Chicagoland Vampires
und lief so schnell humpelnd weiter, wie ich konnte. Als ich über den Zaun sprang, schlug mir die unglaubliche Hitze voll entgegen. Beißender Rauch quoll aus dem Haus, und Flammen züngelten durch die Fenster nach draußen. Paige, die ihren Arm schützend vor ihr Gesicht gelegt hatte, arbeitete sich langsam zum Hauseingang vor.
»Paige!«, brüllte ich, aber sie blieb nicht stehen. Sie sah sich nicht einmal um. Es war natürlich möglich, dass sie mich nicht gehört hatte. Das verheerende Feuer hatte die Lautstärke eines Düsentriebwerks erreicht, und überall zischte und knisterte das Holz, als die inneren Strukturen des Bauernhauses in sich zusammenbrachen.
Ich hielt nicht viel von Feuer. Ich hatte mich als Kind an einer fehlgeleiteten Feuerwerksrakete böse verbrannt, und der Gedanke, mich diesem tosenden Inferno zu nähern, gefiel mir gar nicht. Aber ich war unsterblich; sie nicht. Mir blieb also nur eins übrig.
Ich zog mein Shirt hoch über den Mund, um es als behelfsmäßige Maske zu nutzen, und ging weiter.
Rauch und Ascheregen nahmen zu, je näher ich dem Haus kam, und ich konnte kaum noch atmen. Die Luft war kochend heiß und verbrannte bei jedem Atemzug die Lungen. Aber ich ging weiter.
»Paige!«, rief ich, als etwas Großes in unserer Nähe zu Boden stürzte. »Geh nicht näher!«
Sie hustete laut. »Ich brauche meine Bücher!« Dann blieb sie einige Meter vor der Eingangstür stehen und hob die Arme. Selbst durch die unglaubliche Hitze konnte ich das Summen von Magie spüren. Sie musste Tates Einfluss abgeschüttelt haben und ihre eigenen Fähigkeiten wieder einsetzen können.
»Wenigstens ist sie nicht einfach reingelaufen«, murmelte ich und sah zu, wie ein Buch, dann ein zweites und drittes aus dem Hausflur nach draußen flogen.
Sie schien nicht über die Kraft zu verfügen, das Haus zu retten, aber wenigstens konnte sie einige ihrer wertvollsten Schätze in Sicherheit bringen.
Meine Erleichterung war nicht von Dauer. Als ein weiteres lautes Krachen zu hören war, sah ich auf. Die Flammen züngelten an dem kleinen Vordach über dem Hauseingang hoch, und eine seiner Ecken hatte sich bereits beträchtlich abgesenkt.
Plötzlich gab es nach.
Ich dachte nicht nach. Ich ignorierte den stechenden Schmerz in meinem Fußgelenk und rannte durch den Rauch und die Feuerzungen vorwärts, von denen ich fast sicher war, dass sie durch das Fenster nach mir zu greifen versuchten.
Sie sah mich nicht kommen und merkte erst, dass ich bei ihr war, als ich meinen Körper und meinen Schwung dazu nutzte, sie zur Seite zu stoßen. Wir flogen durch die Luft und fielen einige Meter weiter zu Boden, als das Vordach herabkrachte – genau dort, wo Paige eben noch gestanden hatte. Die brennenden Holztrümmer blockierten nun den Weg ins Haus.
»Grundgütiger«, sagte sie keuchend, als sie erst mich ansah und dann wieder zum Haus hinüberblickte. »Danke. Ich hätte sterben können.«
Während ich noch auf dem Boden lag, schlug ich einen Funken auf meinem Jackenärmel aus. »Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Der heutige Abend war für euch Hexenmeisterinnen schon schlimm genug.«
Als eine weitere Funkenexplosion aus dem Fenster hervorbrach, stand ich auf und reichte Paige meine Hand. »Wir sind noch zu nah.«
Sie ließ mich ihr aufhelfen, und gemeinsam hinkten wir zu dem Bücherstapel, den sie hatte retten können. Ihr Gesicht war rußgeschwärzt. Die sechs Bände waren mit Asche überzogen und am Einband angesengt.
»All meine Bücher«, sagte sie, »all meine Aufzeichnungen: verloren.«
Sie hob eins der Bücher auf und klopfte den Staub ab. »Jedes Buch ist nur ein kleiner Teil einer kompletten Sammlung. Sechs Bücher? Das ist praktisch nichts.«
Paige hielt das Buch an sich gedrückt. Hier in der Dunkelheit, als die Flammen ihr rotes Haar zuckend erhellten, wirkte sie wie ein Wesen aus einem der Märchen der Gebrüder Grimm.
Wir sahen beide auf, als sich uns Schritte näherten. Ethan, der einen Arm um Mallory gelegt hatte, kam auf uns zu.
Paige verschwendete keine Zeit. »Daran bist du schuld.« Sie sprang vor, um auf Mallory einzuschlagen, aber ich schlang meinen Arm um ihre Hüfte und hielt sie zurück.
»Sie hat das getan!«, schrie Paige, und ihre roten Locken flogen hin und her, während sie sich in meinen Armen wand. »Das ist allein ihre Schuld. Sie ist an allem schuld. Glaubst du etwa, wir anderen spüren das Ungleichgewicht nicht? Natürlich tun wir das! So wissen wir, was gut und was
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