Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
die Parade fahren, und ich weiß alles sehr zu schätzen, was du als Hüterin für das Haus tust. Aber um ehrlich zu sein, verbringe ich meine Zeit damit, die Vampire und Menschen in dieser Bar bestens zu versorgen und zu unterhalten, damit sie ein bisschen von dem Dampf ablassen können, der sich nach harter Arbeit nun mal anstaut. Wenn du mich allerdings fragst, ob ich irgendwelche Hinweise darauf erhalten habe, dass die Temple Bar zum Hauptquartier einer neuen Rave-Bewegung geworden ist, dann lautet meine Antwort: Nein.«
Ernüchtert seufzte ich. Ich hatte mir vorgestellt, dass der Mensch, der den größten Teil seiner Zeit in der Bar verbrachte, auch den besten Überblick über das hatte, was Sarahs Bericht zufolge in der Bar vorging. Aber er hatte schon recht – er hatte vielleicht den besten Überblick, aber er hatte auch eine Menge zu tun.
Ich nickte. »Danke für die ehrliche Antwort! Gibst du mir Bescheid, wenn dir noch was einfällt?«
Er zwinkerte mir zu. »Auf jeden Fall, Hüterin.«
Ohne den geringsten Fortschritt gemacht zu haben, ließ ich Colin wieder an die Arbeit gehen und kehrte an die Theke zurück.
Und hier erlebte ich meine zweite Überraschung.
Ich wusste, dass Lindsey in Iowa geboren war. Ich wusste, dass ihr Vater Schweinefleischproduzent war. Ich wusste, dass sie in New York City gelebt hatte und ihre Loyalität den Yankees gehörte, was ich als treuer Cubs-Fan nur als das Ergebnis irgendeiner nicht vollständig ausgebrochenen Vampirkrankheit ansehen konnte.
Ich hatte nicht gewusst, dass sie außerdem eine Meisterin der Barkeeperkunst war.
Ich fand Lindsey hinter der Theke, vor der sich Dutzende Vampire drängten, die Dollarscheine in die Luft hielten und hingebungsvoll ihren Namen brüllten, als hätte sie gerade die Meisterschaft für sie geholt.
Das Mädchen war ein Naturereignis . Sie ließ einen Cocktail-Shaker waagerecht in einer Hand rotieren, in der anderen eine Flasche blauen Alkohols. Die Menge dankte es ihr mit einem lauten »Wuhuu!«, als sie die Flasche über ihre Schulter warf und in ihrer Handfläche auffing, um anschließend den Inhalt beider Behältnisse schwungvoll in ein Martiniglas zu schütten. Flasche und Cocktail-Shaker knallten auf die Theke, dann hielt sie das Glas dem Vampir vor ihr hin. Das Geld nahm sie ordentlich aus seiner ausgestreckten Hand entgegen und stopfte es in ein großes Glas.
Die Menge applaudierte gut gelaunt; Lindsey verbeugte sich kurz und machte sich daran, einen weiteren Drink zu mixen. Sämtliche Vampire am Tresen folgten fasziniert jeder ihrer Bewegungen, als warteten sie auf einen einmaligen Schluck eines seltenen und nur eingeschränkt erhältlichen Weins. Auf mich übte so etwas in der Regel keinen Reiz aus, aber schließlich trank ich auch nicht sonderlich viel.
Ich drehte mich um, als mir jemand auf die Schulter tippte, und erkannte Christine hinter mir.
»Hast du was herausgefunden?«
»Unsere neuen Lieblingsjungs, frisch aus der Studentenverbindung, sind mindestens einmal die Woche hier, normalerweise am Wochenende. Letzten Freitag hatten sie draußen eine geraucht, als sie ein Mann ansprach und ihnen ein neues, außergewöhnliches Erlebnis mit Vampiren anpries. Wie es sich herausstellte, trauen sich unsere Studenten zwar in eine Vampirbar, aber für mehr reichte der Mut dann doch nicht.« Sie lächelte mich vielsagend an. »In einer Bar gemeinsam mit Vampiren was zu trinken, bietet wohl genügend Abenteuer, ohne dass sie gleich ernsthaft in Gefahr geraten müssten. Sie haben den Mann nicht besonders gut sehen können, aber –«
Ich hielt eine Hand hoch, um sie zu unterbrechen, denn die Genugtuung, eine meiner Vermutungen bestätigt zu finden, wärmte mir das Herz. Ich genoss den Moment, da sich das Bild endlich zusammenfügte. »Lass mich raten – er war klein, älter, hatte dunkle Haare?«
Sie sah mich überrascht an. »Woher weißt du das?«
»Meine Zeugin wollte gerade frische Luft schnappen, als sie von einem Mann angesprochen wurde, auf den diese Beschreibung passt.«
»Und er benutzt die Temple Bar als sein persönliches Rekrutierungsgebiet?«
»Das könnte durchaus sein.«
Wilder Applaus tobte an der Theke. Ich sah gerade noch rechtzeitig hin, um Lindsey dabei zu beobachten, wie sie einen weiteren Drink fertigstellte und in die Hände klatschte wie ein Kartengeber in Las Vegas.
»Und nun ein neuer Trick«, sagte sie und warf mir einen Blick zu, »den Vampire sonst nie zu sehen bekommen. Ich lasse die
Weitere Kostenlose Bücher