Charons Klaue
töten.
Unwillkürlich verzog er das Gesicht, als Dahlias perfekt koordinierte Flegel vor einem der Shadovar-Sklaven wirbelten. Er wusste, was jetzt folgen würde, und konnte nur wegsehen und sich erneut dem Abolethen widmen, während Dahlias tödliche Waffen wieder und wieder auf den Schädel des Schatten einhämmerten, seine Haut aufplatzen ließen, Knochen zertrümmerten und das Gehirn zu Brei schlugen.
Entreri zeigte sich kaum gnädiger, sondern erinnerte Drizzt an die wahre Natur dieses Mannes, der ihn mit seiner Vergangenheit verband, und zertrümmerte dabei jeden nostalgischen Gedanken angesichts dieses wiederaufgetauchten alten Erzfeindes. Der Drow holte hörbar Luft, als Entreris Schwert einem Menschensklaven so tief in den Leib fuhr, dass es aus seinem Rücken wieder herauskam. Entreri zog die Klinge fast augenblicklich zurück, drehte sich einmal um sich selbst und schnitt dem Fallenden mit einem letzten Hieb die Kehle durch.
Obwohl der Mann bereits besiegt war, konnte der bösartige Artemis Entreri dem Todesstoß nicht widerstehen.
Es waren zu viele Zweifel, die auf Drizzt einstürmten, Zweifel über seinen Weg und seine Begleitung, aber er schob sie beiseite, denn er sagte sich, dass auch sie den tückischen Botschaften seines Gegners entsprangen. So bündelte er seine ganze Enttäuschung und seine Wut in einen neuen, gezielteren Angriff auf den Abolethen, der ihn unterwerfen wollte.
Blaues Licht fuhr mit Wucht herunter und zerschmetterte einen Knochen. Sofort folgte ein Stich mit Eisiger Tod, der die Öffnung durchdrang und nach dem Gehirn der Kreatur suchte.
Immer das Gehirn, aus dem solche Wesen ihre Kraft bezogen.
Drizzt sprang rittlings über den zappelnden, sich windenden Abolethen und stieß seine Krummsäbel abwechselnd in die Öffnung. Als der eine tief eingedrungen war, drehte der Drow das Handgelenk und zog ihn erst nach links und dann nach rechts, um die innere Verbindung zu durchtrennen.
Er sah, wie der letzte Sklave, ein Shadovar, auf ihn zurannte, um seinen geliebten Herrn zu retten.
Zu spät. Guenhwyvar schlug mit Zähnen und Klauen zu, und Drizzts Säbel fanden ihr Ziel.
Der Aboleth platschte ausgestreckt auf den Stein, wo er totenstill liegen blieb.
Der herbeistürmende Shadovar kam zum Halten und starrte Drizzt verwirrt an. Prompt fragte sich der Drow, ob er womöglich gerade einen Verbündeten gewonnen hatte, der sie an Alegnis Truppen vorbeiführen konnte. Er kannte die tiefe Dankbarkeit, die manch einer nach einer derartigen Versklavung seinen Rettern entgegenbrachte.
Doch noch ehe er diesen Ansatz weiterverfolgen konnte, lenkte ihn eine Gestalt ab, die von hinten auf den befreiten Sklaven losging.
»Dahlia, nicht!«, rief er noch, aber dazwischen erklang das Knacken, als Dahlias Flegel dem Shadovar von der Seite her den Schädel einschlug. Dieser kraftvolle Schlag allein wäre vermutlich tödlich gewesen, doch Dahlia ging kein Risiko ein und ließ einen Hagel schwerer Hiebe folgen.
»Hast du denn keinen Augenblick überlegt, dass er uns wertvolle Informationen liefern könnte?«, fuhr Drizzt die Elfe an.
Dahlia war unbeeindruckt. Sie betrachtete den toten Shadovar und spuckte nach ihm. »Das ist ein Nesser-Hund«, sagte sie, als ob das alles erklärte. »Der hätte uns sowieso nur belogen.«
»Er hätte etwas über Alegnis Sicherheitsvorkehrungen wissen können«, sagte Drizzt. »Wir wissen nicht, wie lange er schon versklavt war …«
»Erledigt ist erledigt«, sagte Entreri. Als Drizzt und Dahlia sich nach ihm umdrehten, wies er auf die beiden Menschen, den, den Drizzt niedergestreckt hatte, und einen anderen. Beide lebten noch und waren zwar verwundet, aber nicht tödlich getroffen. Ein dritter, eine Frau, war zwar noch am Leben, doch ihre Verletzungen sahen weitaus schlimmer aus.
Drizzt zog seinen Rucksack ab und eilte zuerst zu der schwer Verwundeten. Mit Hilfe von Verbandszeug und einem Umschlag aus zerdrückten Kräutern brachte er die Blutung rasch zum Stillstand. Nachdem ihm dies gelungen war, sah er seine Begleiter an, die ihn ungläubig anstarrten.
»Kümmert euch um die anderen!«, blaffte er.
»Sie haben uns angegriffen«, erinnerte ihn Dahlia.
»Dieses … dieses Ding hat uns angegriffen«, sagte Drizzt. »Kümmert euch um sie!«
Dahlia warf Entreri einen skeptischen Blick zu, und zu Drizzts Verdruss schien sie noch weniger Gnade zu kennen als Artemis Entreri.
»Kümmert euch um sie, oder wir – zumindest ich – bleiben hier«, warnte Drizzt.
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