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Cheffe versenken (German Edition)

Cheffe versenken (German Edition)

Titel: Cheffe versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Güth
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Cocktail gemeinsam ein lauschiges Plätzchen suchen würden.
    So tief war ich also gesunken. Das Leben der anderen war interessanter geworden als mein eigenes.
    Gerade als mein Selbstmitleid zu Höchstform aufzulaufen begann, kam Betty herein.
    »Guten Morgen, Schwesterlein.«
    »Moin.«
    »Na, gut geschlafen?«
    »Hm.«
    »Super, dann kannst du ja gleich einkaufen gehen. Wir haben keine Milch mehr und brauchen für heute Abend noch Nudeln und Brokkoli. Ich habe Sybille eingeladen. Dann können wir alle zusammen essen.«
    »Moment mal, Betty.«
    Mit einem Schlag war ich hellwach.
    »Schon vergessen? Einkaufen gehört schließlich zu deinen Pflichten in diesem Haushalt. Ich fahre mit Rahel in die Stadt. Und nachher helfe ich Florence beim Fensterputzen. Habe ich ihr versprochen.«
    »Tut mir leid, Betty, ich muss heute arbeiten. Ich habe noch zwanzig Texte, die ich –«
    »Du hast es wirklich gut, Trixi. Wer kann sich seine Arbeitszeit schon so frei einteilen? Ein kleiner Einkauf zwischendurch sollte wohl drin sein.«
    Betty schnappte sich ihr Handtäschchen und hämmerte an Rahels Zimmertür, die sich mit einem musikalischen Geräuschpegel von gefühlten hundert Dezibel für den Stadtgang stylte.
    »Und wer bezahlt den Einkauf? Etwa ich?«
    Rumms. Tür zu.
    Irgendwie schaffte ich es, bis zum frühen Abend weitere sechs Texte zu schreiben und den Einkauf zu erledigen. Statt Bettys Lieblingsgemüse Brokkoli besorgte ich Auberginen, von denen ich wusste, dass sie sie nicht mochte. Sollten Betty und Sybille sich doch einen konspirativen Freundinnenkochabend machen. Mit meiner Erkundungstour zum Backstone hatte ich ohnehin Besseres vor. Das Einkaufsgeld borgte ich mir von Florence.
    Das Backstone war ein typischer In-Laden. Er lag mitten in der Stadt, in der Nähe des Kolbeplatzes. Früher war ich oft dort. Als ich noch studierte, verbrachte ich mehr Zeit im Backstone als im Hörsaal. Damals war das Backstone eine verqualmte Kneipe, doch nachdem vor einigen Jahren der Besitzer gewechselt hatte, wechselte auch das Publikum. Die armen Studenten suchten sich neue Pinten, denn ab dem zweiten Bier musste ein Normalo an sein Sparbuch gehen. Aber es war chic dort. Kein Zweifel. Ich mochte die Atmosphäre. »Cool und loungig«, wie Rahel immer sagte.
    Zur besseren Tarnung hatte ich einen alten grauen Jogginganzug angezogen. Kurz bevor ich auf die Straße Richtung Backstone einbog, zog ich die Kapuze über meinen Kopf. Meine Sonnenbrille verhüllte den Rest meines Gesichts. Selbst meine neumongolische Mutter hätte mich in diesem Aufzug nicht erkannt. Ich trug den gleichen Gammellook wie Madonna beim Shoppingausflug.
    Vor dem Busbahnhof stellte ich mein Fahrrad ab und schlenderte unauffällig den schmalen Gehweg entlang. Zum Glück lag ein kleines bepflanztes Plätzchen genau gegenüber der Kneipe. Ich schlich durchs spärliche Unterholz und blieb lauernd hinter einem kleinen Gebüsch stehen, um einen ersten Blick auf das bunte Treiben der Gäste zu werfen. Wie ich erwartet hatte, liefen ein paar aufgehübschte Frauen vom Typ Yvonne hinein, gefolgt von frisch rasierten Männern, die ihnen galant die Tür aufhielten. Draußen standen kleine Bistrotische, doch da ein kühler Wind wehte, suchten die meisten Gäste Plätze im Inneren. Nur einige Unerschrockene genossen die letzten Sonnenstrahlen im Freien.
    Und da entdeckte ich Edith. Genau neben dem Eingang saß sie allein an einem Tisch und wackelte auf ihrem Stühlchen hin und her. Sie trug ein orangefarbenes, hautenges Kleid und orangefarbene Pumps. Das Kleid war selbst für ihr sonst so modebewusstes Verständnis extrem kurz. Ein seitlicher Schlitz gewährte einen Blick fast hinauf bis zu ihrer Taille. Auch ihr Dekolleté sprach eine deutliche Sprache. Ich nahm die Sonnenbrille ab, um sie besser erkennen zu können, und traute meinen Augen nicht. Edith, die Büromaus, hatte sich tatsächlich für ein Rendezvous herausgeputzt. Mit ihrer extravaganten Interpretation einer Müllabfuhruniform passte Edith exakt in das Klischeebild einer typischen Backstonekundin. Nervös zog sie ihren Lippenstift nach, knallrot wie ihre Haare und der Ring, den sie schon beim morgendlichen Tai Chi getragen hatte.
    Ach Edith, die Farben passen wieder nicht zusammen, dachte ich und schaute auf die Uhr.
    19 Uhr 34 Uhr und noch immer kein Alan in Sicht.
    Bitte, bitte, lass doch einen Andreas, einen Armin oder einen Anton auf der Bildfläche erscheinen, flehte ich innerlich. Alle A.s dieser Welt, nur

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