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Charons Klaue

Charons Klaue

Titel: Charons Klaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Rücken zu der dunklen Stadt ans Geländer. Ihre Augen beobachteten das schwarze Zimmer hinter der Glastür.
    Es verstrich viel Zeit, aber das machte ihr nichts aus, weil sie sich unablässig bemühte, alle ihre Möglichkeiten und deren jeweiliges Potenzial auszuloten.
    Schließlich hörte sie ein Schloss klicken. Gleich darauf schwang die Balkontür auf, und Erzgo Alegni tauchte vor ihr auf. Aus seiner Miene waren Vorfreude und harte Entschlossenheit abzulesen.
    Vor allem aber war er nicht überrascht, sie hier zu sehen. Arunika stand dreißig Fuß über dem Boden auf einem Balkon ohne Treppe vor einer verschlossenen Tür. Dennoch überraschte ihr Anblick ihn nicht.
    Sein verdrehter Hexer hatte Invidoo demnach viel entlockt. Arunikas Verdacht war endgültig bestätigt.
    Sie begegnete Alegnis hartem Blick mit einem entwaffnenden Lächeln.
    »Behalte deine Feinde in der Nähe«, zitierte Alegni ein beliebtes Kriegersprichwort.
    »Feinde?«, fragte Arunika derart unschuldig, dass Alegni begriff, dass sie nichts abstreiten wollte.
    Ihre Mimik, ihre Haltung und ihr freches Grinsen waren unwiderstehlich. Ein Lächeln zog über Alegnis breites Gesicht.
    »Du hast gewonnen, Erzgo Alegni«, stellte Arunika fest. »Welche Feinde sind denn noch übrig?«
    »Allerdings«, erwiderte er wenig überzeugend.
    Die Teufelin lächelte noch gewinnender und breitete erneut die Flügel aus, als sie geziert auf den hochgewachsenen Tiefling zuschritt. »Wie nahe hättest du deine Feinde denn gern?«, flüsterte sie mit belegter, rauchiger Stimme und schlug ihre Teufelsflügel um ihn.
    »Nahe genug zum Töten«, antwortete Alegni.
    Dieser Herausforderung konnte Arunika nicht widerstehen. Wo Bruder Anthus versagt hatte, triumphierte Erzgo Alegni.

3
    Der Zauberspinner
    Das ist nicht die Zwergenheimat, teilten Jearths Finger Ravel Xorlarrin mit. Die Vorhut der Expedition, die mittlerweile anderthalb Zehntage außerhalb von Menzoberranzan durch das Unterreich zog, war auf eine gewaltige Höhle gestoßen, deren Wände in verschiedene Ebenen unterteilt waren. Die erste Nachricht hatte darauf hingedeutet, dass es sich um eine einfache Kaserne oder Vorstadt handeln könnte, doch Jearth war offenbar anderer Meinung.
    Seid Ihr Euch ganz sicher?
    Jearth nickte und nickte dann noch einmal, um auf Tiago Baenre hinzuweisen, der sich auf seiner berühmten Echse Byok näherte. »Das sind Ork-Behausungen«, sagte er laut, um Tiago in das Gespräch einzubeziehen. »Es wimmelt nur so von Orks und Grottenschraten.«
    »Dann dürften wir der Oberfläche näher sein, als wir dachten«, überlegte Ravel und nickte Tiago kurz zur Begrüßung zu, ehe er sich wieder Jearth zuwandte. »Wir sollten Späher in alle nach oben führenden Tunnel schicken – vielleicht Euren Freund hier –, um herauszufinden, ob wir aus den Höhlen herauskommen können.«
    Dass er Tiago Baenre, einen Edlen aus dem Ersten Haus von Menzoberranzan und höchstwahrscheinlich der nächste Waffenmeister dieser wichtigsten Drow-Familie, als Späher bezeichnete, entlockte Tiago ein feines Lächeln, das jedoch weniger Belustigung verriet, sondern den Wunsch des jungen Baenre, Ravel zu zeigen, dass sein Kommentar angekommen war und er ihn sich merken würde.
    Aus Stolz hätte Ravel gern darauf reagiert, doch er war klug genug, diese törichte Anwandlung zu unterdrücken.
    »Wir haben bereits geeignete Späher ausgeschickt«, erklärte der klügere, ältere Jearth, »um die Gänge zu erkunden.«
    Als Ravel zu einer Erwiderung ansetzte, warf Jearth ihm einen warnenden Blick zu.
    Ravel hasste die ganze Situation. Freiwillig hätte er keinen Baenre mitgenommen. Wie viele seiner Familienmitglieder hasste auch er das Haus Baenre aus tiefstem Herzen. Das gaben die Xorlarrins natürlich nur ungern zu, weil sie ihr Gift normalerweise für Barrison Del’Armgo, das Zweite Haus von Menzoberranzan, aufsparten. Die erbittertsten Kämpfe im Rat der Acht focht Oberinmutter Zeerith in der Tat mit der Oberin von Barrison Del’Armgo aus.
    Denn wer würde sich schon offen gegen Quenthel Baenre äußern?
    Und dieser junge Baenre war ganz aus ihrem Holz geschnitzt, wie Ravel wusste. Er beobachtete Tiago sehr genau, als der junge Krieger graziös absaß und seine makellose Kleidung und die silberne Kettenrüstung zurechtzupfte, noch ehe er richtig stand. Die kurzen weißen Haare waren nach der neuesten Mode frisiert und so elegant wie seine gesamte Erscheinung – das markante, schmale Gesicht, die glitzernden Augen,

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