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Charons Klaue

Charons Klaue

Titel: Charons Klaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Gedanken fühlen.
    Welchen Weg habe ich demnach beschritten? Ich bin mit Dahlia auf einen Rachefeldzug ausgezogen, nein, ihr gefolgt, denn schließlich ist sie es, die meine Schritte lenkt. Also bin ich meilenweit gelaufen, um Sylora Salm zu töten, was sicher legitim war, denn immerhin hatte sie den Urelementar befreit und Niewinter verwüstet. Sylora zu schlagen war also zweifellos eine gute Tat.
    Und ich bin nach Niewinter zurückgekehrt, um der Rache an diesem Tiefling willen, Erzgo Alegni – dabei kenne ich nicht einmal sein Verbrechen. Kann ich den Kampf damit rechtfertigen, dass er Artemis Entreri versklavt hat?
    Und kann ich es rechtfertigen, dass ich Artemis Entreri befreit habe? Vielleicht war seine Sklaverei in Wahrheit eine Gefangenschaft und die Strafe für ein Leben voller Bosheit. War dieser Alegni womöglich eher ein Wärter, der Entreri unter Kontrolle hielt?
    Woher soll ich das wissen?
    Ich schüttle den Kopf, wenn ich darüber nachdenke, dass ich eine Elfe liebe, die ich nicht begreife und die zweifellos vieles getan hat, womit ich freiwillig nichts zu tun haben möchte. Mehr über Dahlias Vergangenheit auszugraben würde vieles enthüllen, fürchte ich, vielleicht zu viel. Darum stochere ich lieber nicht darin herum.
    So sei es.
    Und das gilt auch für Artemis Entreri, bis darauf, dass ich einfach beschlossen habe, ihm noch einmal eine Chance zu geben. Ich akzeptiere, wer er war und was er war, und hoffe, dass er es an meiner Seite vielleicht wiedergutmachen will. Er hatte immer einen eigenen Ehrenkodex, ein Gefühl für Richtig und Falsch, auch wenn der Blickwinkel seiner gequälten Augen dies häufig grässlich verzerrte.
    Bin ich ein Narr? Was Dahlia angeht? Was Entreri angeht? Ein gedankenloser Narr? Eine einsame Seele, die in zu tiefen, zu wilden Gewässern treibt? Ein zorniges Herz, das zu viele Narben trägt, um sich Hoffnungen zu ergeben, die zweifellos falsch wären?
    Das ist das Salz in der Wunde und der schmerzhafteste Gedanke von allen.
    Das sind die Fragen, die ich Guenhwyvar gern stellen würde. Natürlich könnte sie nicht antworten, aber andererseits könnte sie es doch. Mit ihren Augen, ihrem klaren Blick und ihrer forschenden Ehrlichkeit erinnert sie mich daran, mich ebenso aufrichtig meinem eigenen Herzen zu stellen.
    Die Wellen und die reißende Strömung heben mich in die Höhe, lassen mich fallen und wirbeln mich herum, bis ich weder meine Füße noch meine Richtung erkennen kann. Ich sollte mich vor diesen unerwarteten Wendungen fürchten, die mich immer wieder an Orte führen, die nicht ich gewählt habe.
    Das sollte ich, aber ich kann nicht bestreiten, wie aufregend das alles ist – Dahlia, die wilder ist als die Straße, und Entreri, jenes Bindeglied zu einem anderen Leben, einer anderen Welt und Zeit. Die Gegenwart von Artemis Entreri macht mein Leben sicher komplizierter, versetzt mich aber auch in einfachere Zeiten zurück.
    Ich habe ihren Schlagabtausch gehört und die Blicke gesehen, die sie einander zuwerfen. Entreri und Dahlia sind einander ähnlicher als ich jedem von ihnen. Sie haben etwas gemeinsam, das ich nicht verstehe.
    Mein Herz rät mir, sie zu verlassen.
    Aber das ist nur eine Stimme aus der Ferne, vielleicht so fern wie Guenhwyvar.
    Drizzt Do’Urden

12
    Kostbarkeiten
    Drizzt zuckte reflexartig zurück. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Dahlia ihn berühren würde, am allerwenigsten an der verletzten Schulter. Der Drow saß mit freiem Oberkörper auf einem Hocker in einem Nebenraum des Wirtshauses von Niewinter. Draußen vor dem Zimmer waren noch immer letzte Kampfgeräusche zu hören, wenn auch in größeren Abständen. Man hatte die wenigen verbliebenen Shadovar in der Stadt in die Enge getrieben.
    »Das ist eine Salbe zur Reinigung der Wunde«, erklärte die Elfe. Verstört über seine Teilnahmslosigkeit griff Dahlia nicht gerade sanft nach Drizzts Arm und streckte ihn zur Seite und nach hinten, um die Wunde wieder weit aufzureißen.
    Dennoch zuckte Drizzt nicht mit der Wimper. Er starrte nur die Onyxfigur auf dem Tisch an, als würde er einer verlorenen Liebe nachtrauern. Dahlia spürte Ärger und Abwehr in sich aufwallen.
    »Es ist doch bloß ein Zaubertrick«, murmelte sie. Sie trug die Haare wieder halblang; Zopf und Tätowierung waren verschwunden. Für den verwundeten Drizzt hatte sie ihr sanfteres Äußeres angelegt, aber dennoch starrte er nur die Statue an.
    Trotzdem konnte Dahlia ein gewisses Mitgefühl nicht unterdrücken, als sie

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