Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
?« Mir lief es kalt den Rücken herunter und meine Bewegung erstarrte. »Also hat sie damals Marks Tod angekündigt, richtig?«
»Richtig.« Lennox’ Gesicht war ausdruckslos. Er sah an mir vorbei.
»Und es könnte also sein, dass jetzt bald jemand stirbt – du oder ich?« Ich rang angespannt meine Hände.
Er schüttelte den Kopf und zuckte mit den Achseln. »Nein, eher ein Mensch.«
Mir versagte die Stimme und ich hatte einen Bienenschwarm im Magen. Ich räusperte mich.
»Du meinst, ein mir nahestehender Mensch könnte in sehr naher Zukunft sterben? Ein Mensch wie Maike zum Beispiel?« Kälte kroch mir durch die Adern und ich versuchte, nicht loszuschreien.
»Nein. Ja, rein theoretisch könnte es Maike treffen. Da sie jetzt aber nicht mehr mit uns zusammen ist, verbessern sich ihre Überlebenschancen auf siebzig Prozent. Die unmittelbare Gefahr sind wir.« Er schaute mir sachlich ins Gesicht und verzog keine Miene, fast so, als hätte er mir gerade die Bruchrechnung erklärt.
Meine Ohrfeige traf ihn mitten im Gesicht. Mehr überrascht als ernsthaft schmerzlich getroffen fasste er sich mit vor Unglauben geweiteten Augen an seine rote Wange.
»Wofür zum Teufel war das denn jetzt?«, flüsterte er fassungslos.
»Für die restlichen dreißig Prozent, mit denen du meine Freundin ihrem Schicksal überlässt. Alleine! Und mich kein Stück in die Entscheidung mit einbeziehst.« Betroffenheit huschte über seine Züge, die aber schnell von Wut abgelöst wurde.
»Ich habe die Verantwortung für dich. Und für niemanden sonst. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, auch nicht I hnen, Fräulein Unvernunft!«
Ich wandte mich von ihm ab und ertrank in selbst gemachten Vorwürfen. Niemals hätte ich Maike mit in meine Welt ziehen dürfen. Draußen war es fast dunkel und der Wind heulte um die losen rostlöchrigen Schiffswände. Meine Gedanken kreisten und ich vergrub jammernd den Kopf in meinen Händen. Lennox sah etwas betreten auf mich herab. Als er meinem zornigen Blick begegnete, wandte er sich schnell wieder ab und sah an mir vorbei. Die nächsten Minuten krochen zäh wie Teer vorüber. Traurig horchte ich auf den Wind dort draußen und verfluchte alle Zeitwandler dieser Welt, mich eingeschlossen. Ich hoffte, dass Maike gesund und munter auf dem Weg nach Hause war, bis ich plötzlich ihre Stimme hörte. Oder meinte, sie gehört zu haben. Zweifelnd versteifte ich mich und lauschte angestrengt. Die Stimme war Spielball des Sturms und wurde undeutlich zu uns herübergetragen. Aber tatsächlich: Es war eindeutig Maike, die meinen Namen rief. Mein Blick traf Lennox, der mich wachsam ansah. Ich sprang auf und wollte rauslaufen. Gleichzeitig sprang er auf und seine Hände umfassten meine Handgelenke wie ein Schraubstock. Ich keuchte auf und mein Blick flog in sein angespanntes Gesicht. Er sah mir bittend in die Augen und schüttelte dabei mit dem Kopf. »Kannst du bitte einmal machen, was ich dir sage, Hanna?«, presste er mühsam hervor.
»Vielleicht hat ihr Auto eine Panne und sie braucht Hilfe?« Ich sah ihm unbeugsam ins Gesicht, schob mein Kinn trotzig vor und sah auf eine Hand, die viel zu fest mein Handgelenk umklammerte. »Ich kann sie nicht im Stich lassen«, fauchte ich ihn an.
Die Banshee geisterte durch meine Gedanken und Angst um meine Freundin fraß sich ätzend in mich hinein. Aber Lennox’ Griff um meine Handgelenke verstärkte sich und ich stöhnte unter dem Schmerz auf. »Du tust mir weh«, keuchte ich. Unvermittelt gab er mich frei , wandte sich ab und raufte sich fluch end die Haare . Er nahm mich am Arm und schob mich vor sich, rauf zum Schiffsdeck. Ich spähte um die Ecke und dann entdeckte ich Maike, alleine und deplatziert in der asphaltierten Wüste stehend. Ohne Auto weit und breit stand sie unsicher im Wind, der immer wieder kleine Sandwirbel über den Platz trug, vor denen sie sich mit den Armen zu schützen versuchte, und rief wieder meinen Namen.
»Siehst du? Sie hat wahrscheinlich eine Panne. Ihr Wagen ist nicht da. «
»Sie sollte lieber alleine klarkommen. Das ist besser für sie « , brummte er vor sich hin.
Ich machte mich zielstrebig an den Abstieg vom Schiff, Lennox folgte dicht hinter mir. Vorsichtig hangelte ich langsam an der Treppe herunter, übersah die letzte Stufe und kam unsanft auf dem Boden auf. Ein Schmerz zuckte durch meinen Knöchel. Z ischend sog ich die Luft ein, wankte aber trotzdem unbeirrt durch den Wind auf Maike zu. Ich rief ihr zu und winkte. Sie stand
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