Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
bestand praktisch nur aus Magie.«
»Seine Magie wirkt schleichend«, erklärte Catcher. »Man spürt sie erst, wenn es meistens schon zu spät ist. Hast du irgendwas Nützliches herausfinden können?«
»Nein. Er hat sich zurückhaltend gegeben, aber er war davon überzeugt, dass ich für die Ereignisse in dieser Nacht verantwortlich bin.«
Das schien sie beide zufriedenzustellen. Ohne ein weiteres Wort stiegen wir in das Golfplatzfahrzeug und fuhren zum Tor zurück. Eine Brise frischte auf. Ich kuschelte mich in meine Jacke und wusste nicht, ob es die nahende winterliche Kälte war, die mich zittern ließ, oder das, was eben geschehen war.
Wie es der Zufall wollte, war ich schon auf dem Hubschrauberlandeplatz gewesen, den ich auf Anweisung meines Großvaters für meinen Flug zu Loreleys Insel aufsuchen musste.
Mein Vater war Mitglied des Chicagoer Entwicklungsgremiums und hatte zwei Jahre lang dafür gekämpft, dass in Streeterville ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet wurde. Dieses Stadtviertel lag nördlich von Downtown direkt am See, und es gab Bedenken, dass sich hier zu viele Wolkenkratzer befanden, um Hubschrauberdienste sicher anbieten zu können. Die Politik brauchte vier Monate, um zu einem Entschluss zu kommen, was das Thema zu einer ständigen Schlagzeile machte, denn es stellte sich die Frage, ob es in Hinsicht auf die nächsten Wahlen nützlich oder schädlich war, sich zugunsten dieses Projekts zu entscheiden. Doch letztendlich konnte das Gremium sich durchsetzen – wie so oft, wenn Geld im Spiel war –, und seitdem flogen Hubschrauber Streeterville an.
Ich parkte auf der Straße vor dem eleganten silberfarbenen Gebäude, auf dem sich der Landeplatz befand, und ging hinein. Ein Sicherheitsbeamter nahm meinen Namen auf und schickte mich dann zum Aufzug.
Die Türen öffneten sich auf dem obersten Stockwerk, wo sich ein riesiger Asphaltkreis mit einem H in der Mitte befand. Die Pilotin erwartete mich schon und winkte mir zu – das war angesichts des heftigen Winds und des Lärms, den die sich bereits drehenden Rotoren des kleinen Hubschraubers verursachten, die einzige Möglichkeit, wie sie mit mir kommunizieren konnte.
Sie bedeutete mir, zur Tür zu kommen, und dass ich meine Kopfhörer bekäme, wenn ich eingestiegen wäre. Ich nickte und rannte los, wobei ich mich vermutlich mehr duckte, als es nötig gewesen wäre, um den Rotoren auszuweichen, aber sollte ich das Risiko eingehen? Als ich mich angeschnallt und die Kopfhörer aufgesetzt hatte, hoben wir ab, und die Stadt verschwand unter uns.
Zweiundvierzig dröhnende Minuten später näherten wir uns der Insel. Ich war nicht davon ausgegangen, dass wir sie vor der Landung sehen würden, aber die Scheinwerfer des Hubschraubers huschten über weiße Wellenbrecher – die auseinanderbrechenden Rümpfe der Schiffe, die am Rand der Sireneninsel auf Grund gelaufen waren.
Gottlob waren wir nicht auf einem Schiff hierhergekommen.
Die Insel war bis auf zwei kleinere Lichtungen vollständig bewaldet – auf der einen stand ein Bauwerk, vermutlich Loreleys Zuhause, und die andere befand sich näher zum Ufer. Dort landeten wir. Die Pilotin schaltete die Rotoren aus und entledigte sich ihres Kopfhörers.
»Ganz schön gespenstisch«, sagte sie, als sie in die Dunkelheit starrte, und sah dann mich an. »Ich muss in ein paar Stunden einen weiteren Flug absolvieren. Glauben Sie, dass die Zeit für das ausreicht, was Sie vorhaben?«
»Das hoffe ich doch«, sagte ich und stieg dann aus dem Hubschrauber. Ich sah über die Schulter zu ihr zurück. »Wenn ich nicht vor Ihrem Abflug zurück sein sollte, rufen Sie meinen Großvater an und schicken die Kavallerie los.«
Sie lachte, als ob ich einen Witz gemacht hätte.
Leider war das nicht der Fall.
Ein Pfad führte in den Wald hinein, und ich fühlte mich an Rotkäppchen und Dorothy aus dem Zauberer von Oz und all die anderen Charaktere erinnert, die sich vor diesem Weg fürchteten. Da die Pilotin aber ihren Terminplan einzuhalten hatte, musste auch ich in Gang kommen.
Ich machte einen Schritt, und dann einen weiteren, bis die Lichtung hinter mir verschwunden und ich von einem Wald umgeben war, der aus einer Unzahl von Geräuschen zu bestehen schien. Viele Tiere, die sich noch nicht in Winterruhe begeben hatten, huschten durch das Unterholz, und die über mir schwankenden Baumkronen ließen das silberne Mondlicht in wilden Mustern zu meinen Füßen tanzen.
Ich erinnerte mich daran, dass ich eine
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