Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Resigniert wartete ich nur darauf, dass sie mich auch verstoßen und aus meinem Leben verschwinden würde. Also bewahrte ich Haltung und presste die Lippen aufeinander.
»Es stimmt, oder?« Ungläubig und sauer reckte sie mir ihr Kinn entgegen. Sie musterte Lennox. Dabei trat sie unsicher von einem Bein aufs andere und spielte mit ihrem Schlüsselbund in der Hand.
Lennox fixierte sie mit seinem Blick. »Und was wirst du jetzt tun, Maike? Laut nach der Polizei rufen?«, fragte er abgeklärt und taxierte sie unerbittlich.
»Nein, das haben schon andere getan« , sagte sie erstaunlich schnippisch. Sie drehte sich zu mir. Ich sah, wie sie ihr Gehirn zermarterte und sie sich nicht so recht entscheiden konnte, was sie tun sollte.
»Wie meinst du das?« Lennox zog mich an sich und in mir machte sich erneut Beunruhigung breit.
»Die Polizei ist schon da … und ich werde jetzt was sehr Dummes tun.« Ihre angespannte Maske fiel ab und sie strahlte mich an. »Ihr müsst hier weg, nehme ich mal an, mein Auto steht gleich um die Ecke, ich fahre euch.« Beim letzten Satz warf sie Lennox einen misstrauischen Blick zu, den er zu ignorieren versuchte. »Ich erwarte natürlich eine Erklärung.«
Ich nickte und lächelte, erleichtert darüber, dass ich meine letzte Freundin nicht verloren hatte, zumindest jetzt noch nicht. Wir schauten uns vorsichtig um und pirschten unauffällig an den Baumreihen entlang Maikes Wagen entgegen. Schnell stiegen wir ein und fuhren los. Ich saß auf dem Beifahrersitz und drehte mich nach hinten zu Lennox, er sah angestrengt immer wieder durch die Heckscheibe und das Seitenfenster. Er rechnete anscheinend damit, dass wir eingeholt werden könnten. »Seit wann hast du denn endlich den Führerschein und ein Auto?«, fragte ich Maike erstaunt und bemüht, Lennox’ Unruhe nicht auf mich übergreifen zu lassen. Sie blinzelte überrascht und strahlte mich anschließend an: »Seit vorgestern!«
Von hinten hörte ich ein leises Aufstöhnen und ich grinste breit.
»Das ist ja großartig, Maike, herzlichen Glückwunsch!« Ich nahm ihre Hand und drückte sie kurz.
Sie kicherte leise vor sich hin und machte ein stolzes Gesicht, bevor sie ins Grübeln kam. »Wo soll ich euch denn jetzt hinfahren?«
»Wir müssen nach Jork, zu einem alten Containerhafen«, antwortete Lennox knapp.
Maike zog fragend die Augenbrauen hoch und sah mich an. »Und was wollt ihr da? Also bist du wirklich aus der Klinik getürmt, wie alle sagen? Und der da auch?« Sie nickte bedeutungsschwer in Lennox’ Richtung. »Mein Gott, ich bin mit zwei Irren unterwegs. Wie geil ist das denn?« Sie lachte glucksend auf.
Überrollt von allem holte ich tief Luft und wollte gerade etwas erwidern , als Lennox mir ins Wort fiel: »Ich werde unser Fräulein Hanna von dort aus zu ihrem Vater bringen . Ihr Onkel kann sich derzeit nicht um sie kümmern. Und nein, ich bin nicht aus einer Irrenanstalt entflohen. Unsere gute Hanna hier allerdings schon.« Er grinste Maike über den Rückspiegel frech an und zwinkerte ihr zu.
»Fräulein Hanna!«, äffte sie ihn nach. »Ist der immer so?« Maike sah mich an, als wenn sie sich nicht entscheiden konnte, ob sie amüsiert oder verunsichert sein sollte.
»Ich bin nicht krank, Maike, das ist alles viel zu … verfahren , um es zu erklären. Ich muss einfach zu meinem Vater. Wenn du uns nach Jork bringen könntest, wäre ich dir sehr dankbar.«
Sie sah mir forschend ins Gesicht und formte tonlos mit den Lippen Bist du dir sicher? Ich nickte bestimmt und schaute in den Rückspiegel, in dem ich Lennox’ wachsamen Blick auffing.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Richtige tue. Ich meine, ob ich dir wirklich damit helfe, indem ich das tue . Wie dem auch sei, ich konnte dir noch nie einen Wunsch abschlagen und ich hoffe, du verzeihst mir, falls ich die falsche Entscheidung getroffen haben sollte.« Ihr fragender Blick war so voller Zerrissenheit, dass es mich schmerzte und ich mich abwenden musste.
»Du rettest mich damit, Maike«, kam es mir leise über die Lippen. Dann sah ich aus dem Fenster.
Nachdem ich Maike mit Lennox’ Hilfe eine plausible Geschichte aufgetischt hatte, war sie zufrieden und entspannte sich voll und ganz. Wir legten noch einen kleinen Zwischenstopp bei McDonald’s Drive In ein, weil wir alle einen gehörigen Hunger verspürten, und machten uns dann auf den Weg in Richtung Jork.
In einem abgelegenen Wäldchen machten wir Rast, saßen dabei vor Maikes Opel und breiteten unser
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