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Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
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trat unbeeindruckt näher. Ich versuchte, in seinem Blick zu lesen, aber er blieb undurchdringlich. Erst jetzt bemerkte ich die Waffe in seiner Hand und meine Mund klappte auf. Nebel breitete sich in meinem Kopf wie eine trübe Suppe aus und ich konnte nicht mehr denken. Meine Gefühle drohten mich zu überwältigen.
    »Henry, schön, Sie lebend anzutreffen!« In Lennox’ Stimme lag neben schmeichelnder Freundlichkeit auch Wachsamkeit und Argwohn. Henry blinzelte und löste den Blick nun langsam von mir. Er versuchte ein Lächeln, das einfach nur erschöpft wirkte. In dem trüben Licht der Küche wirkte seine Gesichtsfarbe aschfahl. Seine Schultern verloren die Spannung und sackten ein Stück nach vorn, was ihn älter wirken ließ. Die Haare standen ihm ungepflegt fettig vom Kopf ab.
    »Lennox, alter Freund! Ich hätte mir denken können, dass Sie Hanna holen kommen.«
    Lennox! Nie hatte ich ihn gefragt, wie viel Henry wusste und ob er ihn kannte. Ich war geschockt. Natürlich kannten sie sich. Warum war mir das nie in den Sinn gekommen?
    »Was haben Sie jetzt vor, Professor?«, fragte Lennox nachdrücklich. Ich schob mich energisch an Lennox vorbei und wechselte einen Blick mit ihm. Er hielt mich am Arm zurück.
    »Zuerst werde ich die Waffe weglegen und anschließend möchte ich mit meiner Nichte reden, wenn es erlaubt ist.« Henry legte die Waffe auf einer Kommode ab und ging einen Schritt auf mich zu. Ich war noch immer wie versteinert.
    »Ich denke, Sie sind uns eine Erklärung schuldig«, stellte Lennox unmissverständlich fest.
    »Ich schulde dem Rat gar nichts, mein lieber Freund.« Henry wirkte kalt und unnahbar. »Aber Hanna sind Sie Erklärungen schuldig«, mischte sich jetzt Olivia zischend von weiter hinten ein. Henry trat auf mich zu und streckte mir seine Hand bittend entgegen, ein Flehen trat in seine Augen und eine altvertraute Wärme huschte über sein Gesicht. Ich konnte nichts anderes tun, als mich von Lennox zu befreien und mich in Henrys Arme zu werfen, was Lennox mit einem unwilligen Knurren zuließ. Henry schloss seine Arme fest um mich und küsste mich auf mein Haar. »Ich werde dir alles erklären, mein Schatz«, flüsterte er mir zu.
    Ich hörte Schritte im Flur und sah Ben mit erstauntem Gesicht eintreten, dicht gefolgt von dem stummen Mädchen. Sie trug einen Korb voller Tomaten, die sie mit fröhlich glitzernden Augen im Laufen betrachtete. Sie lächelte mir begeistert entgegen. Dann flog ihr Blick von mir zu Henry und ihr Gesichtsausdruck wandelte sich innerhalb von Millisekunden von vergnügt zu völlig entsetzt . Der Korb fiel auf die Erde, wie in Zeitlupe verfolgte ich, wie er auf dem Boden aufkam. Das Rot der Tomaten verteilte sich auf dem Boden, eine Tomate rollte bis zu meiner Fußspitze und blieb dort liegen. Lennox sog scharf die Luft ein, Ben stolperte zurück und Olivia schlug die Hände vor den Mund. In Henrys Gesicht spiegelte sich das Entsetzen des Mädchens wider. Sie presste ihre zarten Hände an ihren Kopf, schrie aus voller Kraft, sank hinab und wand sich wie unter Schmerzen auf dem Boden. Sie war außer sich, krümmte sich brüllend auf den Dielen und schaukelte hektisch hin und her. Mir wurde schlecht und es legte sich eine kalte Klaue um mein Herz.
    »Louisa …«, stieß Henry atemlos hervor.
    Olivia eilte zu ihr und nahm sie in den Arm. Das Mädchen zitterte wie Espenlaub und vergrub seinen Kopf in den Schoß. Olivia zog sie grob hoch und brachte das völlig aufgelöste Mädchen fort, in den Flur und die Treppe hinauf. Henry setzte sich ächzend auf einen der Küchenstühle und vergrub sein Gesicht in seinen fahrigen Händen. Ich trat hinter ihn und legte ihm meine Hand auf die Schulter.
    »Du brauchst ihn gar nicht versuchen zu trösten, Hanna«, zischte Lennox mir zu. »Er ist alles andere als unschuldig ... so, wie es aussieht.«
    Ich schluckte schwer und setzte mich neben Henry, die anderen folgten mir. Wir saßen uns gegenüber – Lennox, Ben, Henry und ich. Einige Minuten vergingen schweigend. Angestrengt forschte ich in den Mienen der anderen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Lennox und Ben warfen sich vielsagende Blicke zu und Henry seufzte ununterbrochen wie unter einer schweren Last. So kannte ich ihn gar nicht. Aber was, wenn ich ihn überhaupt nicht wirklich kannte? Angst kroch mir ins Herz.
    »So, jetzt mal Klartext, Henry! Sie kennen das Mädchen. Sie haben anscheinend einen bleibenden Eindruck hinterlassen.« Lennox’ Hände zuckten

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