Cheffe versenken (German Edition)
die Arbeit.«
Edith wischte mit ihrer Serviette Besteck und Teller ab und sortierte alles säuberlich auf ihrem Tablett.
»Ist die Spülmaschine zu schlapp für die Essensreste?«, fragte ich unsicher und tat es Edith gleich. Zur Sicherheit putzte ich auch mein Wasserglas aus.
»Komm, Trixi«, befahl Edith und stand auf.
Powalowski starrte uns schmatzend hinterher und blieb sitzen.
Na klasse. Alan und diese dralle Miss Piggy waren ein Paar gewesen? Ein hübscher Mann und eine energische Ex-Freundin unter einem Arbeitsdach. Keine gute Ausgangslage für einen vielversprechenden Flirt.
In diesem Moment hätte ich das Tablett am liebsten gegen meine Laufschuhe eingetauscht oder noch besser gegen ein schnelles Motorrad.
Stattdessen trottete ich hinter Edith in unser Büro und verschanzte mich hinter meinem Computer.
»16–30, geht doch«, brabbelte Edith und notierte die Zahl in ihrem Kalender.
16 Minuten 30 war exakt die Zeit, die wir uns für die Mittagspause erlaubt hatten.
Den Rest des Arbeitstages verbrachte ich damit, die Bellersen-Buchproduktion der letzten Jahre zu studieren. Bis auf fünf Kurzbesuche im Pausenraum, in denen ich meine Schokoriegel verschlang, blieb ich artig auf meinem Drehstuhl sitzen und konzentrierte mich darauf, meine zappelnden Beine unter Kontrolle zu halten. Ab und zu wanderte mein Blick zum Telefon. Der Anrufer wollte sich doch wieder melden, und ich fragte mich, was er mir mitzuteilen hatte. Doch der Apparat blieb stumm. Edith ackerte so emsig, dass sie unseren geplanten Vorstellungsrundgang vergaß. Ich war ihr nicht böse.
Waldschrat
»Oui oui, dieser schrecklische Unfall am Bahnübergang. Also, wenn du misch fragst, das war keine tragische Unfall. Entweder, der Typ ’atte Dreck am Stecken oder jemand wollte ihn loswerden.«
Am Abend klagte ich Florence und Gerd mein Arbeitsleid. Auch Rahel saß bei uns. Zum Glück hatte Betty sich mit ihrer neuen Busenfreundin Sybille zum Essen verabredet und einen gemeinsamen Kinobesuch geplant. Eine weitere überflüssige Diskussion über Mietkosten hätte ich an diesem Tag nicht überstanden.
Ich erzählte in allen Details vom grausamen Büroalltag und von den wunderlichen Kollegen.
Gerd fand alles nur halb so schlimm. In seiner Zeit als Hotelconcierge hatte er noch ganz andere Typen erlebt, und rollte entspannt in die Küche. Rahel wollte unbedingt wissen, wie groß Alan sei und welche Schuhe er trug. Nach kurzem Zögern erwähnte ich auch den anonymen Anrufer.
»’abe isch es doch gewusst. Bellersen ’at Leischen im Keller. Vielleischt waren die Bremsen von diese Porsche manipüliert«, flüsterte Florence verschwörerisch. Sie war in ihrem Element, und Rahel stürzte sich begeistert mit hinein.
»Oder jemand saß neben ihm im Wagen und hat ihn gezwungen, auf den Schienen zu bleiben.«
»Ach Quatsch«, entkräftete ich ihre Theorien. »Edith meinte, er hätte zu viel getrunken oder einen Drogencocktail zu sich genommen. Wartet doch einfach ab, was die Polizei heute Abend erzählt.«
»Wer weiß, was dieser Anrufer dir so alles zu sagen hat«, rätselte Rahel.
»Egal, mit wem du sprischst, Trixi. Pass in diese Verlag gut auf disch auf und sei wachsam!«, ermahnte mich Florence. Sie stand auf und ging in die Küche, um Gerd beim Kochen zu helfen.
Wie auf Kommando vibrierte mein Handy und zeigte eine eingehende SMS an: Treffen um 20.30 Uhr im Pavillon hinter Berkenkötters Scheune.
Die neugierige Rahel lehnte sich zu mir herüber und las den Text.
»Wie cool ist das denn? Die SMS kommt bestimmt von deinem Informanten. Da fahren wir hin!«
»Wir? Auf keinen Fall kommst du mit. Du bist viel zu jung, und außerdem musst du gleich ins Bettchen. Wenn schon, dann fahre ich allein zur Scheune.«
Berkenkötters Scheune kannte ich nur zu gut. Sie lag etwas außerhalb der Stadt am Rande des Rhedaer Forsts. An den Wochenenden vermietete der Bauer sie für Partys. Ich hatte vielfältige Erinnerungen an diese Scheune. Besonders aber an den kleinen Pavillon, der hinter der Scheune stand und von der Zufahrt aus nicht zu sehen war. Während meiner Schulzeit war der Pavillon ein beliebter abendlicher Treffpunkt fürs Rauchen, Knutschen und andere Heimlichkeiten gewesen.
Ich überlegte kurz, ob ich wirklich hinfahren sollte, und kam zu dem Schluss, dass es dort völlig ungefährlich für mich war. Schließlich kannte ich jeden Winkel dieses Waldstücks. Ich konnte mich unauffällig im Dickicht anpirschen und aus sicherer Entfernung
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