Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
forsch von mir . Ein kleiner Schmerz huschte über seine schönen Augen. »Ich bin nicht dein Feind , Hanna.« Die Freundlichkeit in seiner Stimme tat mir weh und trat eine Lawine von schlechtem Gewissen bei mir frei. Sacht löste er den Griff um meine Handgelenke und zog sich mit gesenktem Blick zurück.
»Du hast etwas an dir … so etwas …«, ich wusste nicht, wie ich es in Worte fassen sollte, was er manchmal mit mir machte. Jetzt hatte ich sein volles Interesse geweckt und seine Augen fingen an zu leuchten. »Irritierendes?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue, bis sich ein vorsichtiges Lächeln zeigte.
»Oder Anziehendes?«, fragte er jetzt etwas zu mutig.
»Eher etwas Verwirrendes.« Ein unbestimmtes Gefühl wärmte mich von innen. Den Augenkontakt unterbrechend, versuchte ich, mich zu sammeln und aus dem Sessel zu quälen. Ben machte mir Platz und richtete sich vor mir auf. Vorsichtig schüttelte ich meine eingeschlafenen Glieder.
»Was wolltest du denn?«, fragte ich in versöhnlicherem Ton. »Wir haben dich gerufen, du hast nicht geantwortet, wir haben nach dir gesucht und sind in alle Richtungen ausgeschwärmt, um dich zu finden. Du hast uns einen Schrecken eingejagt … hier so versteckt in deinem Sessel zu sitzen, das ist nicht lustig.« Er blitzte mich ironisch tadelnd an. Dann hörte ich jemanden die Treppe herunterpoltern und hektisch aufschnaufen. Ben drehte sich zur Tür.
»Hier ist sie!«, rief er und Lennox stürzte mit angespannter Miene in das kleine Wohnzimmer.
»Warum hast du nichts gesagt? Wir haben dich gerufen.« Er schluckte und hatte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle, trat beherrscht an Ben vorbei und strich mir behutsam eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich muss eingeschlafen sein«, flüsterte ich. Wortlos wandte sich Ben zum Gehen und Lennox’ Blick fiel auf das Buch in meiner Hand.
»Was ist das?« Ich hielt es ihm entgegen und entspannte meinen Kiefer langsam wieder. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie hart ich meine Zähne aufeinandergepresst hatte und kämpfte jetzt mit einem dumpfen Schmerz.
»Das nehmen wir mit in die Küche, Olive hat ein wenig zu essen gemacht. Du bist bestimmt hungrig.« Ich lächelte ihn müde an. Sicher war ich hungrig, hatte aber keinen Appetit und war mir nicht sicher, ob ich etwas essen konnte. Ich tappte ihm also hinterher und setzte mich an den Küchentisch, den Olive ziemlich anheimelnd für uns fünf gedeckt hatte. In sich versunken, leise vor sich hinsingend stand sie am Herd und füllte dampfende Suppe in eine Schüssel, bis sie mich entdeckte.
»Wusste ich es doch, dass du wieder auftauchst«, brachte sie mir mit einem Grinsen süffisant entgegen.
»Hm …«, brummte ich. »Wie es aussieht, wirst du mich nicht so leicht los.«
»Wie wa h r, wie wa h r.« Sie strahlte und zwinkerte mich an.
»Stell dir vor, ich hab ein Brot gebacken und Ben hat ein Gewächshaus gefunden, voll mit reifen Tomaten und Paprika. Er und unser Anhängsel beschaffen uns gerade was davon zum Abendessen.« Lennox setzte sich neben mich und schlug das schwere Buch auf. Die Tür hinter uns knarrte leise.
»Na endlich, das wurde ja auch Zeit, ihr lahmen Enten«, trällerte Olive jetzt sichtlich vergnügt. Die Sekunden verstrichen laut und ich stutzte – keine Antwort! Olive drehte sich um. Ich sah ihre dunklen Mandelaugen sich vor Schreck weiten und vernahm wie durch Watte das Klirren der Suppenkelle, die Olive aus der Hand gefallen war und gerade auf den Boden schepperte. Ich hatte das Gefühl, eine ganze Horde Ameisen würden in meinem Nacken krabbeln. Lennox sprang mit einem Satz auf und schob schabend den Stuhl über den Boden. Mein Blick schnellte zur Tür und vor Fassungslosigkeit stiegen mir Tränen in die Augen.
Henry stand wie versteinert in der Tür, seine Augen fest auf mich gerichtet. Ich stand auf und wollte ihm nur noch in die Arme fallen. Ein Schluchzen löste sich aus meiner Kehle und ich wollte auf ihn zulaufen, doch Lennox legte seine Hand hart um mein Handgelenk und schob sich zwischen uns.
» Nicht! «, zischte er dabei. Verwirrt hielt ich inne und sah zu ihm auf. Er blieb alarmiert, beinahe kampfbereit vor mir stehen. Ich suchte Olives Blick, der vorsichtig und misstrauisch ausfiel und mich schaudern ließ.
Mein Blick traf wieder auf Henry, der weiter ruhig und gefasst stehenblieb. Als wäre er lediglich ein wenig verspätet zum Essen erschienen, schob er sich seine beschlagene Brille höher auf die Nase und
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