Cheers, Baby!
der Küche. Cate war den ganzen Vormittag damit beschäftigt gewesen, sie zu nummerieren und zu sortieren. Während sie die Blätter ordnete, las sie die Notizen. Julie erzählte die Geschichte eines Mädchens aus einer Kleinstadt, das versuchte, sich in der Großstadt zurechtzufinden. Sie schrieb über ihre Mama und ihre Cousinen und wie schmerzhaft, aber auch aufregend es gewesen war, sie zu verlassen. Sie berichtete von den Menschen, die unter ihrem Fenster vorübergingen. Davon, einsam und arm zu sein, sich aber reich zu fühlen und das Leben zu lieben. Sie erzählte von ihren Freunden und ihrem Job im Party-Trolley, und auf unbegreifliche Weise fügte sich alles zu einer Geschichte mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende zusammen.
Cate konnte es kaum fassen. Julie hatte ein Buch geschrieben. Und es war gut. Es hatte Ecken und Kanten, aber das machte seinen Reiz aus. Ebenso wie das ein Teil von Julies Charme war. Man kratzte an der Oberfläche eines bodenständigen Mädchens und entdeckte eine vielschichtige Person mit einer verblüffenden Menschenkenntnis. Ein Mensch wie Julie wurde oft unterschätzt, stellte Cate fest, während sie die Seiten einsammelte. Julie verhielt sich wie ein Mädchen vom Lande und drückte sich auch so aus, und Cate war davon überzeugt, dass sie dieses Image manchmal zu ihrem Vorteil nutzte. Es gab sogar einen Ausdruck dafür: Bauernschläue.
»Wenn man keine hochtrabenden Worte benutzt, heißt das noch lange nicht, dass man dumm ist«, sprach Cate laut in die leere Wohnung hinein, während sie die letzten Seiten auf den Stapel legte und dann ein dickes Gummiband über den Papierwust streifte.
Julies handschriftliche Aufzeichnungen mussten abgetippt werden. Wahrscheinlich gab es ein Standardformat, das Autoren für ein Manuskript verwendeten. Cate beschloss, sich die entsprechenden Informationen dazu im Internet zu besorgen.
Sie schmierte sich ein Erdnussbutterbrot und verspeiste es im Stehen, an die Anrichte in der Küche gelehnt. Als sie den Blick über den Küchenboden schweifen ließ, fehlte ihr Biests Wassernapf. Sie hatte ihn Kellen mit Biests Hundefutter, seinen Spielsachen, den Vitaminen, seiner Zahnbürste und den Leckerbissen mitgegeben.
Ohne Biest wirkte die Wohnung steril. Kein Schnüffeln, keine Sabbern. Kein warmer Hundekörper, der sich gegen ihr Bein druckte. Es war kaum zu glauben, dass Biest erst vor drei Tagen bei ihr angeliefert worden war. Cate hatte das Gefühl, als wäre er schon immer ein Teil ihres Lebens gewesen. Und was war mit Kellen? Diese Beziehung war erst vier Tage alt, und Kellen war es bereits gelungen, sich in ihr Bett und in ihr Herz zu schleichen. Wie hatte das geschehen können?
Als es an der Tür klingelte, geriet Cate für einen Augenblick in Panik. Einerseits wünschte sie, es wäre Marty, damit sie einige Antworten auf ihre Fragen bekäme. Andererseits hatte sie Angst vor einer möglichen Scharade.
Auf dem Weg zur Tür überkreuzte sie die Finger. »Lass es nicht Marty sein«, flehte sie. »Lass es nicht Marty sein!«
Sie warf einen Blick durch den Türspion und verzog das Gesicht. Gute und schlechte Nachrichten! Die gute Nachricht war, dass nicht Marty im Flur stand. Die schlechte war, dass Kitty Bergman sich vor der Tür aufgebaut und zwei große Männer in dunklen Anzügen mitgebracht hatte.
Cate öffnete die Tür einen Spalt. »Ja?«
»Was soll dieses protzige Schloss?«, wollte Kitty wissen. »Hast du etwas zu verbergen? Etwas, was du nicht hergeben willst?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte Kitty an Cate vorbei in die Wohnung. Die beiden Männer folgten ihr auf den Fersen.
»Falls Sie nach Marty suchen«, sagte Cate, »er ist nicht hier.«
»Ich weiß, dass er nicht hier ist«, erwiderte Kitty. »Ich habe soeben mit ihm gesprochen, und er hat mich gebeten, seinen Hund abzuholen.«
Cates Herz zog sich schmerzhaft zusammen. »Biest ist auch nicht hier.«
»Und wo ist er?«
»Bei einem Freund.«
»Ja, ja, das hätte ich dir beinahe abgenommen«, schnaubte Kitty. Sie sah die beiden Männer an. »Sucht den Hund. Und bringt mir sein Futter und seine Fressnäpfe.«
»Warum ist Marty nicht selbst gekommen, um seinen Hund abzuholen?«, fragte Cate. »Marty ist beschäftigt.«
Die zwei Männer kehrten in das Wohnzimmer zurück.
»Der Hund ist nicht hier«, erklärte der eine. »Und wir konnten auch seine Sachen nicht finden. Kein Hundefutter, keine Schüsseln oder Sonstiges.«
»Vielleicht bist du nicht so dumm, wie
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