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Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
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schmalen Flur angekommen, sah ich an Lennox’ Schulter vorbei. Zuerst erkannte ich Henry, der in der Eingangstür stand. Hinter ihm schimmerten die restlichen muschelroten Lichtstrahlen der Abendsonne, die im Begriff waren, der Dämmerung zu weichen. Sein Blick war leer und kalt, er sah anders aus. Nicht richtig.
    Dann fiel mein Blick auf Olivia. Ich begriff erst nicht, warum sich der Flur auf einmal drehte und warum das laute Rauschen in meinen Ohren einsetzte. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, ohne zu verstehen, was hier vor sich ging.
    Olivia lag ausgestreckt auf ihrem Bauch im Flur. Ihr schwarzes Haar legte sich wie ein Fächer um ihren Kopf, eine Gesichtshälfte auf den alten Dielen, Blut quoll aus einer Schusswunde in ihrem Hinterkopf pulsierend hervor. Ich ließ meinen Kopf wieder zu Henry schnellen und sah in die Mündung einer Waffe, die er auf mich richtete. Mein Herz flatterte wie der Flügelschlag eines Kolibris. Mein Brustkorb zog sich zusammen und ich krümmte mich innerlich. Der Verrat machte sich in meinem Körper wie heiße Lava breit, er wurde durch meine Adern getrieben wie ein lähmendes Gift.
    Lennox schob mich weiter hinter sich. Henrys Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wenn ich auch nur einen Anflug von Müdigkeit verspüre, Nachtalb, dann drücke ich ab.« Henry trat bedacht auf mich und Lennox zu, der sich vor mir verkrampfte.
    »Hanna, es ist besser so. Du wirst jetzt mitkommen. Du wirst es verstehen.« Henrys Stimme war schneidend kalt wie Eis.
    Mechanisch schüttelte ich den Kopf. »Was hast du getan! Du bist ein Mörder.« Meine Stimme brach.
    Henry sah unbeteiligt auf Olivia, die reglos und noch immer blutend am Boden lag.
    »Die wird wieder ganz gesund.«
    »Und was ist mit Mister Whitkamp?«, fragte Lennox gefasst.
    »Nun, der nicht.« Henry zuckte gleichgültig die Achseln. Mein Mund war trocken und ich spürte nagenden Schmerz unter der Gewissheit, dass Henry den Hexer tatsächlich ermordet hatte, als Lennox die Zeit mit einem Flimmern zum Stehen brachte. Er stürzte zu Henry und wollte ihm die Waffe entreißen, als hinter diesem zwei große mächtige Gestalten in den Flur drangen und er zurücktaumelte. Ich schrie auf und sah mich panisch um. Ben stand erstarrt hinter mir, mit Louisa im Arm, Henry immer noch mit der Waffe vor uns, und Lennox wich langsam und bedacht weiter zurück, vor mir Stellung beziehend. Die Zeitwandler, die ins Haus drangen, grinsten uns überlegen entgegen. Angsteinflößend bauten sich die fast zwei Meter großen Kreaturen auf. Ein Kahlköpfiger mit blutunterlaufenen Augen zog klirrend ein Schwert hinter seinem muskulösen Rücken aus einer Scheide hervor und grinste Lennox abstoßend an.
    »Was wollt ihr?«, fragte Lennox beherrscht, jeden Muskel gespannt, als warte er nur auf ein Signal, um in den Kampf zu springen. Die Augen des einen Wendigos funkelten hart und berechnend wie die einer Raubkatze. Als seine Pupillen sich zu Schlitzen verengten, entrann meiner Kehle ein Keuchen, was ihn heiser und kalt auflachen ließ.
    » Sie wollen wir.« Der mit den Katzenaugen deutete auf mich und ich wich, unwillkürlich stolpernd, mit Panik im Herzen zurück. Es kam mir vor, als wäre mein Körper nicht mit mir verbunden, ich spürte meine Beine kaum. Mein Blick war immer noch auf das Monster vor mir gerichtet, das mit bedächtigen federnden Schritten auf mich zukam. Die Haut dieses Typen schimmerte bläulich und als er bösartig lächelte, entblößte er eine weiße Reihe von spitzen Raubtierzähnen. Ich runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen, weil ich nicht glaubte, was ich da sah. Die Zeit ruckte vorwärts und es kam wieder Leben in meinen Onkel. Ein Klingeln ertönte, wie von einem Wecker. Blinzelnd zog er ein Amulett unter seinem Hemd hervor und hielt es bedeutungsvoll in die Höhe. Es war der gleiche kleine Kompass, den ich auch besaß.
    »Wisst ihr, meine Lieben, was das hier ist? Dieser kleine Kompass zeigt nicht die Himmelsrichtungen an. Nein, er zeigt, wenn der Zeitfluss gestört wird. Kleinste elektromagnetische Teilchen geraten in der Luft durcheinander und die Nadel fängt an, sich zu drehen. Selbst noch einige Zeit danach. Es ist faszinierend.« Er besah und drehte ihn ehrfurchtsvoll in der Hand. Wie er dastand, wirkte er mehr und mehr wie ein Geistesgestörter.
    »So kann man zuverlässig feststellen, wann man beraubt oder manipuliert worden ist. Sehr nützlich, dieses kleine Schmuckstück.« Er betrachtete den Kompass weiter. »Einige

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