Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
Vom Netzwerk:
Blut quoll aus seinem deformierten Kopf und seine Augen starrten blicklos in die Wipfel der sich vom aufkommenden Sturm windenden Bäume über ihm. In mir drehte sich alles und ich verlor das Bewusstsein für alles, was jetzt kam. Ich war nicht länger mit meinem Körper verbunden .
     
    »Beruhige dich!«, raunte er mir zu. »Komm mit mir. Und beruhige dich endlich!« Er hatte mich an den Schultern gepackt und schüttelte. Ich schlug um mich. Er, der in meinen Alpträumen nie eingegriffen hatte.
    Er, den ich für ein Hirngespinst gehalten hatte. Er, der mich an meinem Verstand zweifeln ließ, wie so viele andere Umstände. Nun sah er mir fest in die Augen, sein Mund war zu einer schmalen Linie verzogen.
    Ich holte Luft und krächzte: »Ich hab ihn umgebracht!« Schluchzer schüttelten mich.
    »Verdammt noch mal, beruhige dich endlich!!« Er sah mich mit zusammengepressten Lippen und mahlenden Kieferknochen gehetzt an.
    Ich hatte mich oft gefragt, wie seine Stimme wohl klingen würde. Aber auch, wenn seine Stimme samtig, warm und weich war, selbst, wenn er mich wütend anraunte, vermochte sie nicht, mich aus diesem Zustand völliger Hysterie zu reißen.

Kartenhäuser
     
    Das Haus war ziemlich gut gelungen. Es war dreistöckig und ich versuchte gerade die letzten Dachschrägen einzusetzen. Langsam führte ich die letzten zwei Karten zueinander und hielt konzentriert den Atem an, als jemand meinen Tisch anstieß und mein Kartenhaus in einem Rutsch zusammenfiel.
    Z ischend ließ ich den Atem verärgert entweichen und verfolgte die davonfliegenden Karten mit den Augen. Ein paar Tische weiter machte ein wirres Mädchen einen riesigen Aufstand um irgendetwas und brüllte völlig unsinniges Zeug vor sich hin. Die beiden Pfleger, die den Saal heute Nachmittag beaufsichtigten, liefen zu ihr herüber, redeten auf sie ein und versuchten, sie zu beruhigen. Ich nannte die beiden Dick und Doof. Der eine war ein schwabbeliges ungepflegtes Ungetüm. Wenn er glaubte, ich bemerke es nicht, glotzte er mir auf den Arsch. Und sobald sich eine Möglichkeit bot, berührte er mich, wo es nur eben ging. Mal ganz zufällig am Arm oder der Hand oder aus Versehen an meinem Hintern. »Oh, entschuldige bitte, war keine Absicht«, kam anschließend aus seinem breiten Froschmaul und seine aufgequollenen Augen stierten mir anzüglich entgegen.
    Der andere war normal gebaut, um die dreißig und schielte schrecklich. Wenn er mit mir sprach, wusste ich nie so genau, in welches Auge ich schauen sollte. Und mir wurde immer ganz schwindelig vom ganzen Hin- und Herschauen. Er wirkte recht anständig und manchmal war es ganz nett, mit ihm ein paar Sätze zu reden.
     
    Hinter mir hüpfte Aylin vor Freude über den Tumult wie ein kleines Kind auf und ab und traf mit ihrem Teddybären immer wieder mein Tischbein. Was bedauerlicherweise zur Folge hatte, dass mein monumentales Bauwerk frühzeitig abgerissen wurde.
    Aylin war ungefähr sechzehn und kicherte wie eine Fünfjährige dumm vor sich hin. Sie hatte ganz offensichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Dummerweise dachten das einige andere Leute nun auch von mir. Deshalb war ich hier. Ganze zwei Tage schon. Onkel Henry war noch kein einziges Mal hier aufgetaucht. Angeblich war er nicht aufzufinden, was mir unbegreiflich schien. Keiner wusste, wo er war und wann er wieder auf der Bildfläche erscheinen würde. In der Zwischenzeit hatte ich zwei Polizisten, einer Ärztin und meiner Zimmernachbarin ausführlich von dem Abend erzählt, an dem mein Freund Mark starb. Ich hatte eingeräumt, dass mich vermutlich eine gewisse Mitschuld an seinem frühen Ableben traf. Doch ich hatte ihnen dabei immer wieder versichert, dass es ein Unfall gewesen war und diese drei Frauen eine entscheidende Rolle gespielt hatten. Schließlich gab es doch einen Zeugen, der auf seinem schwarzen Motorrad dazugestoßen war und sich sogar mit den Frauen geprügelt und eine üble Schnittverletzung unterhalb der rechten Augenbraue davongetragen hatte und sicherlich bald eine Aussage tätigen würde, um mich zu entlasten. Dazu gab ich eine genaue Personenbeschreibung ab, da ich mit seinen Äußerlichkeiten ja hinreichend vertraut war. Schließlich sah ich ihn ja schon jahrelang in meinen Träumen, was ich natürlich für mich behielt. Manchmal fragte ich mich, wo mein Verstand war, als ich ihnen von der Sache mit den bluttrinkenden Vamps erzählt hatte. Diese kleine besondere Einzelheit hätte ich vielleicht lieber für mich behalten

Weitere Kostenlose Bücher