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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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vielleicht nie wieder.«
    »Um Himmels willen, tun Sie das nicht!«, sagte Armesto. »Nach unseren Simulationen besteht bei einer vorzeitigen Triebwerksabschaltung nur eine Chance von dreißig Prozent…«
    »Unsere Simulationen ergeben bessere Werte… wenn auch nicht viel.«
    »Bitte warten Sie. Wir schicken Ihnen unsere technischen Daten… sehen Sie sich die Werte an, bevor Sie etwas unternehmen, Zamudio.« Die Diskussion ging eine Stunde lang weiter, die beiden bewarfen sich mit Simulationen und stritten darüber, wie sie zu interpretieren seien. Sie glaubten natürlich, das Gespräch sei privat, aber meine Agenten hatten die anderen Schiffe schon vor langer Zeit mit Abhörgeräten versehen, und vermutlich hatten die anderen auf meinem Schiff ebenfalls Wanzen angebracht. Ich lauschte belustigt, wie die Stimmen immer hektischer, immer gereizter wurden. Es war schließlich keine Kleinigkeit, nach einem Flug von hundertfünfzig Jahren das Risiko einer Antimaterie-Explosion einzugehen. Unter gewöhnlichen Umständen hätte sich die Debatte über Monate, vielleicht über Jahre hingezogen, und man hätte jeden noch so kleinen Vorteil gegen jeden einzelnen potenziellen Toten abgewogen. Doch jetzt wurden die anderen ständig langsamer, während die Santiago triumphierend davonzog, und je länger sie die Entscheidung hinausschoben, desto größer wurde unser Vorsprung.
    »Genug der Worte«, sagte Zamudio endlich. »Wir leiten die Abschaltung ein.«
    »Bitte nicht«, sagte Armesto. »Gönnen wir uns wenigstens noch einen Tag Bedenkzeit!«
    »Damit wir noch weiter hinter diesem Bastard zurückbleiben? Tut mir Leid, aber es gibt jetzt kein Zurück mehr.« Zamudios Stimme wurde sachlich, er las laut die Statusvariablen ab. »Schubverringerung in fünf Sekunden… Verhältnisse im Sicherheitsbehälter stabil… Treibstoffzufuhr wird gedrosselt… drei… zwei… eins…«
    Ein wildes Aufheulen gellte aus den Lautsprechern. Eine der neuen Sonnen war plötzlich zur Nova geworden und überstrahlte die beiden anderen. Eine weiße Rose mit purpurnen Rändern, die in Schwarz übergingen. Sprachlos bestaunte ich das Höllenfeuer. Ein ganzes Schiff war mit einem Lidschlag verschwunden, so wie Titus es mir von der Islamabad erzählt hatte. Das weiße Licht hatte etwas Läuterndes… es weckte geradezu andächtige Gefühle. Dann verblasste es allmählich. Ein heißer Ionenschwall krachte gegen mein Schiff, der Geist der Palästina. Überall auf der Brücke erzitterten die Statusanzeigen und spielten verrückt, aber die Schiffe der Flottille waren bereits so weit voneinander entfernt, dass das eine die anderen nicht mehr mit ins Verderben reißen konnte.
    Als die Funkgeräte die Arbeit wieder aufnahmen, hörte ich die Stimme des anderen Captains. »Haussmann, Sie sind ein Bastard«, sagte Armesto. »Das geht auf Ihr Konto.«
    »Weil ich schlauer war als alle anderen?«
    »Weil Sie uns belogen haben, Sie verdammter Dreckskerl!« Das war Omdurmans Stimme. »Titus war eine Million mal mehr wert als Sie, Haussmann… ich kannte Ihren Vater. Verglichen mit ihm sind sie – ein Nichts. Ein Stück Scheiße. Und wissen Sie, was das schlimmste ist? Sie haben auch Ihre eigenen Leute getötet.«
    »Ganz so dumm bin ich wohl doch nicht«, sagte ich.
    »Ich wäre mir da nicht so sicher«, sagte Armesto. »Wie gesagt, wir haben einen ausgezeichneten Nachrichtendienst, Haussmann. Wir kennen Ihr Schiff so gut wie unser eigenes.«
    »Auch wir haben unsere Informationen«, sagte Omdurman. »Sie haben kein verdammtes Ass mehr im Ärmel. Wenn Sie nicht abbremsen, schießen Sie über das Ziel hinaus und landen irgendwo im interstellaren Raum.«
    »Das wird nicht passieren«, erwiderte ich.
    Ich hatte es anders geplant, aber manchmal durfte man nicht nach dem Buchstaben des Gesetzes vorgehen, sondern musste seinem Sinn folgen; der Gesamteindruck einer Symphonie war wichtiger als die einzelnen Noten. Mit Norquincos Hilfe hatte ich an meinem Kommandosessel einige Umbauten vorgenommen. Jetzt öffnete ich eine Klappe im schwarzen Lederbezug der Armlehne, schwenkte eine flache Konsole mit vielen Tasten heraus und rückte sie mir über den Knien zurecht. Dann rasten meine Finger über die Tasten und riefen ein Diagramm auf, das an einen Kaktus erinnerte, eine Schemazeichnung der Schiffssäule, auf der die Schläfer eingetragen und als lebend oder tot gekennzeichnet waren.
    Im Lauf der Jahre hatte ich fleißig die Spreu vom Weizen getrennt.
    Ich hatte dafür

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