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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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Zum Beispiel diese Anweisung zum jungen Vanetti nach Wien zu fahren. Mit Guido habe ich mich gut verstanden. Er war ein echter Hoffnungsträger, aber seine Zeit - schauderhaft. Ein wildes Gemisch aus Religionen, Gier und Gewalt, sehr farbig, aber ohne erkennbare Richtung. Emilio hat es dann auch verpatzt, na ja. Ich bin gespannt auf seinen Nachfahren.
Er zieht jedenfalls diesmal viele Fäden. Vielleicht handelt es sich um einen Wettbewerb. Zwischen sehr ungleichen Gegnern, soweit ich es beurteilen kann. Dieser Typ, den sie Lynx nennen, ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert – nicht sympathisch, aber bemerkenswert – und dazu ein ungewöhnlich geheimnisvoller Mensch. Geheimnisvolle Menschen sind fast noch seltener als halbwegs intelligente Exemplare. Pardon, das ist mir jetzt so herausgerutscht. Ich weiß, ihr werdet nicht so gern als Exemplare bezeichnet, das verletzt euer Gefühl für eure Einzigartigkeit. Wirklich, manchmal könnte ich mich kringeln vor Lachen. (Den Ausdruck habe ich in einer Sitcom aufgeschnappt). Jedenfalls beschränkt sich das Geheimnis der Menschen in der Regel darauf, ein paar Dinge unter Verschluss zu halten, die ihnen peinlich sind. Was sie sexuell wirklich antörnt, beispielsweise, oder den letzten Versicherungsbetrug, einen Ladendiebstahl, dass sie heimlich fremde E-Mails lesen und schon einmal versucht haben, eine Erbtante über eine Treppe stolpern zu lassen. Aber das sind kleine, klebrige, unwichtige Geheimnisse, nichts von dem Geheimnisvollen, wie es bei Lynx stark ausgeprägt ist. Chiara Fontana hat hingegen – jedenfalls meiner Kenntnis nach – nichts eigentlich Geheimnisvolles, allerdings eine ganz spezielle Ausstrahlung. Sie schwingt auf einer anderen Frequenz als es bei vergleichbar gebildeten, klugen und selbstbewussten Menschenfrauen der Fall ist. Ich glaube nicht, dass sie den Unterschied schon bemerkt hat. Er hat ihn bestimmt erkannt.

49___
    Obwohl es Samstag war, traf Chiara sich schon um acht mit Elena zum Frühstück. Ein Ritual, das sie seit Jahren alle zwei, drei Wochen übten wie Schwestern, die in ganz unterschiedlichen Kreisen verkehren, aber in derselben Stadt leben und sich immer noch viel zu sagen haben. Nach einer knappen Stunde Cappuccinos, gefüllter Croissants und Tratsch begleitete Elena Chiara ins Nest, weil sie einen Rock ausleihen wollte. Eine sehr aufgeregte Signora Dragani fing sie im Stiegenhaus ab.
    „Dieser Mann, Sie wissen schon, der von der Bank, trieb sich wieder im Haus herum. Er ging nach oben. Als er nach ein paar Minuten wieder herunter kam, sprach ich ihn an und fragte, zu wem er denn wolle. Wissen Sie, was er sagte?“
    Chiara und Elena schüttelten stumm ihre Köpfe.
    „Er sagte: ‘Zu Dottoressa Fontana. Glauben Sie mir Signora Dragani, Sie müssen sich keine Sorgen machen.‘ Stellen Sie sich vor, er kannte meinen Namen!“
    „Und weiter?“ fragte Chiara.
    „Dann hat er mich in den Hintern gekniffen!“ rief die Signora entrüstet. „Aber als ich mich umdrehte, um ihm eine zu knallen, war er schon zehn Stufen entfernt. Also kann er es doch nicht getan haben. Dabei hat es sich haargenau so angefühlt. Ich bin ganz verwirrt.“
    Sie lief die Treppe hinunter.
    „Was ist mir da entgangen?“ erkundigte sich Elena.
    „Einiges“, seufzte Chiara. „Es ist ziemlich verwirrend.“
    Sie sperrte die Wohnungstür auf, die Freundinnen hängten ihre Jacken an die Haken der kleinen Garderobe und betraten den Wohnraum. Beide sahen sofort den Zettel, der auf dem Esstisch lag. Der verschmierte rote Streifen leuchtete ihnen entgegen wie ein Alarmsignal. Ein schlichter A4-Bogen ohne Kuvert, einmal gefaltet. Chiara öffnete ihn. Gemeinsam lasen sie die wenigen Sätze in Antonios Handschrift. Elena wiederholte sie laut.
    „Nimm den A-Grav und fahre nach Wien zu Vanetti. Ich bin jetzt in Sicherheit, kann Dich aber nicht treffen. Du hattest Recht. Es ist ernst, sehr ernst. Sie suchen auch nach Dir. Zögere nicht. In Liebe, Toni.“
    Sie packte Chiara an der Schulter und schüttelte sie. „Das ist Blut, vielleicht Tonis Blut! Was um Gottes Willen hat das zu bedeuten? Warum sollst du nach Wien fahren? Wer ist Vanetti? Was ist ein – wie heißt es – A-Grav? Wer sucht nach dir?“
    Chiara war sich bewusst, dass eine einfache Beschwichtigung nicht genügen würde. Aber zunächst musste sie einige Dinge klären. Sie sagte mit beschwörendem Unterton: „Du erfährst alles Elena, ich verspreche es dir. Aber jetzt lass‘ mich zehn Minuten in

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