Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
dir.«
»Bedanke dich erst, wenn ich was rausgefunden habe. Ich ruf dich an.«
Er legte auf, und ich legte mein Handy weg. Es schien fast so, als ob Chaos und Komplikationen mit jedem neuen Tag zunahmen.
Es verging ja kaum eine Nacht, ohne dass Vampire neues Chaos verursachten.
Manchmal hörte sich ein gutes Buch und ein Abend im Bett wie eine absolut fantastische Idee an.
Das Handy klingelte fast sofort, nachdem ich aufgelegt hatte. Ich sah auf das Display; es war mein Vater.
Ich überlegte kurz, ihn auf die Mailbox sprechen zu lassen, aber das hatte ich in letzter Zeit sehr häufig getan – so häufig, dass sogar mein Großvater davon erfahren hatte. Ich wollte nicht, dass er in meine Probleme hineingezogen wurde, also riss ich mich zusammen, klappte das Handy auf und hielt es mir ans Ohr.
»Hallo?«
»Ich möchte mit dir sprechen«, sagte mein Vater zur Begrüßung.
Das war ja nun offensichtlich, und ich war mir sicher, dass mein Vater einige Gesprächsthemen für mich zur Auswahl hatte. Trotzdem galt es herauszufinden, welches dieser Themen heute sein besonderes Interesse erregte.
»Worüber?«, fragte ich.
»Es zeichnen sich da einige spannende Dinge ab, Investitionsmöglichkeiten, an denen Ethan meiner Ansicht nach Interesse haben könnte.«
Aha! Das erklärte die gute Laune in Creeley Creek. Wenn es etwas gab, das meinen Vater in gehobene Stimmung versetzte, dann war es die Aussicht auf Vermögenszuwachs und eine ordentliche Provision. Ich wusste es allerdings zu schätzen, dass er bereit war, mit Ethan zusammenzuarbeiten, statt uns alle zu vernichten.
»Wir sind momentan leider sehr beschäftigt, aber ich werde Ethan von deinem Angebot in Kenntnis setzen.«
»Er kann mich im Büro anrufen«, sagte mein Vater. Er meinte seinen Wolkenkratzer auf der Michigan Avenue gegenüber des Millennium Parks. Nur die besten Immobilien für den erfolgreichsten Immobilienmogul der Stadt.
Nach dieser kurzen Anweisung legte mein Vater auf.
Wenn man sich seine Familie doch nur aussuchen könnte …
KAPITEL SECHS
HEXENKESSEL
Ich fuhr auf den fast leeren Parkplatz des hell erleuchteten Restaurants. Nur eine Handvoll Männer und Frauen waren hinter den Fensterscheiben zu erkennen.
Ich parkte den Volvo, ging hinein und sah mich um, bis ich Mallory gefunden hatte. Sie saß an einem Tisch, vor ihr ein Laptop und ein Bücherstapel. Ihre glatten eisblauen Haare hatte sie sich aus dem Gesicht gestrichen. Sie starrte finster auf den Bildschirm, und ein halb volles Glas Orangensaft stand neben ihr.
Sie sah auf, als ich hereinkam, und ich erkannte dunkle Ringe unter ihren Augen.
»Hallo«, sagte sie. Ihre Erleichterung war ihr anzusehen.
Ich setzte mich ihr gegenüber. »Du siehst müde aus.« Als beste Freundin sollte man nicht um den heißen Brei herumreden, wenn die beste Freundin in Schwierigkeiten steckt.
»Ich bin müde.« Sie klappte den Laptop zu, schob ihn zur Seite und legte ihre gefalteten Hände auf die Tischplatte. »Das Praktikum erfüllt nicht ganz meine Erwartungen.«
Ich legte meine Beine auf die Sitzbank. »Viel Arbeit?«
»Körperlich und seelisch anstrengend.« Sie warf einen düsteren Blick auf den Bücherstapel. »Das ist wie ein Erziehungscamp für Hexenmeister – ich lerne ständig Sachen, die ich schon vor zehn Jahren hätte lernen müssen, und das Ganze soll ich nun in ein paar Monaten abreißen.«
»Ist es denn wenigstens nützliches Zeug?«
»Ja, schon. Ich bin die Sachen mit meinem Lehrer so oft durchgegangen, dass sie mir schon in Fleisch und Blut übergehen.«
Bevor ich auch nur blinzeln konnte, glitten Salz- und Pfefferstreuer auf dem Tisch umher.
Ich betrachtete Mallory, die völlig ruhig dasaß und mich ausdruckslos ansah. Mallory war schon früher in der Lage gewesen, Dinge zu bewegen – beim letzten Mal waren es Möbel – , aber ich hatte sie dabei noch nie so desinteressiert erlebt.
»Das ist … beeindruckend.«
Sie zuckte mit den Achseln, aber ihr Blick strafte sie Lügen. »Ich kann das mittlerweile, ohne groß daran denken zu müssen.«
»Und wie fühlst du dich dabei?«
Diese Frage ließ sie schlagartig mit den Tränen kämpfen. Sie sah hoch und wich meinem Blick aus, als ob die Geste allein die Tränen zurückhalten könnte, aber sie liefen ihr dennoch über die Wangen. Als sie sie mit der Hand wegwischte, sah ich, dass ihre Finger gerötet waren und ihre Haut rissig.
»Sprich mit mir«, forderte ich sie auf und sah mich um. In unserer Ecke des Restaurants
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