Chicagoland Vampires
durch den Mittleren Westen fuhr – braune Locken, die im Fahrtwind flatterten, glücklich wie ein Welpe –, einfach nicht aus meinem Kopf.
»Ich bin meine eigene Maschine gefahren«, sagte er. »Der Beiwagen war für das Buch. Und jetzt ist er für das Mädchen, das das Buch zerstört hat.«
Wir sahen wieder zu ihr hinüber, wie sie reglos auf dem Boden lag, während ohne ihr Zutun über ihre Zukunft entschieden wurde, denn sie hatte das Recht des Einspruchs verwirkt.
In der Ferne war das dumpfe Dröhnen eines sich schnell nähernden Feuerwehrfahrzeugs zu hören. Die Nachbarn hatten anscheinend eine Zeit lang gebraucht, bis sie bemerkt hatten, dass etwas nicht stimmte. Das bedeutete, dass wir uns auf den Weg machen mussten. Der Orden konnte sich darum kümmern, den Rest dieses Chaos zu beseitigen.
»Wie kommt ihr nach Hause?«, fragte Gabriel.
»Ich habe einen Transporter«, sagte Paige. »Zum Glück stecken die Schlüssel drinnen.«
»Wenn du uns zum Flughafen mitnehmen kannst, nehmen wir den Jet«, sagte Ethan.
Ich starrte ihn an. »Wie bitte – den Jet?«
»Das Haus verfügt über einen Jet«, sagte Ethan. »Nun ja, das Haus mietet gelegentlich einen Jet. Und ich würde behaupten, dass dies eine passende Gelegenheit ist.«
»Hattest du vorgehabt, mir gegenüber den Jet zu erwähnen, bevor wir acht Stunden durch Nebraska gefahren sind und dabei deinen Mercedes geschrottet haben?«
Er sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Wenn ich das getan hätte, hätten wir nicht all diese Stunden miteinander verbringen können, Hüterin.«
Das könnte natürlich ein unbeabsichtigter Nutzen gewesen sein, aber er hätte uns nicht mit einer Autofahrt aufgehalten, wenn es eine schnellere Alternative gegeben hätte. »So kurzfristig keinen Piloten gefunden?«, riet ich.
»Vielleicht. Aber zerstör doch nicht die Illusion.«
Ich verdrehte die Augen.
»Wir bringen sie erst mal unter und machen sie mit den neuen Regeln vertraut«, sagte Gabriel, »und dann könnt ihr vorbeikommen und Hallo sagen. Damit habt ihr die Chance, ihre Situation zu beurteilen. Allerdings glaube ich, dass ihr mit dem Arrangement zufrieden sein werdet; ihr habt die Betreuerin, die ich mir für sie vorstelle, schon kennengelernt.«
Ich hatte keinen Grund, das Angebot auszuschlagen, also nickte ich. »Übrigens, auf der I-29 ist ein Abschnitt, den wir umfahren müssen.«
Gabriel runzelte die Stirn. »Wir sind problemlos hierhergekommen.«
»Das war vor Tate.«
Gabriel seufzte, und ich sah Ethan an. »Na gut«, sagte ich, »dann lasst uns eben den Jet nehmen.«
KAPITEL ACHT
WO EINE DUSCHE IST, DA BIN ICH ZU HAUSE
Ich nahm auf dem Beifahrersitz Platz, und Paige fuhr uns in einem ziemlich runtergekommenen Pick-up mit verlängertem Fahrerhaus und dem Nummernschild FARM TRUCK zu einem Privathangar auf dem Flughafen von Omaha. Ethan saß mit den Schwertern und Paiges kostbaren Büchern auf dem Rücksitz.
Die Stimmung als düster zu bezeichnen wäre eine Untertreibung. Mallory hatte erneut bewiesen, dass sie dazu bereit war, anderen zu schaden, um ihre Schmerzen loszuwerden. Grund für ein Fest war das wohl kaum, aber immerhin gab es das Maleficium nicht mehr.
Den größten Teil der Fahrt schwiegen wir und grübelten vermutlich alle über das nach, was wir erlebt hatten – und was uns noch bevorstand. Ich machte mir vor allem über Ethan Sorgen. Er war mit Mallory auf eine Art und Weise verbunden, die ihm körperliche Schmerzen bereitete. Wenn eine unerfahrene Hexenmeisterin einen vierhundert Jahre alten Vampir in die Knie zwingen konnte, bloß weil sie aufgeregt war, wozu war sie dann noch fähig? Es gefiel mir gar nicht, diese Frage stellen zu müssen, und Ethan gefiel es vermutlich noch weniger.
Paige durchbrach als Erste die unheilvolle Stille. »Und ich habe doch tatsächlich behauptet, sie wäre eine Anfängerin. Die Gnome sind mir zu Hilfe gekommen, weil ich ihnen versprochen habe, dass sie nur Blendwerk einsetzen und über geringe Fähigkeiten verfügen würde. Sie wurden wegen mir in einem Kampf verletzt, den sie eigentlich gar nicht führen wollten.«
Ihr Kummer war ihr deutlich anzusehen. Mir gefiel die Tatsache nicht, dass sie falschgelegen beziehungsweise die Gnome darunter gelitten hatten, aber wenigstens war sie bereit, ihre Entscheidungen zu überdenken. Mallory hatte diesen Punkt noch nicht erreicht.
»Nein, wegen Mallory«, stellte ich daher richtig.
»Ist das von Bedeutung?«, fragte Paige. Ich war mir
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