Cherryblossom 2 - Nymphenherz (German Edition)
ziehen.
Er wendete ungeduldig und griff nach den Zügeln. Sein Dämon war ganz nah, er begann das Tier müde zu machen, bis es steif und mit hängendem Kopf dastand.
Er fluchte darüber, dass scheinbar keiner auf die Idee kam , der Hexe zu helfen, aber als er gerade selbst absteigen wollte, kam Olivia zurück, hielt neben Luca und zog sie mit einem kräftigen Ruck auf das Tier. Sie saß sehr unsicher und nach vorne gebeugt, wie eine kraftlose Puppe.
»Lass es dir nicht einfallen , jetzt müde zu werden, Hexe. Schlafen kannst du, wenn du tot bist.«
Luca ächzte und klammerte sich an der Mähne fest.
Olivia trabte los, schnappte sich die Zügel und riss sie Lennox aus der Hand. Sie zog die Stute mit sich in den Wald. Lennox drückte Hanna fester an seine Brust und stieß dem Braunen die Hacken in die Flanken. Er preschte vorwärts, hinein in das dicht bewachsene Waldstück, vorbei an den anderen, die er mit sich in die Nacht zog. Mit der Entschlossenheit eines Kriegers auf einer Mission drängte er sein Tier immer weiter, fort von dem Kämpfen hinter sich. Hannas Schleier flatterte wild umher, wie eine weiße Fahne im Wind.
Nach einiger Zeit lenkte Lennox nach Norden, in die Richtung, in der er seinen Wagen vermutete. Hier musste die Schutzmauer kommen. Der Boden war eisglatt und sie gerieten in einer Kurve gefährlich ins Rutschen. Aber das war es nicht, was ihm begann Angst zu machen. Er spürte, ebenso wie auch die anderen, dass die Häscher ausschwärmten und ihnen folgten.
Plötzlich stemmte sein Pferd die Hufe in den gefrorenen Boden. Die anderen scheuten ebenfalls. Sie spürten den Widerstand der unsichtbaren Barriere. Lennox hieb dem Pferd ein weiteres Mal die Fersen fest in die Flanken. Es tänzelte, bäumte sich auf und sprang hinein in die unsichtbare Mauer. Hanna rutschte zur Seite und er konnte sie gerade noch aufrechthalten. Für Sekunden schwebten sie mit dem Tier in dem unwirklichen schwerelosen Raum der sich abbauenden Energiebarriere. Die anderen folgten.
Nach Minuten fanden sie endlich den Wagen. Eisiger Wind ließ Schneeflocken um sie herumwirbeln. Die Windschutzscheibe war zugefroren und vom Schnee bedeckt, wie auch die einsame Straße. Schnell sprang er vom Pferd, hob Hanna aus dem Sattel und stellte sie neben sich. Ihre Finger fanden seinen Gürtel und klammerten sich daran fest, während er den Wagen öffnete. Ein Schwung und Hanna und Louisa saßen auf dem Rücksitz. Luca stürzte vom Pferderücken und schlug hart auf dem Boden auf. Lennox fluchte und ließ die angestaute Luft zischend aus seinen Lungen entweichen, als Olivia der Hexe ins Auto half.
»Sie sind nah«, stellte Ben fest , er spürte, wie sie aufholten.
Lennox startete den Motor und setzte zurück. Die Pferde flohen im schnellen Galopp über die eisige Straße und verschwanden mit steil aufgerichtetem Schweif im Wald.
»Mach schon !«, brüllte Ben jetzt außer sich.
Lennox gab Gas und schlitterte beim Anfahren auf der unbefestigten Fahrbahn von einer Seite auf die andere, bis er die Kontrolle erlangte und davonrauschte. Er konnte kaum etwas sehen durch die zugefrorenen Scheiben. Dann hörten sie den lauten Rotor eines Helikopters.
»Verdammt, wenn das nicht Dawn und Magnus sind, dann …« Der Satz ging in wilden Flüchen unter. Hektisch löschte Lennox das Licht des Wagens.
»Ich versuche was.« Luca öffnet ihr Fenster und legte ihre Hand auf das dunkle Metall des Fahrzeuges. Es wurde schneeweiß. Der Hubschrauber rauschte laut über sie hinweg und wirbelte den Schnee auf. Sekundenlang befanden sie sich in einer Wolke aus Schnee und Eis und fuhren blind geradeaus, bis endlich die Sicht wieder zunahm und der Helikopter verschwand.
Nach zehn Minuten kamen sie auf eine Straße , die geräumt war, und sahen die ersten anderen Fahrzeuge. Immer wieder blickten sie sich angespannt um. Aber niemand folgte ihnen. Sie waren wieder unter Menschen und der gewollten Abgeschiedenheit des Gray-Anwesens entkommen.
Endlich vereint
Wir saßen zu viert auf der Rückbank der Limousine. Louisa drückte sich fest an meine Brust und ich ließ mich schwer in den Sitz fallen. Die Hexe, die Luca hieß, lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe und schlief. Sie sah blass und erschöpft aus. Ben und Olivia redeten ununterbrochen über ein neues Hexengeschlecht, zu dem ich und Louisa gehören könnten. Und Luca womöglich auch. Über Elementbeherrschung und Empathie. Und dass es einigen Zeitwandlern darum ging, diese neuen Wesen gar
Weitere Kostenlose Bücher