Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein«, sagte er, »aber dein Vater hat mich darauf hingewiesen, dass ihr einige Wochen lang nicht miteinander gesprochen habt.«
Ich machte mir nichts aus meinem Vater, aber ich war wenig begeistert von dem Gedanken, dass er meinen Großvater als Blitzableiter missbrauchte.
»Wie es der Zufall will, habe ich ihn gestern getroffen, als er das Haus des Bürgermeisters verließ. Wir haben uns nett unterhalten«, versicherte ich meinem Großvater.
»Braves Mädchen«, sagte er mit einem Lächeln.
Ich sprang vom Tisch. Es war an der Zeit, ein paar Nachforschungen anzustellen. »Ich muss los, und du musst zurück zu deiner Party. Die beiden hier werden dir alles Weitere noch berichten.«
»Ich habe wohl kaum eine Chance, mich dagegen zu wehren«, sagte mein Großvater. Er umarmte mich noch einmal und ließ mich dann gehen.
Ich verabschiedete mich und ging zur Eingangstür. Als ich an den Flusstrollen vorbeikam, nickten sie mir zu. Sie hatten mich anscheinend auf ihre Art geprüft und für gut befunden – vielleicht nicht als Vampirin, aber als Enkelin eines Mannes, dem sie vertrauten.
Freunde in hohen Positionen zu haben lohnte sich immer, vor allem, wenn man Feinde in noch höheren Positionen hatte.
Mein Handy klingelte, als ich gerade in meinen Wagen einstieg. Ich zog die Tür zu und klappte es auf. Mallory war am anderen Ende.
»Hallo, blauhaarige Schönheit. Was gibt’s?«
Sie antwortete nicht, sondern fing sofort an zu schluchzen.
»Mallory, was ist los? Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Katharsis«, sagte sie. »Ich heule mir gerade die Augen aus dem Kopf.«
Ich atmete tief durch. Ich wäre bereit gewesen, die Reifen qualmen zu lassen, wenn sie in Gefahr gewesen wäre. Aber jedes Mädchen weiß, wie wichtig ein kathartischer Heulanfall war – wenn man nicht aus einem bestimmten Anlass weint, sondern einfach, weil die ganze Welt ein einziges Problem zu sein scheint.
»Möchtest du über irgendwas reden?«
»Schon. Nicht wirklich. Ich weiß nicht. Kannst du vorbeikommen?«
»Klar. Wo bist du?«
Sie schniefte. »Ich bin noch in Schaumburg. Ich sitze im Goodwin’s direkt an der Interstate 90. Ich weiß, das ist weit für dich, aber könntest du zu mir kommen? Hast du die Zeit?«
Goodwin’s war eins dieser allgegenwärtigen Restaurants, die vierundzwanzig Stunden geöffnet hatten und normalerweise in Büroparks oder auf Hotelparkplätzen zu finden waren. Die Sorte Etablissement, die von älteren Mitbürgern nachmittags gegen vier und von Teenagern um Mitternacht aufgesucht wurde. Ich würde Mallory nicht gerade als Feinschmeckerin bezeichnen, aber sie hatte durchaus ein Interesse an gutem Essen. Wenn wir uns im Goodwin’s trafen, dann wollte sie entweder eine sehr schlichte Mahlzeit oder nicht gesehen werden.
Mir gefielen beide Alternativen nicht.
»Ich fahre gerade vom Büro des Ombudsmanns los. Ich brauche etwa fünfundvierzig Minuten zu dir. Ist das in Ordnung?«
»Ja, ich lerne hier. Ich werde auf dich warten.«
Wenn sie lernte, dann erklärte das die Restaurantwahl. Wir verabschiedeten uns, und ich sah zur Eingangstür zurück und überlegte einen Augenblick lang, ob ich wieder hineingehen und Catcher warnen sollte, dass seine Freundin mit den Nerven am Ende war. Aber ich war ihre beste Freundin, und beste Freundinnen hielten sich an den Ehrenkodex. Es gab ein Protokoll, das zu befolgen war. Sie hatte mich angerufen, nicht Catcher – obwohl er im Büro und damit leicht erreichbar war. Was bedeutete, dass sie bei mir Dampf ablassen wollte, und diesen Gefallen würde ich ihr tun.
»Bin schon auf dem Weg«, murmelte ich und ließ den Wagen an.
Während der Fahrt überlegte ich mir eine Vorgehensweise für den zweiten Teil meiner Nachforschungen. Und dieser Teil war ein wenig komplizierter, denn meine Quelle schien mich nicht sonderlich zu mögen. Bei unserem ersten Treffen hatte Jonah sich mir gegenüber sehr schroff verhalten. Als ich ihn das zweite Mal entdeckte, war er mir durch die dunklen Straßen Wrigleyvilles gefolgt, um sich einen besseren Eindruck von mir zu verschaffen. Um mich auf Herz und Nieren zu prüfen, sozusagen.
Die Rote Garde war vor zweihundert Jahren ins Leben gerufen worden, zunächst vor allem, um die Meistervampire zu beschützen. Heutzutage machte sie es sich allerdings zur Aufgabe, ein wachsames Auge auf eben diese Meistervampire zu haben. Als Noah Beck, Anführer der Abtrünnigen Chicagos, mir angeboten hatte, Mitglied
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