Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
schief, was seine Augen für einen Moment glitzern ließ . »Und nein, ich habe dich noch nie bestohlen. Obwohl deine unschuldigen kleinen Fantasien unglaublich köstlich sind.« Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. Empörung über seine Offenheit machte sich in mir breit und meine Wangen glühten bei der Vorstellung, dass er jederzeit in meine Träume eingedrungen sein konnte.
»Ich habe nie jemanden … bestohlen , ich bin …«
»Ja, was bist du , Hanna Cherryblossom ? Hast du nicht diesem jungen Mann – wie war so gleich noch sein Name ... Mark – mit einem Kuss gleich so viel seiner Lebensenergie ausgesaugt, dass er ins Krankenhaus musste? Weißt du, das wäre auch unauffälliger möglich gewesen.« Heiser lachte er auf und zog seine Augenbrauen wieder spöttisch hoch. In meinem Bauch summte die Wut und ich hatte unglaubliche Lust, diesem Lennox sein blödes Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln.
»Ich hab nicht …, ich weiß ja nicht mal, wie das gehen soll.« Viel zu fest presste ich die Lippen aufeinander und suchte nach Worten.
»Aber du begreifst langsam schon, was du bist, oder?«
»Ich bin eine Person, die in ziemlichen Schwierigkeiten steckt und sich nicht einmal sicher ist, ob sie gerade mit einer Halluzination spricht.« Mein Lachen klang hysterisch in meinen Ohren.
Er verdrehte die Augen und seufzte leise auf. »Denk doch mal nach, Mädchen! Sei nicht töricht. « Ungeduldig sah er mich an. Töricht , hallte es in mir nach. Wer sagte eigentlich noch so ein Wort? Gerade als ich mich fragte, warum ich Zeit hatte, mir über so eine Nichtigkeit Gedanken zu machen, kam er viel zu schnell näher und sprach eindringlich weiter.
» Nachdem du diesen Mark angefallen hattest«, er malte Gänsefüßchen in die Luft, »konntest du das erste Mal die Zeitverschiebungen wahrnehmen. Außerdem hast du dich danach sehr wahrscheinlich ziemlich gut und ausgeruht gefühlt. Ist es nicht so gewesen, meine Liebe?«
Seine unglaubliche Arroganz, mit der er versuchte, mir die Lage beizubringen, schürte das Feuer in mir. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass es stimmte, was er da von sich gab. Das würde aber bedeuten, das würde bedeuten … ja, was eigentlich?
»Was weißt du über meine Mutter?« Ich hielt die Luft an, als sein Blick trübe wurde, er zurücktrat und an der Wand in die Hocke ging.
» E s musste ja zu diesem unschönen Thema kommen, ich hatte gehofft, dass wir darüber ein anderes Mal sprechen könnten.« Es war mehr als Frage formuliert, aber in mir hallten nur die Worte unschönes Thema wider.
» Unschönes Thema! «, spie ich ihm entgegen.
»Also nicht?«, fragte er, bevor er weitersprach. »Dominik Dawn hatte mich im Sommer 1998 beauftragt, euch Kinder zu ihm zu bringen. Dich und deine Geschwister, Emily und Sarah. Dominik war schon seit einiger Zeit geschäftlich sehr eingebunden in Amerika und deine Mutter war alleine in England. Wir hatten den Verdacht, dass deine Mutter wusste, dass ihre Kinder nicht ganz das Erbmaterial trugen, wie sie es erwartete. Obwohl Dominik sich zusehends zurückzog und bereit war, den Kontakt vorerst ganz abzubrechen, war deiner Mutter bereits bewusst geworden, dass er nicht alterte. Dass sie so unerwartet und schnell reagieren würde, war niemandem klar. Ich kam schlicht und ergreifend zu spät.« Er zuckte mit den Achseln, kühl und anteilslos, als würde ihn das alles überhaupt nichts angehen.
Ich schluckte an einem Kloß in meinem Hals und fing an zu lachen. » Zu spät gekommen , so einfach ist das für dich. Meine Mutter ist mit einem Messer auf uns losgegangen und du sagst einfach völlig lapidar, dass du leider zu spät gekommen bist. Was ist passiert, hast du den Bus verpasst oder was?«
»Es war wohl eher so, dass keiner damit gerechnet hatte, dass deine Mutter zu so etwas fähig ist. Andererseits: Schon im Mittelalter haben die Menschen ihre Wechselbälger getötet.« Er schaute mich an und zuckte mit den Achseln. Kälte stieg in mir auf, ich sah rot und formte meine Hände zu Klauen. Mit einem Aufschluchzen sprang ich vom Bett auf ihn zu. Seine Teilnahmslosigkeit sollte er mir büßen, ich würde ihm ein paar Andenken in seinem schönen Gesicht hinterlassen für seine Kaltschnäuzigkeit. Ich sah seine Augen sich vor Verblüffung weiten und registrierte sein Verschwinden in dem Moment, als ich schmerzhaft gegen die Wand prallte. Als kräftige Arme meine Mitte umschlossen, entwich mir ein Keuchen. Wütend versuchte ich, um mich zu
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