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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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mit dem Totschläger fertig war, fühlte sich mein Gesicht wie eine riesige überreife Frucht an. Ein Auge war fast zugeschwollen und mein Mund war voller Blut, vermischt mit abgesplitterten Zahnschmelzpartikeln.
    »Womit habe ich das verdient?«, nuschelte ich. Ich hörte mich an wie ein Idiot.
    »Ein Abschiedsgeschenk von Bruder Alexei«, sagte der erste Eisbettler. »Nicht wirklich ernst gemeint, Mister Mirabel, nur eine Warnung, sich niemals wieder in unsere Angelegenheiten einzumischen.«
    Ich spuckte eine Portion Blut aus und beobachtete, wie es unverändert in Form einer Kugel von einer Seite des Fahrstuhls zur anderen schwebte.
    »Von mir bekommen Sie bestimmt keine Spende«, sagte ich.
 
    Die beiden überlegten sichtlich, ob sie mich noch etwas mehr aufmischen sollten, hielten es dann aber doch für ratsam, keine neurologischen Schäden zu riskieren. Vielleicht hatten sie ein wenig Angst vor Schwester Duscha. Ich gab mir alle Mühe, meine Dankbarkeit zu zeigen, aber ich war einfach nicht mit dem Herzen dabei.
    Der Fahrstuhl fuhr weiter, und ich sah mir die Strelnikov sehr gründlich aus der Nähe an, aber der erste Eindruck verbesserte sich nicht. Das Ding hatte etwa die Form eines Ziegelsteins und maß von einem Ende zum anderen etwa zweihundert Meter. Es war aus Dutzenden von Kontroll-, Wohn- und Antriebsmodulen zusammengezurrt und hing in einem Gekröse aus Treibstoffleitungen und Tanks, die wie Därme und Mägen aussahen. Hier und dort waren Reste einer Rumpfverkleidung zu erkennen: ein paar verschrammte Platten, wie die letzten Fleischfasern an einem von Maden zerfressenen Leichnam. Verschiedene Teile des Schiffes waren mit einer glänzendem Epoxidschicht überzogen, sie waren offenbar wieder angeklebt worden. Andere wurden tief unter der lückenhaften Oberfläche von Reparaturteams festgeschweißt. An sechs oder sieben Stellen strömte ständig Gas aus, aber das schien niemanden weiter zu stören.
    Ich sagte mir, es würde auch nichts ausmachen, wenn das Schiff noch sehr viel schlimmer aussähe. Der Flug hinunter zum Glitzerband – jener bekannten Ansammlung von Habitats im niedrigen Orbit um Yellowstone – war eine typische Vorortstrecke. Im Umkreis von Sky’s Edge verkehrten ein Dutzend ähnlicher Schrottmühlen. Der Flug erforderte keine massiven Beschleunigungsphasen, folglich konnten die Schiffe bei halbwegs ordentlicher Wartung Jahrhunderte lang immer die gleichen Strecken bedienen und sich so lange den Schwerkraftschacht hinauf und hinunter ackern, bis sie schließlich nach einem irreparablen Systemausfall als makabre Weltraumskulpturen durchs All schwebten. Laufende Kosten fielen kaum an, während also immer ein oder zwei renommierte Firmen eine Schnellverbindung mit Luxus-Shuttles anboten, waren solche Strecken unweigerlich in der Hand einer Reihe von Gesellschaften, die sich, eine windiger als die andere, beim Kostensparen gegenseitig zu übertreffen suchten. Ganz unten auf der Liste standen die Kähne mit chemischen Raketen oder mit Ionenantrieb, die quälend langsam von Orbit zu Orbit schlichen. Ganz so schlimm war das Shuttleboot, mit dem ich fliegen sollte, zwar nicht, aber es gehörte auch sicher nicht zu den Luxusschlitten der obersten Kategorie.
    Doch auch das langsamste Schiff war immer noch die schnellste Möglichkeit, um das Glitzerband zu erreichen. Die schubstarken Shuttles bewältigten die Entfernung zwar schneller, aber ein solcher ›Renner‹ kam nie auch nur in die Nähe von Idlewild.
    Um das zu erklären, brauchte man keinen Wirtschaftswissenschaftler: die meisten Klienten des Hospizes hatten kaum die Mittel, um für ihre eigene Reanimierung aufzukommen, an einen teuren Schnellflug nach Chasm City war da gar nicht zu denken. Ich müsste erst zum parkenden Schwarm fliegen und dort über einen Platz auf einem Renner verhandeln, wobei mir niemand garantieren konnte, dass ich dann nicht auf eine spätere Maschine warten müsste. Amelia hatte mir davon abgeraten, es gebe bei weitem nicht mehr so viele Renner wie zuvor – ich hätte gerne gefragt, wovor, aber sie gab mir keine Chance – und die Zeitersparnis im Vergleich zu einem Direktflug mit dem langsamen Shuttle sei ohnehin kaum der Rede wert.
    Irgendwann hielt der Fahrstuhl vor dem Verbindungskorridor zur Strelnikov, und meine Eisbettlerfreunde sagten mir Lebewohl. Jetzt lächelten sie so zuckersüß, als wären die Blutergüsse in meinem Gesicht nur eine weitere psychosomatische Manifestation des Haussmann-Virus und

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