Chasm City
runde Tür öffnete sich, und das Taxi glitt von der Palette in einen langen, rot erleuchteten Raum, der nicht viel breiter war als die Maschine selbst. Sie mussten etwa eine Minute warten, bis die Luft aus der Kammer abgesaugt war, dann versank das Taxi jäh in einem Schacht. Skys Vater nützte die Gelegenheit, um sich über Sky zu beugen und seinen Gurt noch fester zu ziehen, dann waren sie draußen – unter ihnen die Nacht, über ihren Köpfen der sanft gerundete Rumpf. Sky glaubte ins Unendliche zu stürzen, obwohl unter ihnen nichts war, woran er die Höhe hätte messen können.
Sie sackten ab. Es dauerte nur einen Moment, doch der war schwindelerregend und erinnerte Sky an seine seltenen Besuche im Zentrum des Schiffes, wo die Schwerkraft fast gegen Null ging. Dann sprangen die Triebwerke an und erzeugten ein gewisses Schweregefühl. Skys Vater steuerte das Taxi geschickt von dem massigen grauen Schiffsrumpf weg und korrigierte mit leichten Schubveränderungen den Kurs. Seine Finger huschten so sensibel über die Bedienungselemente, als spielte er auf einem Klavier.
»Mir ist übel«, sagte Sky.
»Mach die Augen zu. Das geht gleich vorbei.«
Der Tod seiner Mutter – und das Wissen, dass dieser Ausflug damit in Zusammenhang stand – belastete den Jungen, konnte aber die freudige Erregung darüber, tatsächlich im Weltall zu sein, nicht ganz unterdrücken. Er löste die Schnalle des Sicherheitsgurts und kroch auf der Suche nach einem besseren Ausblick durch das ganze Schiff. Sein Vater erteilte ihm eine sanfte Rüge und befahl ihm ohne großen Nachdruck, sich wieder auf seinen Platz zu setzen. Dann wendete er das Taxi und lächelte, als das große Schiff in Sicht kam, das sie soeben verlassen hatten.
»Da ist sie. Deine Heimat seit zehn Jahren, Sky, und die einzige Heimat, die ich jemals gekannt habe. Ich weiß; du brauchst deine Gefühle nicht zu verbergen. Eine Schönheit ist sie gerade nicht, wie?«
»Aber sie ist so groß.«
»Das muss sie auch sein – sie ist doch alles, was wir jemals haben werden. Du bist natürlich besser dran. Du wirst Journey’s End zumindest sehen.«
Sky nickte, aber die selbstverständliche Gewissheit, mit der sein Vater davon ausging, dass er bis dahin tot sein würde, machte ihn unwillkürlich traurig.
Er schaute zum Schiff zurück. Die Santiago war zwei Kilometer lang, länger als alle Schiffe, die jemals die Meere der Erde befahren hatten, ebenbürtig auch den größten Raumschiffen, die vor dem Aufbruch der Flottille im Sonnensystem verkehrt waren. Ihr Grundgerüst war ein alter Raumfrachter mit Fusionsantrieb, den man nachträglich für den Interstellarflug umgebaut hatte. Die anderen Flottillenschiffe gingen mit kleinen Abweichungen auf ähnliche Konstruktionen zurück.
So weit von jeder Sonne entfernt, war das Schiff so gut wie unbeleuchtet und wäre ohne das Licht aus den über die ganze Länge verteilten Fensterchen gar nicht zu sehen gewesen. Ganz vorne saß eine große, mit Scheinwerfern besetzte Sphäre, der Kommandobereich. Er enthielt die Brücke, wo sich die Mitglieder der Besatzung meist aufhielten, wenn sie Dienst hatten. Dort waren auch die wissenschaftlichen Mess- und Navigationsinstrumente untergebracht, die fest auf den Zielstern gerichtet waren; jene Sonne mit dem Spitznamen ›Schwan‹, die aber in Wirklichkeit sehr viel profaner 61 Cygni A hieß: die eine Hälfte eines kühlen roten Binärsystems in einem wirren Sternhaufen, dem man in der Antike den Namen Cygnus gegeben hatte. Erst gegen Ende der Reise sollte das Schiff mit einer halben Drehung dem Schwan das Heck zuwenden, um seine Triebwerke zum Bremsen einzusetzen.
Hinter der Kontrollsphäre befand sich in einem Zylinder mit gleichem Durchmesser der Frachtraum, den sie soeben verlassen hatten. Daran schloss sich eine lange, dünne Säule an, in regelmäßigen Abständen besetzt mit riesigen Modulen, die an die Wirbel eines Dinosauriers erinnerten. Am Ende der Säule hing dann das Antriebssystem, jene beeindruckend komplexen Triebwerke, die bisher nur einmal gefeuert hatten, um das Schiff auf Reisegeschwindigkeit zu bringen, und erst in unvorstellbar ferner Zukunft, wenn Sky längst erwachsen war, wieder gezündet werden sollten.
Sky kannte alle Teile des Schiffes; man hatte ihm oft genug Modelle und Hologramme davon gezeigt, doch nun sah er es zum ersten Mal mit eigenen Augen von außen, und das war doch etwas anderes. Das Schiff rotierte langsam und schwerfällig, aber sehr würdevoll um
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