Charons Klaue
umkehrte und den Drow tötete.
Seine Schritte wurden langsamer. Er konnte kaum glauben, dass er sich dem Eindringen so lange widersetzt hatte, doch selbst sein ungläubiges Staunen darüber kam ihn teuer zu stehen.
Einmal hatte Entreri den Bürgern von Niewinter in einem unverschämten Impuls gestattet, diese Brücke den »Weg des Barrabas« zu nennen. Erzgo Alegni hatte geschäumt vor Wut! Und er hatte ihn hart bestraft!
Über sein Schwert.
An diesen Schmerz konnte er sich lebhaft erinnern.
Aber er verwendete die Erinnerung an jene Qual nicht so, wie sie beabsichtigt war. Die Strafe hatte eine Warnung sein sollen, doch jetzt benutzte Entreri sie, um seinen Hass auf Klaue und Alegni zu nähren, und ganz besonders seinen Hass auf … Barrabas den Grauen.
»Der Weg des Barrabas«, flüsterte er hörbar. »Der Weg des Barrabas.«
Diese vier Worte wurden sein Mantra, eine Erinnerung an die Qualen, die Alegni ihm zugefügt hatte, und an den Mann, der er gewesen war.
Klaue kreischte wütend in seinem Kopf. Er zitterte bei jedem Schritt.
Aber Artemis Entreri sagte: »Der Weg des Barrabas« und setzte stur einen Fuß vor den anderen.
Alegni brach durch die Aschemauer, stach und schlug mit seinem Schwert kraftvoll zu, und wenn Dahlia nicht richtig geraten und sich im letzten Moment zur Seite gerollt hätte, hätte er sie sicher niedergestreckt.
Alegni folgte ihr und erzeugte dabei immer neue Schleier, lachte sie aus, verspottete sie und war sicher, dass er sie in die Enge trieb.
Dahlia konnte das nicht abstreiten, besonders als sie beim Wegrollen durch eine Aschewand unsanft am Geländer landete. Sie war dem Rand der Brücke näher, als sie gedacht hatte.
Durch den schwarzen Wirbel, den sie verlassen hatte, sah sie Alegni zuversichtlich näher kommen.
Zu nahe!
Sie sah nach links und rechts, suchte einen Ausweg, und da bemerkte die Frau links etwas Merkwürdiges. Ihr Blick schien auch Alegni abzulenken, denn als sie sich aufrappelte und zu ihm zurückblickte, sah sie, dass auch er nun dorthin schaute.
»Barrabas?«, fragte er, und in seiner Stimme lag ein Selbstzweifel, den Dahlia bisher noch nicht vernommen hatte.
Die Elfe sprang auf, weil sie eine Chance witterte, aber sofort wandte Alegni sich wieder ihr zu und griff an.
Sie konnte weder nach links noch nach rechts ausweichen und den mächtigen Tiefling mit dem Rücken zum Geländer auch nicht mehr abwehren.
Deshalb wählte Dahlia den letzten Weg, der ihr blieb: Sie sprang über das Geländer.
Alegni stürmte vor und schlug zu, als Dahlia verschwand. Dann brüllte er wütend auf. So spät im Jahr stand das Wasser nicht tief. Die Brücke war hoch, der Untergrund steinig, und dieser verzweifelte Sprung bedeutete vermutlich ihr Ende.
Dennoch war es ein leerer Sieg angesichts der Schmerzen, die er Dahlia noch hatte zufügen wollen. Vielleicht konnten seine Männer sie finden, so hoffte er, und wieder so weit zusammenflicken, dass er sich mit ihr amüsieren konnte.
Vorläufig jedoch verbannte er jeden Gedanken an Dahlia und wandte sich Barrabas zu.
Barrabas!
Nein, nicht Barrabas der Graue, sondern Artemis Entreri, wie er erkannte, als Klaue ihm mitteilte, dass der Dummkopf sich irgendwie widersetzte.
»Beeindruckend«, sagte er so laut, dass Entreri es hören konnte.
Artemis Entreri reagierte nicht darauf, sondern marschierte einfach weiter, Kopf und Blick starr erhoben, auf den Lippen eine Art Mantra, das Alegni noch nicht richtig verstand.
Erzgo Alegni griff an seinen Gürtel und zog die Stimmgabel heraus. »Überleg dir das lieber noch einmal«, warnte er.
Artemis Entreri brüllte auf und sprang abrupt nach vorn.
Alegni schlug die Stimmgabel gegen das Schwert, und ihr Vibrieren setzte die Macht von Charons Klaue frei.
Wie nahe Entreri schon war! Kurz vor Alegni traf ihn die Woge und hielt ihn auf. Jeder Muskel seines Körpers schien in Flammen zu stehen. Er taumelte, er knurrte, und er fluchte ein letztes Mal: »Der Weg des Barrabas!«, bevor er sich auf den Knien wiederfand.
»Oh, was für ein Pech!«, höhnte Alegni, fauchte und schlug die Stimmgabel noch einmal gegen seine Klinge.
Entreri zog eine Grimasse. Die Adern auf seiner Stirn schwollen an, während er gegen die Energie ankämpfte. Beinahe wäre er flach auf dem Pflaster gelandet – alles schien genauso zu sein wie damals, als Alegni von dem Namen gehört hatte, der dieser Brücke zugedacht gewesen war.
Aber er fiel nicht. Nicht dieses Mal. Mochten die Wellen ihn in seiner Sturheit
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