Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
unterbrach sie mit einem Kopfschütteln. »Sie ist die Einzige.« Er sah sie ernst an und schluckte schwer.
» Sie ist deine ach so geheime Sache, der du dich das letzte Jahrzehnt gewidmet hast.« Ein triumphierendes Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie Lennox’ verzweifelten Gesichtsausdruck bemerkte.
»Und es muss weiter geheim bleiben.« Verstehen lag in ihrem Blick. Sie winkte ihn aus dem Schlafzimmer.
»Warum bringst du sie überhaupt her?«
»Es ging nicht anders. Wir hatten einen Zwischenfall mit einem ziemlich unangenehmen Wendigo. Er hat sie verletzt, bevor ich ihn außer Gefecht setzen konnte. Ich denke, es wird schnell heilen, aber sie braucht ein wenig Ruhe.« Lennox hoffte, damit würde es erst einmal gut sein.
»Ich werde auf sie achtgeben und sie hüten wie einen Schatz, versprochen.« Er erkannte die Aufrichtigkeit in ihrem Blick und stürzte sich kopfüber in die restliche Nacht, um seinen Hunger zu stillen. Er hatte unheimlich viel Kraft verloren und sich die letzten Minuten in Hannas Gegenwart ununterbrochen kontrollieren müssen, um sie nicht anzufallen. Ihre Energie lockte ihn mit einer Kraft, die beinahe körperliche Schmerzen verursachte. Nun war er für kurze Zeit frei und würde sich holen, was er bekommen konnte.
Ich mühte mich aus dem Schlaf. Sonnenlicht stach mir scharf in die Augen und ich sah mich blinzelnd um. Wieder ein neues Schlafzimmer, in dem ich wach wurde. Schwungvoll schlug ich die Bettdecke zurück. Ich erinnerte mich sofort, in wessen Wohnung ich mich befand und katapultierte mich in meine neue Welt mit Monstern und Gewalt hinein. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Rücken und ich schüttelte mich.
Angestrengt lauschte ich in die Stille, ob ich Lennox vertraute Stimme irgendwo hören konnte. Aber es war still, verdammt still. Olivia musste eine Baobhan-Sith sein. Mir war die Ähnlichkeit zu den anderen blutsaugenden Nymphen nicht entgangen. Ihre Anmut, die porzellanartige Haut. Sie war Asiatin, ihre schönen Mandelaugen hatten mich scharf gemustert und mir die Härchen im Nacken aufgestellt. Mir war nicht wohl dabei, in Olivias Revier zu sein, schon gar nicht, wenn Lennox nicht in der Nähe war. Mit fliegendem Puls trat ich aus dem Raum und stand mitten in einem geräumigen weiß gehaltenen Wohnzimmer. In einem Sessel der dazugehörenden Sitzgruppe saß Olivia und musterte mich in dem Moment, als meine Füße über die Schwelle traten. Lange Zeit sagte sie gar nichts und ich hatte das Gefühl, angewachsen zu sein. Suchend ließ ich meinen Blick schweifen.
»Er ist nicht da, Hanna. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Lennox wird bald wieder zurück sein.« Ihr Blick hing kühl und schwer an mir, aber ich spürte die Bemühungen der Nymphe, möglichst freundlich zu sein.
»Ich habe nicht oft menschlichen Besuch, also verzeih bitte meine Befangenheit.« Würdevoll erhob sie sich und lächelte mich an. Ihr weites seidenes Kleid schwang bei jedem Schritt schmeichelnd um ihre Hüften. Ich blickte betreten auf den gefliesten Boden und wusste nicht so recht, wohin.
Olivia berührte mich beim Vorübergehen leicht an meiner Hand und löste mich aus meiner Starre. Mit einem Nicken bedeutete sie mir, ihr zu folgen. Sie versprühte unterschwellig eine solch starke Autorität, dass ich ihr sofort hinterherlief.
»Du musst hungrig sein.« Sie kramte Obst, Müsli und Orangensaft aus den Küchenschränken und stellte es auf dem Küchentisch ab. Süffisant lächelnd setzte sie sich an den Tisch. Ich zog mir einen Stuhl zu r echt, setzte mich dazu und nahm mir einen Apfel. Während Olivia mir ein Glas Saft eingoss, beobachtete sie, wie ich meinen Apfel aß.
»Ich habe gehört, es gab einen Zwischenfall mit einem Wendigo?« Mir wurde flau im Magen und ich verzog mein Gesicht bei dem Gedanken an das Ungeheuer, an die Angst und den Schmerz.
»Und du bist also eine halbe Nymphe?« Sie legte eine bedeutungsvolle Pause ein und grinste bis über beide Ohren. »Dann sind wir ja so was wie Schwestern, nicht wahr?« Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück und blickte aus dem Küchenfenster. Ich runzelte die Stirn.
»Ich glaub schon«, setzte ich unsicher an und wich ihrem taxierenden Blick aus.
»Ich weiß nicht viel über die Zeitwandler.«
Jetzt sah Olivia interessiert auf und ein Glitzern trat in ihre schönen braunen Mandelaugen. »Nein? Wie weit bist du in deiner Metamorphose? Bist du denn schon hungrig?« Sie sprühte nur so vor Neugierde, was mir unangenehm
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