böse werde.
    »Aber so ein Fehler darf doch nicht passieren! Die Sachen sollten sicher sein! Halsketten dürfen nicht so einfach verschwindend »Im Keller steht ein Safe«, wirft Ginny kleinlaut ein. »Wir bitten die Bewohner, echte Wertgegenstände dort aufzubewahren. Diamantringe und so. Wenn die Kette wertvoll war, hätte man sie wegschließen sollen...«
    »Sie war nicht wirklich wertvoll. Das glaube ich nicht. Sie war nur... wichtig.« Ich setze mich und reibe mir die Stirn, versuche, meine Gedanken zu sortieren. »Können wir sie irgendwie auftreiben? Wissen Sie, wer alles auf diesem Flohmarkt war?« Zweifelnde Blicke gehen hin und her. Ich seufze. »Sagen Sie es nicht! Sie haben keine Ahnung...«
    »Doch, haben wir!« Abrupt stellt die dunkelhaarige Schwester ihren Becher ab. »Haben wir die Liste von der Tombola noch?«
    »Die Tombolaliste!«, sagt Ginny erleichtert. »Natürlich! Alle, die da waren, haben ein Los gekauft«, erklärt sie mir. »Alle haben Namen und Adresse hinterlassen, für den Fall, dass sie was gewonnen haben. Der erste Preis war eine Flasche Bailey s« fügt sie stolz hinzu. »Und es gab ein Geschenkset mit Seifen von Yardley...«
    »Haben Sie die Liste?« Ich fahre ihr über den Mund. »Könnte ich die haben?«
    Fünf Minuten später halte ich eine vierseitige Kopie der Liste mit allen Namen und Adressen in Händen. Siebenundsechzig sind es insgesamt.
    Siebenundsechzig Möglichkeiten.
    Nein, »Möglichkeiten« ist ein zu starkes Wort. Siebenundsechzig vage Chancen.
    »Danke.« Ich lächle und gebe mir Mühe, nicht allzu mutlos zu klingen. »Ich werde mir die Kandidaten mal ansehen. Aber falls Sie doch zufällig darauf stoßen sollten...«
    »Selbstverständlich! Wir halten die Augen offen, stimmt‘s?«, wendet sich Ginny an die Runde und die anderen nicken.
    Ich folge Ginny durch den Korridor zurück, doch als wir uns der Haustür nähern, zögert sie.
    »Wir haben ein Gästebuch, Lara. Ich weiß nicht, ob Sie vielleicht was hineinschreiben möchten?«
    »Oh.« Ich zögere verlegen. »Ah... ja. Wieso nicht?«
    Ginny nimmt ein großes, rotes Buch und blättert darin herum.
    »Jeder Bewohner hat seine eigene Seite. Sadie hatte nie viele Einträge, und da Sie schon mal hier sind, dachte ich, es wäre vielleicht nett, wenn Sie unterschreiben würden, obwohl sie gar nicht mehr bei uns ist...« Ginnys Wangen färben sich rot ein. »Ist das albern von mir?«
    »Nein, das ist nett von Ihnen.« Wieder melden sich meine Schuldgefühle. »Wir hätten öfter kommen sollen.«
    »Hier ist es...« Ginny blättert die cremefarbenen Seiten um. »Oh, sehen Sie! Sie hatte dieses Jahr doch schon Besuch! Vor ein paar Wochen. Ich war im Urlaub. Das habe ich wohl verpasst.«
    »Charles Reece«, lese ich, während ich Lara Lington quer über die Seite schreibe, schön groß, um den Mangel an Einträgen zu kompensieren. »Wer ist Charles Reece?«
    »Wer weiß?« Sie zuckt mit den Schultern.
    Charles Reece. Fasziniert starre ich den Namen an. Vielleicht war er Sadies bester Freund aus Kindertagen. Oder ihr Liebhaber. Oh mein Gott, ja! Vielleicht ist er ein netter, alter Herr, der am Stock geht und kam, um ein letztes Mal die Hand seiner liebsten Sadie zu halten. Und jetzt weiß er gar nicht, dass sie tot ist, und wurde nicht mal zur Beerdigung eingeladen...
    Wir sind wirklich eine lausige Familie.
    »Hat er eine Adresse oder irgendwas hinterlassen, dieser Charles Reece?« Ich blicke auf. »War er sehr alt?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich könnte mich mal umhören...« Sie nimmt das Buch, und ihre Miene hellt sich auf, als sie meinen Namen liest. »Lington! Irgendwie mit Lingtons-Kaffee verwandt?«
    Oje. Dem bin ich heute nicht gewachsen.
    »Nein.« Ich lächle kraftlos. »Reiner Zufall.«
    »Nun, es war mir ein Vergnügen, Sadies Großnichte kennenzulernen.« Als wir zur Haustür kommen, schließt sie mich herzlich in die Arme. »Wissen Sie, Lara, ich glaube, Sie haben etwas von Sadie an sich. Sie beide haben denselben Esprit. Und ich spüre dieselbe Liebenswürdigkeit.«
    Je netter diese Schwester zu mir ist, desto mieser fühle ich mich. Ich bin nicht liebenswürdig. Ich meine, mal ehrlich! Ich habe meine Großtante kein einziges Mal besucht. Ich mache keine Fahrradtouren für wohltätige Zwecke. Okay, manchmal kaufe ich einem Obdachlosen ein Big Issue ab, aber nicht, wenn

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