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Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Titel: Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chloe Neill
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dass er nur ein Vorbote des Todes war.
    Als ich ihn erreichte, legte er mir seine Hände auf die Arme, beugte sich vor und küsste mich zärtlich auf die Stirn. Eine schlichte Geste, doch von großer Bedeutung. Ein süßer Schmerz drohte mein Herz zu zersprengen. Ich schloss die Augen und genoss den vergänglichen Augenblick, als Donner über der Ebene zu hören war und den Boden zu unseren Füßen erneut erzittern ließ.
    Plötzlich hob Ethan den Kopf und sah sich argwöhnisch um. Als er wieder mich anblickte, sagte er etwas in einem singenden Tonfall zu mir, in einer Sprache, die aus einer längst vergangenen Zeit und von einem längst vergessenen Ort zu stammen schien.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht.«
    Eine Sorgenfalte bildete sich auf seiner Stirn, er wirkte angespannt, als er immer schneller mit mir redete, um sich mir verständlich zu machen. Aber schneller zu sprechen half nicht.
    »Ethan, ich verstehe nicht, was du sagst. Kannst du nicht Englisch sprechen?«
    Panisch sah er über die Schulter zurück, packte mich am Arm und deutete dann hinter sich. Eine mächtige, niedrige Gewitterfront wälzte sich auf uns zu. Der Wind blies immer stärker, und die Temperatur war merklich gefallen.
    »Ich sehe das Unwetter«, sagte ich laut, um den aufkommenden Wind zu übertönen. »Aber ich kann es nicht aufhalten.«
    Ethan schrie etwas, aber in dem heulenden Wind waren seine Worte nicht zu verstehen. Er ging auf die Gewitterwolken zu und zerrte an meinem Arm, offensichtlich, um mich mit sich zu ziehen.
    Doch ich widerstand seinem Versuch und ließ mich nicht fortbewegen. »Das ist die falsche Richtung. Wir dürfen nicht in das Unwetter gehen!«
    Er blieb hartnäckig, doch das war ich auch. Da ich davon überzeugt war, dass wir von dieser Hochebene ins Meer gefegt werden würden, wenn wir uns nicht einen schützenden Unterschlupf suchten, floh ich vor der herannahenden Wolkenwand … und vor ihm. Doch ich konnte mich nicht daran hindern, ein letztes Mal zurückzusehen. Dort stand er wie erstarrt auf der Ebene, und seine Haare wurden vom Wind zerzaust.
    Bevor ich versuchen konnte, ihn doch noch zu erreichen, brach das Unwetter über uns herein. Der Wind schleuderte mich zu Boden und quetschte die Luft aus meinen Lungen. Der Regen prasselte auf mich herab, als meine Knie hart aufschlugen, und verwandelte die Landschaft in ein wässriges Grau. Der Wind heulte in meinen Ohren und trieb die Regentropfen fast waagerecht herunter. Ethan verschwand unter diesem brachialen Angriff der Natur; nur ein Echo seiner Stimme war durch den Wind zu hören.
    »Merit!«
    Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett auf. Schweißgebadet schnappte ich nach Luft, den Klang seiner Stimme noch in den Ohren.
    Tränen liefen mir die Wangen hinunter, als ich mir meinen schweißnassen Pony aus der Stirn strich und mit den Händen über mein Gesicht rieb. Verzweifelt versuchte ich, mein rasendes Herz zu beruhigen.
    Mein erster Traum von Ethan war wunderbar gewesen. Wir hatten gemeinsam ein Sonnenbad genommen – ein Tabu für Vampire. Diese letzte Erinnerung an ihn hatte ich sehr genossen.
    Aber das hier war der sechste Albtraum in zwei Monaten – in den zwei Monaten, die er nun schon fort war. Jeder war lauter und heftiger als der vorherige, und jedes Mal war das Aufwachen wie die panikartige Flucht aus einem Tunnel, und mein Herz fühlte sich an wie in einer Schraubzwinge. In jedem Albtraum gerieten wir in eine Krise, und das Ende war immer dasselbe – er wurde von mir fortgerissen. Jedes Mal, wenn ich erwachte, klang seine Stimme in meinen Ohren, die panisch meinen Namen schrie.
    Ich legte meine Stirn auf die Knie. Meine Trauer zerrte an meinem Herzen, dass es zu zerreißen drohte. Die Hilflosigkeit, die sein Verlust hervorgerufen hatte, war kurz davor, mich zu überwältigen. Aber es war nicht nur diese Hilflosigkeit, sondern auch die Frustration, die Erschöpfung, die ein Geist in mir hervorrief, der mich immer häufiger aufsuchte und nicht gehen lassen konnte. Ich ließ den Tränen freien Lauf und wünschte mir, dass ich mit ihnen meinen Schmerz fortspülen könnte.
    Ich vermisste seine Stimme. Ich vermisste es, ihn zu sehen. Ich vermisste seinen Duft.
    Und genau deswegen steckte ich vermutlich in diesem Kreislauf fest, der mich von Ethan träumen ließ – nur um ihn in jedem Traum sterben zu sehen. Meine Trauer hatte sich in ein tiefes Loch verwandelt, aus dem ich nicht mehr herauskam.
    Als mein Herz schließlich langsamer

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