Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
nicht einfach zusehen, wie sie sich für uns opfert.«
»Es war die einzig richtige Entscheidung«, versicherte er mir. »Abgesehen davon ist es durch Cabot ohnehin …«
Er musste den Satz nicht beenden. Ich konnte unmöglich Hüterin sein, solange Frank – und damit das Greenwich Presidium – die Kontrolle über das Haus hatten.
Oh, wie sich die Dinge in kürzester Zeit geändert hatten! Ethan war von uns gegangen, und ein neuer Meister hatte seinen Platz eingenommen. Der ohne viel Federlesen ersetzt worden war. Das Büro des Ombudsmanns hatte man aufgelöst. Ich hatte meine Aufgabe als Hüterin verwirkt.
Doch wie damals, als Ethan mir mein Amt übertragen hatte, hatte ich auch heute keine Wahl, außer die Veränderungen zu akzeptieren und ihnen mit Würde zu begegnen.
Selbst wenn ich allein handeln musste, so würde ich mit Bravour alle Herausforderungen meistern. Ich würde die Hüterin unseres Hauses sein, mit all meiner Kraft, auch wenn ich diesen Titel nicht mehr tragen durfte.
Ich nickte. »Ich verstehe.«
»Ethan wäre heute sehr stolz auf dich gewesen, Merit. Ich bin heute sehr stolz auf dich, wie alle anderen Vampire dieses Hauses. Du hast gute Miene zu Cabots bösem Spiel gemacht, obwohl von vornherein klar war, wie das Ergebnis aussehen würde.«
»An dem Ergebnis können wir aber nichts mehr ändern. Das Haus ist nun ohne Hüterin.«
Malik lächelte verschmitzt. »Du hast lediglich deine bisherige Position verloren. Es stimmt, du kannst zumindest im Augenblick nicht mehr unsere Hüterin sein, aber er hat nichts davon gesagt, dass du nach deiner gescheiterten Prüfung nicht mehr Wache sein darfst.«
Obwohl meine Erschöpfung nun immer mehr ihren Tribut forderte, musste ich doch lächeln. »Sehr einfallsreich, Lehnsherr.«
»Manchmal komme sogar ich auf gute Ideen.«
Ich stolperte in mein Zimmer, nahezu bewusstlos von der Sonne, und fiel auf die kühle, frische Bettwäsche, die mich in tröstender Dunkelheit umfing. Ich war nicht erschöpft genug, um zu weinen. Ich vergrub den Kopf im Kissen, während sich die angestaute Wut und die Enttäuschung und die Trauer bemerkbar machten, jetzt, nachdem ich die Prüfung endlich hinter mich gebracht hatte.
Trauer, weil ich im Lauf eines einzigen Abends meine Verbindungen zu Ethan und dem Haus verloren hatte: das Medaillon als Symbol meiner Eide und die Aufgabe der Hüterin, die er mir übertragen hatte.
Ich würde auch in Zukunft das Haus bewachen, und natürlich gab es keinen Zweifel daran, dass dies eine wichtige Rolle für mich war. Doch es fühlte sich so an, als ob mir eine weitere Erinnerung an Ethan mit Gewalt entrissen worden wäre.
Und das schmerzte mehr als alles andere.
KAPITEL SECHZEHN
EIN ZERSTRITTENES HAUS
Ich erwachte aus einem erfreulich traumlosen Schlaf, doch meine düstere Stimmung hatte sich nicht gebessert. Da ich nur wenige Stunden zuvor nahezu bewusstlos ins Bett gefallen war, dachte ich daran, mich krank zu stellen und die ganze Nacht in meinem Zimmer zu verstecken, aber das würde weder meine Probleme noch die der Stadt lösen.
Nachdem ich aufgestanden war und geduscht hatte, überlegte ich kurz, Mallory anrufen. Mir war klar, dass sie wegen ihrer Prüfungen extrem unter Druck stand, aber ich hielt es für keine gute Idee, dass sie in ihrer Lernphase die Einsiedlerin spielte. Allerdings hatte sie mir ausdrücklich gesagt, dass ich sie vor dem Ende ihrer Prüfungen nicht mehr anrufen sollte.
Das tat immer noch weh.
Es war ja nicht das erste Mal, dass wir uns gestritten hatten. Es hatte da mal einen Kerl gegeben, mit dem sie zusammen gewesen war und den ich einfach nur widerlich fand, und sie zeigte meinen Eltern gegenüber wesentlich mehr Verständnis, als ich es tat. Unsere Entfremdung hatte begonnen, als ich zur Vampirin gemacht worden und damit nicht sonderlich gut zurande gekommen war. Ihre Ausbildung zur Hexenmeisterin in Schaumburg hatte auch nicht dazu beigetragen, dass wir uns regelmäßig hätten treffen können.
Irgendwie hatten wir es aber immer geschafft. Ich konnte nur darauf hoffen, dass es diesmal nicht anders sein würde, dass wir trotz der momentanen Situation, trotz aller Magie und Prüfungen, wieder zueinanderfinden würden.
Ich spielte einige Minuten lang mit meinem Handy herum und entschloss mich dann, sie nicht anzurufen. Wenn sie den Freiraum wirklich brauchte, dann würde ich ihr ihn selbstverständlich zugestehen. Weiß Gott, sie hätte dasselbe auch für mich getan!
Sie mochte mir zwar
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