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Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse

Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse

Titel: Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chloe Neill
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immer es gewesen war, er schüttelte es ab, zeigte mir wieder sein ausdrucksloses Gesicht und schlug den Tonfall des Meistervampirs an.
    »Ich habe dich hierher gebracht – die Informationen stehen dir zur Verfügung. Wir wissen, dass du mächtig bist. Reichere diese Macht mit Wissen an. Es würde zu nichts führen, bliebest du unwissend.«
    Sein Vorwurf traf mich hart, und ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war er schon auf dem Weg zur Tür, und nachdem er die Bibliothek verlassen hatte, konnte ich noch einige Zeit lang seine Schritte auf dem Marmorfußboden verklingen hören. Die Tür schloss sich wieder, und dann senkte sich tiefe Stille auf den Raum, eine Schatzkiste, die der Welt draußen verschlossen war.
    Als ich meine Aufmerksamkeit erneut den Büchern widmete und die Reihen überflog, erkannte ich Ethans Muster: Wann immer er mich als etwas anderes ansah als nur eine Waffe oder eine Bürde, wann immer wir den trennenden Graben unseres unterschiedlichen Ranges oder unserer Vergangenheit beim Reden außen vor ließen, wich er zurück, und in den meisten Fällen kränkte er mich, um den Abstand zwischen uns wiederherzustellen. Ich kannte einige seiner Gründe, vor mir zurückzuweichen – einschließlich seiner generellen Ansicht, dass ich unter seiner Würde war –, und vermutete andere: unsere unterschiedlichen Ränge.
    Aber da war noch etwas, etwas, das ich nicht genau erkennen konnte. Die Furcht in seinem Blick verriet ihn – er hatte vor etwas Angst. Vielleicht war es etwas, das er mit mir teilen wollte. Vielleicht war es etwas, das er nicht mit mir teilen wollte.
    Ich schüttelte den Kopf, um ihn freizubekommen, und blickte dann auf meine Uhr. Den größten Teil des Abends hatte ich mit Ethan, Nick und meinem Vater verbracht, aber bis Sonnenaufgang hatte ich noch zwei Stunden. Ich nutzte daher die Gelegenheit und durchstöberte die Bibliothek mit dem prüfenden Blick einer ehemaligen Wissenschaftlerin.
    Die Bücher waren in fiktionale und nicht-fiktionale Texte unterteilt, genau wie in einer herkömmlichen Bibliothek. Jeder Bereich war perfekt geordnet, jedes Bücherregal makellos sauber. In diesem Raum mussten sich Tausende von Bänden befinden, und es war absolut unmöglich, dass eine solche Sammlung ohne einen Bibliothekar geführt werden konnte. Ich sah mich um, fand aber keine Spur einer Ausleihtheke oder eines Verwalters. Ich fragte mich, welcher Glückliche diesen Job bekommen hatte. Und was noch viel wichtiger war: Warum war ich nicht die erste Kandidatin dafür gewesen? Sollte sich eine Englischstudentin mit Büchern oder Schwertern beschäftigen? Hörte sich für mich wie eine leichte Entscheidung an.
    Ich durchforstete die Regale nach etwas Lesbarem und entschied mich für ein Urban-Fantasy-Buch aus der Belletristik-Abteilung. Ich verließ die Bibliothek mit einer wehmütigen Verabschiedung – typisch Streber – und versprach den Bücherreihen zurückzukehren, wenn ich mehr Zeit hätte. Dann ging ich nach unten und zur Rückseite des Hauses. Ich folgte dem langen Korridor zur Cafeteria, wo sich eine Handvoll Vampire leckere Sandwiches vor Morgengrauen gönnten und ihre Köpfe hoben, als ich zur Hintertür ging. Ich verließ das Haus durch die Terrassentür, überquerte die Ziegelsteinterrasse und betrat den Weg zu dem kleinen französischen Garten. In der Gartenmitte stand ein Brunnen, der durch ein Dutzend Bodenleuchten angestrahlt wurde, und ihr Licht war gerade hell genug, um ein Buch lesen zu können. Ich suchte mir eine Bank, legte gemütlich die Beine hoch und öffnete das Buch.
    Die Zeit verging, und nichts und niemand störte hier draußen meine Ruhe. Da sich die Nacht dem Ende neigte, machte ich ein Eselsohr in die Seite, auf der ich zu lesen aufgehört hatte, klappte das Buch zu und streckte die Beine aus. Als ich aufstand, warf ich einen Blick auf die Rückseite des Hauses. In einem Fenster im zweiten Stock zeichnete sich eine Gestalt ab, die Hände in den Taschen, den Blick auf den Garten gerichtet.
    Es war eins der Fenster in Ambers ehemaligen Zimmern, der Suite neben Ethans Apartment, der Suite, die er hatte räumen lassen. Amber war nicht mehr da, auch nicht mehr ihre Möbel; ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand anderes in diesem Zimmer sein konnte, und schon gar nicht, dass er in den Garten starrte.
    Einen Augenblick lang blieb ich stehen, das Buch in Händen, und betrachtete ihn bei seiner Meditation. Ich fragte mich, woran er gerade dachte.

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