Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
aufgespießten Schmetterling besah. Es gefiel mir nicht, aber ich versuchte tapfer, mir nichts anmerken zu lassen und suchte Louisas Blick. Sie sah mir ruhig und vertraut freundlich entgegen, was mir ein wenig Zuversicht schenkte. Ich holte noch einmal Luft und brachte mich innerlich in Ordnung.
»Das ist Mister Damian Hill, ein Zeitwandler und Mitglied des Rates.« Ich gab dem rothaarigen Mann mit den giftgrünen Augen und dem riesigen Leberfleck auf der rechten Wange die Hand. Er lächelte mich vorsichtig an und drückte sie viel zu fest.
»Und dies hier, meine liebe Hanna, ist Mister William Gray, Hexenmeister des Rates und Besitzer dieses schönen Anwesens, auf das wir uns zurückgezogen haben.«
Ich sah ihm in die Augen und versuchte ein Lächeln. Er lächelte freundlich zurück und reichte mir seinerseits die Hand. Er war groß und schien älter als die anderen, sein weißes Haar hatte er zurückgekämmt. Unter seinen vollen weißen Augenbrauen, die ihm etwas über die graublauen Augen fielen, sah er mich von oben bis unten an. Er kam mir irgendwoher bekannt vor. Ich gab ihm die Hand und schüttelte sie. Ben stand dicht neben mir und begrüßte die Herren ebenfalls.
»Mister Gray wird dir einige Dinge über die Zeremonie nahebringen. Ich und Mister Hill haben noch andere Dinge zu regeln und werden euch gleich in Ruhe arbeiten lassen.« Mein Blick flog zwischen meinem Vater und Mister Gray hin und her. Mister Gray lächelte mich freundlich an, als mein Blick sich in seinem Profil verfing. Ich erstarrte und eine verschwommene Erinnerung drängte sich in mein Bewusstsein. Ich vergaß das Atmen und meine Gesichtszüge entglitten mir. Ich sah das mir bekannte Profil mit den langen weißen Haaren, dann wandte sich mir das Gesicht zu, in meiner Erinnerung vor Wut verzerrt, bevor sich die Hand desjenigen gehoben und meine Mutter mit einer Druckwelle von mir gerissen hatte. Ich erinnerte mich, wie die Person näher an mich herangekommen war und wie schließlich alles ins Dunkel getaucht wurde.
Mister Gray starrte mich an, er lächelte immer noch, aber sein Lächeln erreichte seine Augen nicht mehr.
»Dominik, warten Sie bitte«, sagte er ernst, wandte den Blick aber nicht von mir ab. Mein Herz setzte aus und schlug unregelmäßig weiter. »Hanna, was ist?« Ben nahm fest meine Hand und sah besorgt in mein Gesicht. »Er ist der Hexer, der mir mein Gedächtnis blockiert hatte.« Ich stammelte die Worte angestrengt hervor und sah wie hypnotisiert auf Mister Gray. Ben versteifte sich und sah angespannt zwischen meinem Vater und Mister Gray hin und her.
»Ja, das ist richtig.« Mister Gray sah mich verbissen an, aber es war nicht er, der sprach, sondern mein Vater. Irritiert sah ich zu meinem Vater. Er erwiderte völlig unbeeindruckt meinen Blick, fuhr sich lässig durch sein blondes Haar und rückte seine Anzugjacke zurecht. »Er wird dir alle Fragen beantworten, die du hast. Also setz dich und benimm dich nicht kindisch.«
Bei seinem letzten Satz schnaufte ich fassungslos auf, setzte mich aber, wie mir geheißen, auf einen der Stühle und nahm gerade noch wahr, wie mein Vater Ben an seine Seite dirigierte. »Du wirst dich mit Louisa woanders hinbegeben, damit die beiden ungestört sind.« Ben sah kurz zu mir, bevor er Louisa zu sich winkte und mit ihr den Raum verließ, dicht gefolgt von meinem Vater und Mister Hill. Ich war allein mit einem Mann, den ich fürchtete, der mir jetzt gegenübersaß und mich wieder eingehend studierte. Meine Hand schloss sich fest um die Tischkante und ich versuchte, stark und gefasst diesem Hexer ins Gesicht zu sehen.
»Hanna, es ist schön, Sie endlich kennenzulernen.« Er räusperte sich und versuchte ein Lächeln. Ich konnte nichts erwidern, mein Hals fühlte sich trocken und rau an.
»Ich habe Sie damals vor Ihren Erinnerungen schützen wollen. Ihr Vater hat es so gewünscht.« Unverwandt sah ich ihn weiter an. »Sie haben meine Mutter von mir weggeschleudert. Sie haben sie verletzt und hätten sie töten können.« Ich wurde zornig und versuchte, wieder Ruhe zu erlangen. S chwermütig lächelte er mich an und fuhr sich durchs Haar . »Ihre Mutter hatte sich mit den Occulus Videns eingelassen. Ich konnte mir nicht sicher sein – in dem Moment, als ich hereinkam – ob sie Ihnen etwas antun würde.«
Seinen Blick ins Leere gerichtet, machte er eine lange Pause und sah mich dann ernst an. »Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die Occulus Videns daran zu hindern, ihr Vorhaben bis
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