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Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Titel: Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chloe Neill
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Vampirin und damit ein Raubtier mit geschärften Sinnen war, und ließ meinen sonst gezügelten Fähigkeiten freien Lauf. Ich roch feuchte Erde und den schwachen Moschus von Tieren auf den Bäumen. Beißender Rauch und der grüne Duft frischen Harzes waberten mir auf dem Pfad von dort entgegen, wo ich Loreleys Haus vermutete. Vielleicht hatte jemand Holz geschlagen.
    Es wimmelte in diesem Wald von Dingen, die die meisten Menschen bei Nacht weder sehen konnten noch worüber sie sich Gedanken machen würden – eine andere Welt, die sich bewegte, während die Menschen sich ihrer nicht bewusst waren. Ich fragte mich, ob es ihnen Angst machen würde, wenn sie wüssten, was alles geschah, wovon sie nichts wussten?
    Ich brauchte für meinen Weg weniger als zehn Minuten. Der Pfad führte leicht bergauf, und ich trat aus dem Wald auf ein Plateau hinaus, das bei Tag vermutlich einen wunderschönen Blick auf den See ermöglichte. Ich fand es gut, dass mein Vater nichts von diesem Anwesen wusste; er hätte Loreleys Haus vermutlich sofort abreißen lassen, um ein luxuriöses Landhaus errichten zu können.
    Das Haus stand in der Mitte der Lichtung und schimmerte schwach im Mondlicht. Es war recht niedrig, und seine Wände bestanden aus gewölbtem Glas und breiteren Holzabschnitten. Es verteilte sich auf eine recht große Fläche, und es entstand der Eindruck, dass es einfach aus dem Boden herausgewachsen war und dorthin auch wieder verschwinden würde, wenn man sich nur lang genug umdrehte. Ein schmaler Weg aus festgestampfter Erde führte über den Rasen zu einer riesigen Holztür, die vermutlich den Haupteingang bildete.
    Ich stand einen Moment am Waldrand und genoss die Ironie, die darin lag. Vor nur wenigen Minuten hatte ich noch Angst gehabt, den Wald überhaupt zu betreten – jetzt hatte ich Angst, ihn zu verlassen. Nun, ich sollte zwar immun gegen Loreleys Sirenengesang sein, aber diese Vermutung beruhigte meine Nerven nicht wirklich. Ich hatte die Schiffswracks am Ufer gesehen. Was war mit ihren Kapitänen geschehen?
    Während ich wartete, konnte ich in der Stille zum ersten Mal den Gesang hören. Er hörte sich wie ein leise vorgetragenes Trauerlied an, dessen Interpretin eine sehr sinnliche Stimme mit einer perfekten Tonlage hatte.
    Die Sirene.
    Ich schloss die Augen und wartete … aber nichts geschah. Ich fühlte mich nicht gezwungen, ihr nachzustellen oder den Rest meiner unsterblichen Nächte auf ihrer Insel zu verbringen. Abgesehen von einem leichten Schwindelgefühl, das durch meinen Blutmangel entstand – miserables Timing, Frank sei Dank –, fühlte ich mich gut.
    Ich atmete tief durch, ging zur Tür und klopfte.
    Sekundenbruchteile später öffnete eine korpulente, vermutlich fünfzig- oder sechzigjährige Frau die Tür und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Was gibt’s?«
    Diese Frau, die ein T-Shirt und eine abgeschnittene Stretchhose trug und noch dazu einen Staubwedel in der Hand hielt, konnte doch wohl kaum die See-Sirene sein? Da der Gesang nicht abbrach, sondern von einem anderen Ort im Haus auszugehen schien, war sie es definitiv nicht.
    »Ich bin Merit. Ich möchte gerne mit Loreley sprechen.«
    Meine Frage schien sie nicht zu interessieren, denn sie sah mich nur ausdruckslos an.
    »Ich bin eine Vampirin aus Chicago«, erklärte ich. »Ich muss mit Loreley über den See sprechen.«
    Ohne ein einziges Wort schlug sie mir die Tür vor der Nase zu. Ich musste einige Male blinzeln, bis ich den ersten Schock überwunden hatte, und knabberte dann an meiner Unterlippe, während ich meine anderen Möglichkeiten durchging.
    Ich konnte mir gewaltsam Zugang zum Haus verschaffen, aber das widersprach der vampirischen Etikette, auf eine Einladung des Gastgebers zu warten, bis man dessen Zuhause betrat. Ich würde sicherlich nicht viel damit erreichen, dass ich den Wassergeist durch schlechtes Benehmen verärgerte.
    Die Alternative war, schmollend zum Hubschrauber zurückzukehren und die Pilotin wissen zu lassen, dass sie mehr als rechtzeitig zu ihrem nächsten Termin kommen würde.
    Da beide Optionen mein momentanes Problem nicht lösten, entschloss ich mich für Variante drei – auf Zeit zu spielen und dabei Informationen zu sammeln. Ich huschte so leise wie möglich unter den kleinen Eingangsvorbau und spähte durch ein Fenster ins Innere.
    Ich konnte nur einen kurzen Blick auf Holz und Stein erhaschen, da ich hinter mir eine Stimme hörte.
    »Ähm!«
    Ich zuckte zusammen, und als ich mich

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