Chicagoland Vampires
zu deiner Buße sein. Gib ihn mir zurück.«
Der kleine schwarze Wecker auf ihrem Nachttisch fing an zu piepen, und sie schaltete den Alarm aus. »Ich muss wieder an die Arbeit.«
Ich nickte. »Was musst du machen?«
»Wieder Geschirr. Es gibt Essen an der Theke, und die Formwandler haben einen ordentlichen Appetit.«
Sie hatte eine Führungsposition in einer weithin bekannten Werbeagentur aufgegeben, um eine erfolgreiche Hexenmeisterin zu werden … und jetzt putzte sie hinter betrunkenen Formwandlern in einer heruntergekommenen Bar her.
»Stört es dich? Dass du den Abwasch machst?«
»Ist nicht gerade ein Traumjob. Es ist heiß, feucht und stickig. Irgendwie ekelhaft – wenn nasses Brot und Krusten an den Tellern kleben.« Sie machte Würgegeräusche. »Aber es ist eine Aufgabe, die keine Magie erfordert. Außerdem ist es sicher, denn ich bin ja von all diesen Formwandlern umgeben. Wenn sie mir zuschauen, kann ich wohl kaum einen Rückfall erleiden. Und sie scheinen wirklich zu glauben, dass ich irgendwann mal was Sinnvolles tun könnte.«
»Wann ist denn irgendwann?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Wie lange braucht man, um das, was ich angerichtet habe, wiedergutzumachen?« Sie stand auf. »Ich muss runter.«
Ich wollte noch nicht ins Haus zurück. Ich hatte keine Lust, bei meiner Rückkehr auf Darius oder Ethan zu treffen, geschweige denn auf dem Rückweg Dominik zu begegnen. Was sie über Sicherheit gesagt hatte, konnte ich nur zu gut verstehen. Hier wurde ich durch Dutzende Formwandler und eine Menge Feuerkraft beschützt. Das mochte mich vielleicht nicht wirklich vor Dominik beschützen, aber es fühlte sich trotzdem besser an. Ich hatte das Gefühl, dass ich mir eine Auszeit von der Welt da draußen gönnen konnte, das konnte ich dringend brauchen.
»Darf ich mithelfen?«
Sie sah mich an und nickte. Eine Spur von Hoffnung huschte kurz über ihr Gesicht.
Also blieb ich bei ihr. Wir gingen nach unten, und ich hängte meine Lederjacke an einem Türhaken auf. Sie warf die Essensreste weg, während ich das Geschirr abwusch, und umgeben von zunehmender Hitze und Dampf und unter dem wachsamen Blick eines riesigen Formwandlers mit einer ziemlich großkalibrigen Waffe arbeiteten wir, ohne etwas zu sagen.
Das war noch kein Zeichen der Versöhnung, aber es war ein Schritt in die richtige Richtung. Das konnte ich im Augenblick wirklich gebrauchen.
KAPITEL ACHTZEHN
ORDENTLICH REINHAUEN
Als ich das Ukrainian Village verließ, hatte ich das Radio eingeschaltet und die Fenster geschlossen. Ich hatte die Heizung bis zum Anschlag hochgedreht und wurde leicht gebraten, aber ich genoss die Hitze auf dem Rückweg zum Haus kaum.
Ich wollte gerade schon mit der Faust auf das Armaturenbrett schlagen, weil das Radio plötzlich ein statisches Fiepen von sich gab, aber das Gerät war nicht das Problem.
Es war eine Warnung.
»Leute, es tut mir leid, die Sendung zu unterbrechen«, sagte der Sprecher, »aber wir schalten jetzt live zum Haus von Dan O’Brian, den sicherlich einige von euch als Mitglied der sogenannten ›South Side Four‹ kennen – die vier Polizisten des Chicago Police Department, die eine Gruppe von Vampiren und Menschen angegriffen haben sollen und vor Kurzem freigelassen wurden.«
Im Hintergrund heulten Sirenen auf. Da ich mir schon denken konnte, dass diese Nachricht nichts Gutes bedeutete, fuhr ich an die Seite, schaltete die Heizung aus und drehte das Radio lauter.
»Officer O’Brian wurde vor wenigen Augenblicken zusammen mit Officer Owen Moore und Officer Thomas Hill tot vor seinem Haus aufgefunden. An alle Eltern da draußen: Falls ihr irgendwelche Kinder vorm Radio habt – jetzt wird es blutig. Anscheinend starben alle drei durch massive Verletzungen am Hals. Officer Coy Daniels war bereits bei dem Angriff während ihrer Freilassung getötet worden. Wir haben erfahren, dass die verbliebenen Polizisten ein Angebot der Stadt, Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, abgelehnt hatten –«
Ich schaltete das Radio aus, schloss die Augen und lehnte meinen Kopf an die Kopfstütze.
Wir hatten so viel unternommen, um diese drei zu schützen, und es war alles umsonst gewesen. Dominik hatte sie gefunden und einfach getötet. Welche Moral sollte diese Geschichte haben? Dass das Böse immer gewann? Dass Widerstand zwecklos war?
Diese Nacht brauchte dringend ihr Happy End, und zwar schnell.
Es gab nur wenige Orte in Chicago, an denen es garantiert zu keinem Happy End kommen würde. Einer
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