Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Lachen feuerte Frau Hagedorn noch einmal die Waffe ab, mitten in sein Herz. Das Rauschen in meinen Ohren übertönte sogar mein Kreischen . » Sie Monster, Sie verdammtes Miststück! « Ich glaubte zu ersticken.
Unter Henry verbreitete sich zügig Blut. Es bildeten sich kleine Flüsschen und Seen auf dem sandigen Boden, als mein Blick von dem dunkelroten Strom weggerissen wurde. Frau Hagedorn war auf mich zugetreten, hatte mich grob am Kinn gepackt und mich nun gezwungen, sie anzuschauen. »Ich glaube nicht, dass ich hier das Monster bin«, zischte sie mir zu und kniff mir grob in mein Kinn. Versteinert stand ich da, mit viel zu viel Krach in meinem Kopf . Sie glaubte tatsächlich an ihre Sache, glaubte, dass ich und die anderen die Monster seien, die es auszurotten gilt. Wie im Mittelalter.
»Warum helft ihr diesen Verbrechern? Sie werden sich irgendwann gegen euch richten!« Hilflos wand ich mich im Griff meiner wuchtigen Bewacher, versuchte, an ihre Intelligenz zu appellieren. So dumm konnte man doch nicht sein. Es musste ihnen doch klar sein, dass sie in den Augen der Occulus Videns genauso wenig wert waren wie ich.
Einer der beiden drehte mir erneut schmerzhaft den Arm auf den Rücken und flüsterte mir zu: »Du hast ja keine Ahnung, was für ein Segen du für uns bist. Dank dir wird sich das jahrhundertealte Machtgefüge neu formen. Zu unseren Gunsten, versteht sich.« Er drückte sein Gesicht von hinten an meine Wange. Als er mit seiner Zunge über meine Haut leckte, konnte ich seinen fauligen Atem riechen. Ich wimmerte vor Ekel auf und versuchte, mich zu befreien. Mit einem heiseren Lachen knickte er mir mit einem Ruck mein Handgelenk um. Zeitgleich spürte ich es brechen, der Schmerz jagte brüllend hoch in meinen Arm. Ich krümmte mich, schrie. Meine Beine gaben nach. Schwindel nahm mir beinahe die Sicht und ich hing im Griff des Monsters, das mich unvermittelt fallenließ. Hart kam ich auf, spürte aber kaum noch etwas vom Sturz. Mein Gesicht auf dem sandigen Boden, ich sah hinüber zu Henrys leblosem Körper. Still liefen mir dir Tränen, sie mengten sich mit dem Sand des Bodens, strömten nur so aus mir heraus . Als ich die Glatzköpfigen mit Benzinkanistern wahrnahm, die hinter einem Wagen hervorkamen und sich nun daran machten, vor und an dem Haus Benzin auszugießen, kam ich langsam wieder zu mir. Klirrend brach das Glas der Fenster, die sie einschlugen, um das Benzin im Inneren zu verteilen. Ich schnappte nach Luft, als mir bewusst wurde, dass sie im Begriff waren, das alte Backsteinhaus anzuzünden, in dem Lennox und Olivia vielleicht noch immer bewusstlos lagen, wenn Ben oder Louisa sie nicht gerettet hatten – falls sie selber überhaupt in der Lage gewesen waren. In mir begann es zu lodern.
Blitzschnell sprang ich auf, tauchte unter den nach mir greifenden Händen durch und rannte zum Haus, als mich doch noch jemand erwischte. Ich wurde herumgerissen und mit einem zielsicheren Faustschlag ins Gesicht niedergestreckt, durch den ich hart auf dem Bauch landete. Blut sammelte sich in meinem Mund . Es ignorierend, robbte ich entschlossen weiter an das Haus heran. Dort war jemand! Ich wartete und erkannte dann Ben, versteckt im Eingang, als ich erneut wuchtvoll hochgerissen wurde. Verzweifelt kämpfte ich um Luft . Die Hagedorn brüllte Befehle, die ich nicht verstand. D ie Benzinspur flammte auf. Das Lauffeuer bahnte sich so schnell seinen Weg und griff auf das alte Gebäude über, dass mir kaum Zeit blieb, um es zu begreifen.
Ben sprang aus dem Hauseingang, hob die Hände und eine starke Druckwelle erfasste die Meute – und mich. Ich wurde fortgerissen, dreimal herumgeschleudert und kam am Rande des Kornfeldes ächzend im Sand auf. Meine Beine waren taub, ich konnte sie nicht spüren, mein Blick flog zum brennenden Haus zurück und zu Ben, der mit seiner Magie versuchte, die Angreifer in Schach zu halten, die sich jedoch von der Druckwelle schon wieder erholten und sich erneut zum Haus bewegten, das immer gieriger von den Flammen verschlungen wurde.
Kampfbereit schleuderte Ben erneut eine Druckwelle auf die Zeitwandler, aber hinter ihm kam bereits ein bewaffneter Mensch wieder auf die Beine. Es waren einfach zu viele! Mit überwältigender Intensität ergriff mich überschäumende Wut und Hilflosigkeit. Kalter Zorn preschte durch meine Adern und die Verzweiflung wegen der Ungewissheit über Lennox’ Zustand rammte mir ein riesiges Loch in die Brust. Ich holte tief Luft. Immer und immer
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